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Wie die Lausitzer Füchse der Krise begegnen

Der Geschäftsführer des Eishockey-Zweitligisten Lausitzer Füchse sieht seinen Klub wegen der Corona-bedingten Einschnitte in großer Gefahr. Ein Interview.

Von Frank Thümmler
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Noch dürfen Zuschauer ins Eisstadion. Aber womöglich bleibt den Fans bald wieder nur der Livestream. Hier nutzt Füchse-Geschäftsführer Dirk Rohrbach während eines Spiels diese Option.
Noch dürfen Zuschauer ins Eisstadion. Aber womöglich bleibt den Fans bald wieder nur der Livestream. Hier nutzt Füchse-Geschäftsführer Dirk Rohrbach während eines Spiels diese Option. © Archiv: Thomas Heide

Weißwasser. Bis auf wenige Ausnahmen hat die Corona-Pandemie wie schon im vergangenen Herbst den Wettkampfbetrieb fast aller Sportarten zum Stillstand gebracht. Nicht betroffen ist aktuell die einzige Profimannschaft im Landkreis Görlitz: Der Eishockey-Zweitligist Lausitzer Füchse spielt weiter. Das Team hat nach einer Länderspielpause am Dienstag seine Heimpartie gegen die Kassel Huskies mit 1:3 verloren. Nun steht der Klub vor dem 15. Spieltag der 52 Begegnungen umfassenden Hauptrunde – am Freitag müssen die Lausitzer Füchse nach Bayern zu den Tölzer Löwen.

Wie nah Corona allerdings auch bei den Eishockey-Profis ist, zeigt der Ausfall des für Sonntag geplanten Füchse-Spiels: Durch Schutz-Maßnahmen beim Team der Selber Wölfe muss die in Weißwasser angesetzte Partie auf einen anderen Termin verlegt werden. Das teilte die Eishockeyliga DEL 2 mit. Hintergrund: Die Selber Wölfe sind aufgrund der weiter bestehenden Quarantäne für Teile des Kaders nicht mehr in der Lage, ein Team in Mindeststärke (neun Feldspieler plus Torwart) zu stellen. Die kommenden drei Partien des Vereins werden deshalb verlegt. Dies betrifft die Auswärtsspiele in Landshut, Weißwasser und Dresden.

Unter diesen Bedingungen die Saison weiter zu planen, das „Schiff Eishockey Weißwasser“ über Wasser zu halten und dabei auch noch den Blick auf das Sportliche nicht zu vergessen, ist die schwierige Aufgabe, vor der Füchse-Geschäftsführer Dirk Rohrbach steht. Wie er das macht und wie er sein Team aktuell sieht erklärt er im Interview mit Sächsische.de.

Herr Rohrbach, Sie haben die Entwicklung an der Corona-Front, die für die Lausitzer Füchse ja auch eine existenzielle Bedrohung sein kann, in den vergangenen Wochen mit Sicherheit immer im Blick gehabt. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?

Das ist natürlich brisant. Wir stehen ständig in Austausch mit unserer Liga DEL 2 und Teamsport Sachsen, in der sich Vertreter der sächsischen Top-Vereine sportartenübergreifend schon vor über einem Jahr zusammengeschlossen haben, um Know-how auszutauschen, die Interessen des Sports effektiv zu bündeln und die Behörden und Entscheidungsträger als Ansprechpartner zu entlasten. Jetzt steuern wir erneut einem Lockdown entgegen und müssen Nischen finden, um unseren Sport aufrechtzuerhalten.

Wie soll das gehen, wieder ohne Zuschauer?

Wir müssen letztlich natürlich akzeptieren, was die Politik uns mit den Verordnungen vorgibt. Wir haben immer versucht, mit der 3G-Regel das Infektionsrisiko für die Zuschauer unserer Heimspiele so gering wie möglich zu halten. Die 2G-Regel mit einer Begrenzung auf 50 Prozent der maximalen Zuschauerzahl war für uns schon schwierig. Wenn aber 2G Plus kommt, also die Forderung nach 2G sowie einem tagesaktuellen Test, ist das für uns kaum umsetzbar, vor allem bei Sonntagsspielen. Wo sollen da 1.300 Zuschauer einen Test in Weißwasser herbekommen? Abgesehen davon, dass ich nicht weiß, ob Geimpfte und Genesene einen extra Test auf sich nehmen würden, um zu uns zu kommen. Angesichts der aktuellen Corona-Zahlen ist es für uns andererseits schwer, Argumente zu finden.

Wie groß sind die finanziellen Verluste schon jetzt?

Wir können unsere Eisarena seit ein paar Wochen nur teilweise auslasten. Und weil wir Dauerkarten verkauft haben, jetzt aber die 2G-Regel gilt, haben wir allen Inhabern angeboten, dass sie ihre Karte zurückgeben können und wir die Kosten anteilig, bezogen auf die Anzahl der absolvierten Heimspiele, erstatten. Dazu wären wir laut Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht verpflichtet, haben uns aber aus Kulanzgründen im Sinne der Fans so entschieden. Abgesehen von der finanziellen Einbuße bedeutet das auch jede Menge Zusatzarbeit. Wir hoffen natürlich, dass uns möglichst viele Fans erneut unterstützen. Sie könnten ja zum Beispiel ihre Dauerkarte temporär an Freunde oder Bekannte weitergeben.

Sie sagten vor der Saison, dass es bis Ende des Kalenderjahres noch die Zusage gibt, entgangene Zuschauereinnahmen als Zuschuss auszugleichen.

Ja, das stimmt. Allerdings nur bis zu einer maximalen Grenze, die für uns bei 1,8 Millionen Euro liegt. Wir haben das Glück, in der vergangenen Saison nur 1,2 Millionen Euro davon in Anspruch genommen zu haben, ganz im Gegensatz zu anderen Profiteams, die ihr Budget schon da nahezu ausgeschöpft hatten. Trotzdem bleibt am Ende ein Verlust, und wir wissen wie schon vor einem Jahr nicht, wie die Sponsoren reagieren, wenn wir bestimmte Leistungen als ihr Partner nicht hundertprozentig erbringen können. Klar ist schon jetzt: Ohne Zuschüsse wird es nicht funktionieren.

Wenn die alte Förderung zum Jahresende ausläuft und keine neue anschließt, können die Füchse die Saison also nicht zu Ende spielen?

Wenn die Situation so wäre, dass wir keine Zuschauer in die Stadien lassen dürfen und keine Zuschüsse die Verluste zumindest teilweise ausgleichen, müssten wohl nahezu alle Profivereine den Spielbetrieb einstellen. Wir müssen dringend nach Möglichkeiten suchen, nach Fördertöpfen, die auch EU-konform sein müssen. Vor einem Jahr kam die Zusage spät, erst Ende Januar. Wir mussten mit unseren Kosten ins Risiko gehen. Das war extrem schwierig. Gut ist, dass wir bei der Politik ein offenes Ohr für unsere Probleme haben. Aber es braucht möglichst schnell Lösungen.

Abgesehen von den finanziellen Auswirkungen: Wie halten Sie Corona aus der Mannschaft fern?

Wir haben eine extrem hohe Impfquote. Bis auf einen Spieler sind in der Mannschaft inklusive des Trainer- und Betreuerstabes alle geimpft. Die Beispiele in Selb und auch in Crimmitschau haben aber gezeigt, dass es zu Impfdurchbrüchen kommen kann. Wir sensibilisieren die Spieler, sorgfältig zu sein, unnötige Kontakte zu vermeiden, auch in der Freizeit. Wir werden jetzt wieder dreimal pro Woche testen. Und wer es kann und möchte, kann sich gern die dritte Impfung geben lassen. Wir üben da keinen Druck aus, beraten aber gern, um angesichts möglicher Nebenwirkungen den optimalen Tag dafür zu finden.

Ein Viertel der Hauptrunde ist absolviert. Die Füchse stehen auf Platz neun der 14er-Liga, mit 1,29 Punkten pro Spiel. Also etwas unter den 1,5 Punkten, die es für einen sicheren Play-off-Platz braucht. Wie zufrieden sind sie?

Teils, teils. Bei uns wechseln sich zu oft überragende Spiele, in denen die Mannschaft ihr Potenzial zeigt, mit schlechten Leistungen ab. Wenn unsere Top-Reihe nicht für Tore sorgt, wie am Dienstag gegen Kassel, dann haben wir Riesenprobleme. Die Abhängigkeit von dieser Reihe ist zu groß. Von den anderen Reihen muss mehr kommen. Extrem wichtig für uns ist, dass wir uns auf zwei sehr starke Torhüter von den Berliner Eisbären verlassen können. Nur zwei Gegentore gegen Kassel, das letzte fiel ja bei leerem Tor in der Schluss-Sekunde, müssen zu Hause eigentlich für einen Heimsieg reichen. Aber da muss vor allem von den Reihen zwei und drei mehr kommen.

Dafür hatten Sie ja extra den Routinier Richie Mueller nachverpflichtet ...

Und der hat ja seine Klasse auch schon gezeigt. Er ist nach dem längerfristigen Ausfall von Toni Ritter auch wichtig, um die beiden jungen Finnen zu führen, für die der Sprung aus der zweiten finnischen Liga mit mehr Stocktechnik und Schnelligkeit zu der körperbetonten Spielweise bei uns doch recht groß ist. Die Ansätze bei den beiden sind sehr gut, aber wir erhoffen uns gerade im Abschluss noch mehr Qualität.

Können Sie angesichts der Corona-Situation personell nochmal nachlegen?

Die Tiefe in unserem Kader ist in dieser Saison tatsächlich nicht so groß, gerade in der Abwehr. Wir spielen da mit fünf, sechs Spielern, von denen einer noch sehr unerfahren ist. Wir hatten erhofft, dass vielleicht in der DEL oder auch unserer Liga sich etwas ergibt, hat es bislang aber nicht. Da schauen wir noch. Aber auch so glaube ich, dass unsere Mannschaft nicht schlechter ist als die Teams, die aktuell auf Platz fünf bis sieben in der Tabelle stehen.

Wo sehen Sie ihre Mannschaft zu Weihnachten?

Das kann gerade niemand beantworten. Wir haben aktuell so viele Probleme zu lösen und können nur von Tag zu Tag denken.