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Schleuste ein Deutscher Migranten in den Tod?

Beim Untergang eines Bootes mit Migranten im Ärmelkanal starben 27 Menschen. Ein gefasster Schleuser kommt aus Deutschland.

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Eine Rettungsweste liegt am Strand von Wimereux in der Nähe von Calais. Migranten versuchen weiterhin mit kleinen Booten entlang der Küste, den Ärmelkanal in Richtung Großbritannien zu überqueren.
Eine Rettungsweste liegt am Strand von Wimereux in der Nähe von Calais. Migranten versuchen weiterhin mit kleinen Booten entlang der Küste, den Ärmelkanal in Richtung Großbritannien zu überqueren. © Gareth Fuller/PA Wire/dpa (Symbolbild)

Calais. Nach dem Untergang eines Bootes mit Migranten auf dem Weg nach Großbritannien hat das französische Innenministerium die Zahl der Todesopfer auf 27 korrigiert. Eine Ministeriumssprecherin in Paris verwies am Donnerstagmorgen darauf, dass dies erst eine vorläufige Bilanz sei. Am Abend hatte Innenminister Gérald Darmanin noch eine Zahl von 31 Toten genannt. Wie viele Menschen insgesamt mit dem havarierten Boot im Ärmelkanal unterwegs waren, lasse sich abschließend noch nichts sagen, so die Sprecherin. Die maritime Präfektur sprach ebenfalls von 27 Toten sowie zwei Überlebenden, die an Land gebracht worden seien.

Neben dem Einsatz um das gekenterte Boot hätten Helfer sich im Laufe des Mittwochs um zahlreiche weitere Migranten gekümmert, die mit kleinen Booten ebenfalls in Seenot geraten waren. Mehr als 100 Gerettete seien in die französischen Häfen Boulogne-sur-Mer, Dunkerque und Calais gebracht worden.

Wie die Maritime Präfektur während der Rettungsaktion mitteilte, setzte ein Fischerboot den Notruf ab, dass sich mehrere Migranten in Seenot im Ärmelkanal befänden. Mit Booten und Hubschraubern bemühten sich Helfer von Frankreich aus um eine Bergung. Einige der Geretteten befänden sich in Lebensgefahr. Wie die Zeitung "La Voix du Nord" berichtete, auf dem Boot hätten sich rund 50 Migranten befunden, als dieses rund 15 Kilometer von Calais entfernt kenterte.

Frankreichs Premierminister Jean Castex sprach von einer Tragödie, seine Gedanken seien bei den zahlreichen Opfern. Es gebe große Betroffenheit angesichts des Dramas beim Kentern des Bootes, sagte Innenminister Darmanin. Er werde zum Ort des Unglücks reisen. "Man kann nicht oft genug betonen, wie kriminell die Schlepper sind, die diese Überfahrten organisieren", sagte Darmanin.

Gefasster Schleuser kam aus Deutschland

Ein nach dem Untergang des Migrantenbootes im Ärmelkanal in der Nacht festgenommener mutmaßlicher Schleuser kam aus Deutschland. "Der Schleuser, den wir heute Nacht festgenommen haben, hatte deutsche Kennzeichen", sagte Frankreichs Innenminister am Donnerstag im RTL-Fernsehen. "Er hat diese Schlauchboote in Deutschland gekauft." Generell stammten etliche der von Schleusern an der Kanalküste eingesetzten Boote aus der Bundesrepublik. "Die Schleuser kaufen diese Schlauchboote in Deutschland mit Bargeld."

Nach dem Untergang des Bootes im Ärmelkanal mit mindestens 27 Todesopfern haben Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Boris Johnson über Schritte zur Verhinderung weiterer solcher Dramen beraten. Beide hätten sich auf verstärkte Anstrengungen verständigt, Schleuserbanden zu stoppen, die das Leben von Menschen in Gefahr bringen, teilte die britische Seite nach dem Telefonat am späten Mittwochabend mit. Zugleich betonten Macron und Johnson die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit mit Belgien, den Niederlanden und anderen Partnern auf dem Kontinent.

Macron äußerte nach Angaben des Elysée-Palastes in Paris die Erwartung, dass die Briten zu Zusammenarbeit bereit seien und das Flüchtlingsdrama nicht zu politischen Zwecken instrumentalisierten. Es müsse in einem Geist der Kooperation und unter Achtung der Menschenwürde gehandelt werden.

Im laufenden Jahr haben bisher mehr als 24.700 Menschen illegal den Ärmelkanal überquert. Das sind fast dreimal so viele wie im gesamten Jahr 2020. Die britische Regierung wirft Frankreich vor, nicht genug gegen illegale Überfahrten zu unternehmen, Paris weist das zurück. Erst im Juli hatten beide Seiten ein neues Kooperationsabkommen vereinbart, um die wachsende Zahl der Migranten, die mit kleinen Booten über den Ärmelkanal nach England kommen, in den Griff zu bekommen. London sagte dabei 62,7 Millionen Euro zu, um die französischen Behörden zu unterstützen. (dpa)