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Pro-Palästina-Camp an US-Uni geräumt

Die US-Unis sind Epizentren der erbitterten amerikanischen Debatte über den Gaza-Krieg. Auf die Räumung eines Camps in New York folgt ein Polizeieinsatz in Los Angeles. Auch der Präsident meldet sich.

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Beamte der New Yorker Polizei durchsuchen das Lager pro-palästinensischer Demonstranten an der Columbia University.
Beamte der New Yorker Polizei durchsuchen das Lager pro-palästinensischer Demonstranten an der Columbia University. © AP

New York. US-Präsident Joe Biden hat nach der Räumung eines weiteren propalästinensischen Zeltlagers auf dem Campus einer Elite-Universität Gewalt bei den Protesten aufs Schärfste verurteilt. "Es gibt das Recht zu protestieren, aber nicht das Recht, Chaos zu verursachen", sagte Biden am Donnerstag in einer kurzfristig anberaumten Rede im Weißen Haus.

Es müsse Ordnung herrschen, die USA seien kein gesetzloses Land. Der Demokrat machte gleichzeitig deutlich, dass ihn die Proteste nicht dazu veranlassen, seine Nahost-Politik zu überdenken. Wenige Stunden vor Bidens Rede hatte die Polizei in Los Angeles ein Protestlager auf dem Campus der renommierten University of California in Los Angeles (UCLA) geräumt.

Polizei nimmt Demonstranten in Los Angeles fest

Proteste gegen das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg und für eine Solidarität mit den Palästinensern sind in den vergangenen Wochen an diversen US-Hochschulstandorten hochgekocht. Meist geht es dabei um die Forderung an Hochschulen und Unternehmen, finanzielle Beziehungen zu Israel zu kappen. Während einige jüdische Studierende an diesen Protesten teilnehmen, fühlen sich andere bedroht und bleiben den Unis fern. Weit über 1.000 Demonstranten waren landesweit festgenommen worden. Vor wenigen Tagen hatte die Polizei an der Elite-Universität Columbia in New York ein von Studierenden besetztes Hochschulgebäude geräumt.

Mit einem taktischen Fahrzeug betritt die New Yorker Polizei eine obere Etage der Hamilton Hall auf dem Campus der Columbia University in New York, nachdem das Gebäude zuvor von Demonstranten besetzt worden war.
Mit einem taktischen Fahrzeug betritt die New Yorker Polizei eine obere Etage der Hamilton Hall auf dem Campus der Columbia University in New York, nachdem das Gebäude zuvor von Demonstranten besetzt worden war. © FR61802 AP

In der Nacht zu Donnerstag ging die Polizei auch gegen ein Zeltlager auf dem Campus der UCLA in Los Angeles vor. Über Stunden standen sich Demonstrierende und Polizei gegenüber. Schließlich räumte die Polizei das Lager in den frühen Morgenstunden. Die Beamten rissen aufgestellte Barrikaden nieder. US-Medien berichteten von mehr als 100 Festnahmen. Videos zeigten Rangeleien zwischen Polizei und Demonstranten.

Die Behörden hatten das Camp auf dem UCLA-Gelände am Mittwochabend (Ortszeit) als "rechtswidrige Versammlung" eingestuft. Um das verbarrikadierte Zeltlager hatten sich nach Angaben der "Los Angeles Times" in der Folge mehrere Tausend Protestierende eingefunden, die sich den Einsatzkräften entgegenstellten und sie zunächst von dem Camp zurückgedrängt hatten. Schon in der vorangegangenen Nacht war es zu Gewalt gekommen, als Anhänger der Gegenseite versucht hatten, das Protestcamp einzureißen.

Biden: Gewalt ist kein friedlicher Protest

Biden fand kurz nach der Räumung deutliche Worte. Der 81-Jährige steht wegen seiner Unterstützung für Israels Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen in den USA unter Druck. Er machte deutlich, dass es für Antisemitismus oder Gewaltandrohungen gegen jüdische Studenten keinen Raum geben dürfe. Das gelte auch für Islamophobie.

Er betonte zudem, dass Gewalt, Vandalismus oder Hausfriedensbruch kein friedlicher Protest seien. "Menschen zu bedrohen, einzuschüchtern, Menschen Angst einzujagen ist kein friedlicher Protest. Es ist gegen das Gesetz." Auf die Frage der Presse, ob sich die Nationalgarde einschalten sollte, sagte Biden: "Nein." Dieselbe Antwort gab der Demokrat auf die Frage, ob ihn die Proteste dazu veranlassten, seine Nahost-Politik zu überdenken.

Kritiker werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der Hamas vor - die Islamistenorganisation spricht Israel das Existenzrecht ab und hat den Gaza-Krieg mit einem beispiellosen Massaker am 7. Oktober ausgelöst. Ihnen gegenüber stehen vielerorts Proteste, die sich mit der israelischen Seite solidarisieren und eine Freilassung der von der Hamas noch immer gefangen gehaltenen Geiseln fordern. Antisemitische Taten waren seit dem 7. Oktober an den Universitäten angestiegen. Islamophobe Übergriffe ebenfalls.

Ausnahmezustand auch an anderen Universitäten

Auch an anderen US-Hochschulen kam es erneut zu Polizeieinsätzen. Am Dartmouth College im Bundesstaat New Hampshire wurden am Mittwochabend (Ortszeit) nach Angaben der Polizei der Stadt Hanover 90 Personen festgenommen. Ihnen wurde Hausfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen, nachdem unerlaubterweise Zelte auf dem Gelände errichtet worden waren. Bei den Festgenommenen handelte es sich laut Polizei nur zum Teil um Dartmouth-Studierende oder Lehrende.

In Dallas nahm die Polizei bei der Räumung eines Protestcamps auf dem Gelände der Universität von Texas mindestens 20 Menschen in Gewahrsam, die die Nacht im Gefängnis verbringen sollten, wie der Sender Fox4 berichtete. Eine zunächst friedlich begonnene Demonstration auf ihrem Gelände sei ausgeartet, teilte auch die Stony Brook Universität in New York mit. Zelte seien errichtet, andere Studierende eingeschüchtert und belästigt worden. 29 Protestler seien daraufhin festgenommen worden, darunter neben Studierenden und Mitarbeitern demnach auch Nicht-Angehörige der Hochschule.

Vor mehr als zwei Wochen begann die Welle an Campus-Protesten auf der New Yorker Elite-Uni Columbia mit einem Zeltlager, das schnell von der Polizei aufgelöst wurde. Das als besonders hart wahrgenommene Vorgehen stachelte die Studierenden an, sodass ein größeres Camp entstand. Die Spannungen führten die weitgehend friedlichen Proteste schließlich zur gewaltsamen Besetzung der Hamilton Hall auf dem Columbia-Gelände. Ein Großaufgebot des NYPD hatte den Campus daraufhin geräumt und mehr als 200 Studierende vorläufig festgenommen.

Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog wandte sich am Donnerstag gegen einen Anstieg von Antisemitismus weltweit und sprach auch von "Feindseligkeiten und Einschüchterung gegen jüdische Studenten an Universitäten in den gesamten USA". An Studierende und Mitglieder jüdischer Gemeinden weltweit gerichtet sagte Herzog: "Das Volk Israel steht euch bei. Wir hören euch. Wir sehen die schamlose Feindseligkeit und die Drohungen. Wir fühlen die Beleidigung, den Vertrauens- und den Freundschaftsbruch. Wir teilen das Unbehagen und die Besorgnis." (dpa)