Einer der sogenannten „Unesco-Five“, also der fünf anerkannten Welterbestätten in der Lausitz, ist der Unesco Global Geopark Muskauer Faltenbogen/Łuk Mużakowa. Anliegen im Geopark sei es, „die Erdgeschichte zu erklären und daraus Schlussfolgerungen für die regionale Entwicklung zu ziehen“, erklärte jetzt Nancy Sauer in Weißwasser. Insofern passe der Geopark „hervorragend in die Nische zwischen den anderen“, sagte sie. Anfangs Geschäftsstellenleiterin des Fördervereins ist sie jetzt Direktorin des Europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ mbH) im Geopark. Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich ein Instrument der EU zur Förderung grenzüberschreitender interregionaler Zusammenarbeit. So war beispielsweise 2017 der EVTZ Euroregion Maas-Rhein (Deutschland/Belgien) gegründet worden, seit 2019 gibt es den EVTZ Geopark Karawanken (Österreich/Slowenien).

Der EVTZ mit Sitz in der Alten Ziegelei in Klein Kölzig wurde 2021 gegründet. Es ist ein Zusammenschluss deutscher und polnischer Kommunen, der Landkreise Spree-Neiße und Görlitz sowie der Wojewodschaft Lubuskie (PL). Unter den 14 Mitgliedern sind von sächsischer Seite der Landkreis Görlitz, die Stadt Weißwasser und die Gemeinde Gablenz. Vorsitzender ist Tadeusz Jędrzejczak, Vizemarschall Wojewodschaft Lubuskie, sein erster Stellvertreter Weißwassers Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext) und zweiter Stellvertreter Harald Altekrüger (CDU), Landrat Landkreis Spree-Neiße.

Welterbestätten rücken näher zusammen

Die neue Struktur war geschaffen worden, um die Arbeit effizienter zu machen. Der Verbund fungiert als Träger und Verwaltung des Unesco Global Geopark Muskauer Faltenbogen. Zur Finanzierung, so berichtete Nancy Sauer jetzt, stehen pro Jahr 176.900 Euro an Mitgliedsbeiträgen zur Verfügung. Zuschüsse kommen vom Freistaat Sachsen (300.000 Euro) und dem Bundesland Brandenburg (225.000 Euro). Damit konnte nach ihrer Aussage „erstmals in der Geschichte eine hauptamtliche Verwaltung mit drei Stellen geschaffen werden“. Ergänzend gebe es vier Projektstellen.

Mit grundlegenden Beschlüssen der Mitgliederversammlung musste 2022 erst einmal das operative Geschäft zum Laufen gebracht werden. „Was ein EVTZ ist, wusste hier keiner – auch beim Finanzamt nicht“, erinnert sie sich schmunzelnd. Kein Wunder, denn der EVTZ des Geoparks Muskauer Faltenbogen/Łuk Mużakowa ist der erste entlang der deutsch-polnischen Grenze. Es folgten ein Logowettbewerb und die Freischaltung der dreisprachigen Website (deutsch/polnisch/englisch). Nancy Sauer verweist auf den Imagefilm, der viel Aufmerksamkeit erregt habe. Ein internationales Camp führte junge Leute an fundierte wissenschaftliche Arbeit heran.

Die drei Mitgliederversammlungen 2023 dienten vor allem der Vorbereitung eines Strukturwandelprojekts zur Außengestaltung an der Alten Ziegelei. Auf dem brachliegenden Gelände sollen ein Grünes Klassenzimmer, Aufenthaltszonen für Bildungsprojekte und anderes mehr entstehen. Allerdings hat der Regionale Begleitausschuss das Projekt auf seine Frühjahrssitzung 2024 verschoben. Ausgang noch offen. Ebenfalls offen ist eine Rückmeldung der Deutschen Unesco-Kommission. 2023 stand die Evaluierung an, galt es zu überprüfen, inwieweit man im Gebiet des Muskauer Faltenbogens den an den Welterbetitel eines Global Geoparks geknüpften Vorgaben gerecht wird. Die Ergebnisse seien an die Kommission weitergereicht und begutachtet worden. Die Entscheidung stehe aber noch aus, so die EVTZ-Direktorin.

Beim EVTZ fand auch die Auftaktkonferenz für das Projekt „Unesco5“ statt. Im Oktober 2019 hatten in Bad Muskau 110 Teilnehmer aus Deutschland und Polen über die Potenziale der Unesco-Zertifizierung für den Schutz des gemeinsamen Natur- und Kulturerbes diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass der Welterbetitel zu mehr Einnahmen verhilft – aber nicht automatisch. Um als Welterbestätten in der Lausitz näher zusammenzurücken, unterzeichneten Vertreter von Muskauer Park, der Sorben, der Biosphärenreservate Spreewald sowie Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft und des Global Geoparks einen Kooperationsvertrag. Er wurde letztlich zur Grundlage für das Projekt „Unesco5“.

Wie Nancy Sauer in ihrem Rückblick schilderte, wurde 2023 auch eine Kooperationsvereinbarung mit den Geologischen Diensten von Polen, Sachsen und Brandenburg auf den Weg gebracht. Und im September waren Vertreter des EVTZ Muskauer Faltenbogen bei der Weltkonferenz der Global Geoparks in Marrakesch (Marokko).

Schwerpunkt Umweltbildung

Der EVTZ sieht die Schwerpunkte seiner Arbeit in vielfältigen Bildungsprojekten, vor allem für junge Leute und in der Entwicklung des Tourismus. 2022 waren über 100.000 Gäste registriert worden. Möglich wurde dies auch durch den Ausbau der Infrastruktur mit Rad- und Wanderwegen. 25 Geoparkführer bieten auf deutscher und polnischer Seite regelmäßig Touren an. Die Alte Ziegelei in Klein Kölzig ist nicht nur Informationszentrum. In Dauer- und Sonderausstellungen, Workshops und kulturellen Veranstaltungen wird sie zur Begegnungsstätte für Jung und Alt, Besucher aus Stadt und Land von dies- und jenseits der Grenze.Projekte der Umweltbildung stehen 2024 wiederum auf dem Programm. Zum Beispiel unterstützt der Unesco Global Geopark Muskauer Faltenbogen/Łuk Mużakowa auf polnischer Seite einen landesweiten Wettbewerb für Bildungseinrichtungen zum Thema Erde, auf deutscher Seite wird die Veranstaltungsreihe für Geokids mit sechs Terminen fortgesetzt. Anfang August findet wieder das internationale Geoparkcamp für junge Leute statt. Im Mai richtet der EVTZ die 83. Arbeitstagung der AG Norddeutscher Geologen aus. Diese hatten für ihr viertägiges Treffen eigentlich den Muskauer Park ausgesucht, wo nach Aussage von Nancy Sauer aber die Räume nicht reichten. Man will im EVTZ „die Bildungsangebote für Schulen professionalisieren“. Und natürlich werde der Entscheidung der Unesco-Kommission entgegengefiebert.

Weißwassers OB Torsten Pötzsch ist froh über die erfolgreiche Entwicklung – zumal die Gründung schwierig gewesen sei und zuvor drei Anläufe in diese Richtung scheiterten. „Aber am Ende zählt das Ergebnis“, betonte er. Am Montag trifft man sich um Kreishaus in Forst (Landkreis Spree-Neiße), um über die Pflege des geologischen und kulturellen Erbes, über Netzwerkarbeit, Bildung für Nachhaltige Entwicklung und die „Unesco5“ zu beraten.