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Wenig Angst nach der Axt-Attacke

Die Bluttat in einem bayrischen Zug verunsichert die Menschen in Meißen kaum. Dennoch treffen sie Vorsichtsmaßnahmen.

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© Claudia Hübschmann

Von Stephan Hönigschmid

Meißen. Die Axtattacke eines afghanischen Flüchtlings in einem bayrischen Regionalzug nahe Würzburg schockiert ganz Deutschland. Auch in Meißen fragen sich immer mehr Menschen: Sind wir noch sicher? Grund genug für die SZ am Dienstag einmal am Bahnhof nachzufragen, ob die Menschen ab sofort mit mulmigem Gefühl in den Zug steigen oder ob sie nach wie vor gelassen bleiben.

Für Frau Jähne aus Radebeul ist das keine Frage. Sie sagt entschlossen: „Ich habe keine Angst und werde auch weiterhin Zug fahren.“ Ein wenig gemischte Gefühle kommen nur kurz auf, als sie daran denkt, dass sie erst vor Kurzem im Urlaub durchs Würzburger Umland gereist ist und in fraglichem Zug hätte sitzen können. „Daran sieht man, dass es überall passieren kann. Es hätte mich dort treffen können, aber auch hier“, so Jähne, die zudem darauf hinweist, dass es auf der Straße ebenfalls gefährlich ist.

Grundsätzlich sei sie der Meinung, dass die Tat auch ein Deutscher hätte begehen können. Allerdings räumt sie im gleichen Atemzug ein: „Es ist schon alles etwas schlimmer geworden, seit die Flüchtlinge da sind.“ Konkret verweist sie auf ihre zwölfjährige Tochter, die wesentlich älter aussieht, und sich manchmal Sorgen macht aus dem Haus zu gehen, weil in der Nähe afghanische Flüchtlinge wohnen.

Erfahrungen erster Hand mit muslimischen Mitbürgern hat Doreen Nafee gesammelt. Sie war mit einem Ägypter verheiratet und sieht die Sache differenziert. „Es gibt natürlich solche und solche Muslime. Mein Mann war sehr friedlich, aber er hatte auch Freunde, die den Islam recht radikal interpretiert haben“, sagt die 29-Jährige. Dennoch steige sie nach dem Vorfall in Bayern keinesfalls aufs Auto um. „Ich gebe zwar zu, dass ich gegenwärtig nicht unbedingt nach Frankreich fahren würde, aber in unseren Breitengraden fühle ich mich eigentlich sicher“, sagt Nafee und fügt an: „Außerdem muss es ja nicht zwangsläufig der öffentliche Nahverkehr sein. Auch mitten in der Stadt könnte einen jemand attackieren oder eine Bombe hochgehen.“

Keine Wahl, ob er statt der Bahn lieber Auto fährt, hat indes der 68-jährige Gerhard Grubert. Er sagt: „Ich habe gar kein Auto.“ Abgesehen davon mache er sich sowieso keine Sorgen. „Ich fahre nur ein Mal pro Woche von Meißen nach Coswig. Da wird schon nichts passieren“, ist er sich sicher.

Ähnlich sieht die Sache Vincent Reichardt, der auf seinem Weg gen Leipzig gerade in Meißen Station macht. „Ich halte die Tat für einen Einzelfall. Dagegen kann man nichts machen. Wenn man in eine derartige Situation gerät, ist wahrscheinlich Ruhe bewahren die einzige Option, die man hat“, sagt der 20-Jährige, der die Tatsache, dass es sich um einen afghanischen Flüchtling handelt, für unerheblich hält. „Meiner Meinung nach spielt das keine Rolle. Ein Deutscher könnte so was auch machen“. Grit Farrack, die jeden Tag zwischen Meißen und Dresden pendelt und in der Dresdner Neustadt einen Spätshop betreibt, teilt diese Ansicht, kommt aber ab und zu auch ins Zweifeln.

„Grundsätzlich denke ich zwar, dass es am Ende egal ist, dass es gerade ein Flüchtling war. Andererseits habe ich das Gefühl, dass sich durch die Vielzahl an Flüchtlingen die Wahrscheinlichkeit erhöht hat, dass sich solche Taten ereignen.“ Sie lebe zwar nicht in Angst, aber ihr Leben habe sich schon ein wenig verändert. „Ich fahre sicherlich weiterhin Zug, setze mich jedoch bewusst nicht mehr irgendwo allein hin, damit ich im Notfall Hilfe rufen kann“, sagt die 39-Jährige, die ihren Laden nicht mehr bis 2 Uhr nachts, sondern nur noch bis 22 Uhr öffnet, weil er sich in der Nähe eines Flüchtlingsheims befindet und sie Bedenken hat.

Abgesehen von diesen Vorsichtsmaßnahmen betont sie aber: „Das Leben muss weitergehen. Zudem hoffe ich, dass der Staat Maßnahmen ergreift, um zu verhindern, dass Vorfälle wie in Würzburg in Zukunft gehäuft auftreten.“