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Wenn der Koch zum Müller wird

Seit 20 Jahren führt Michael Mittag die Eutschützer Mühle als Restaurant – und hat so viel zu tun, wie nie zuvor.

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© Andreas Weihs

Von Franz Werfel

Bannewitz. Wer das Mittagessen schon im Namen trägt, kann eigentlich nur eines werden: Koch. So war es bei dem gebürtigen Dresdner Michael Mittag. „Meine Lehre absolvierte ich im Dresdner Interhotel Newa in der St. Petersburger Straße“, erzählt der 61-Jährige. Wer ihn in seiner Eutschützer Mühle besucht, kann auf ein kurzes Schwätzchen hoffen. Wenn die Temperaturen es zulassen, setzt sich der Mühlenwirt gern in seinen schönen Biergarten. Der Rasen grünt, erste Blumen blühen.

Die Mühle im Jahr 1875. Damals war der Mühlenbach noch größer. Er nahm den heutigen Parkplatz ein.
Die Mühle im Jahr 1875. Damals war der Mühlenbach noch größer. Er nahm den heutigen Parkplatz ein. © Repro: Franz Werfel

Viel Zeit hat der Wirt aber nicht. Gerade wird ein neuer Konvektomat, ein Heißluftofen, geliefert. Der alte hat nach 20 Jahren den Geist aufgegeben. Ständig klingelt das Telefon, Tische werden reserviert, einigen Gästen muss Mittag für dieses Wochenende absagen. Er sagt dann immer etwas Bedauerndes ins Telefon, das gehört sich so. Aber eigentlich freut man sich doch, wenn das Geschäft läuft, oder?

„Das schon. Ich möchte die Dinge aber gern in der Hand haben. Wenn es zu viel wird, gelingt das in letzter Zeit nicht immer“, sagt Mittag. Eine große Sorge plagt ihn nun schon fast ein Jahr. „Ich finde in letzter Zeit einfach kein Personal“, sagt er. Vor ein paar Monaten hat sich sein zweiter Koch in der Natur verletzt, seitdem stemmt Sohn Sascha die Küche allein. „Wir flitzen dann hinter und richten die Speisen mit an“, so Mittag.

Nach seiner Dresdner Ausbildung folgten Stationen in Zinnwald und dem Sportcasino der Technischen Universität Dresden. Schon sein erstes eigenes Restaurant stand an einem prominenten Ort: Es war der Ratskeller im Dresdner Stadtteil Kaitz. „13 Jahre lang habe ich das Restaurant mit meiner Frau geführt“, so Mittag.

Anfang der 1990er-Jahre war es Zeit für eine Veränderung. Die Mittags schauten sich in der Umgebung um. Im Bannewitzer Eutschützgrund wurden sie fündig. „Da stand diese alte Mühle, die war richtig heruntergekommen. Sogar baupolizeilich gesperrt war sie.“ Einst wurde hier wirklich gemahlen: Ölfrüchte. Die Mühle wurde 1711 erstmals urkundlich erwähnt. Um genug Wasserkraft für den Mühlbetrieb aus dem ruhigen Nöthnitzbach zu gewinnen, hatte der Müller diesen zu einem kleinen Mühlteich angestaut.

Verliebt in eine Mühle

Die Mittags verliebten sich in die Mühle und setzten sich in der Ausschreibung der Bannewitzer Gemeindeverwaltung durch. Jetzt krankte es nur noch an der Finanzierung. „Letztlich legte Ingrid Biedenkopf, Sachsens damalige First Lady, bei einer Bank ein gutes Wort für uns ein“, erinnert sich Michael Mittag. Sein Konzept zum Erhalt des Gebäudes hatte die Frau des Ministerpräsidenten überzeugt.

Der Preis damals war fair, sagte Michael Mittag. Doch in den vergangenen 20 Jahren musste er eine gute Million Euro in das historische Gebäude stecken. „Man muss schon verrückt sein, wenn man sich freiwillig Arbeit kauft“, so der Wirt. Bereut hat er es nicht. „Ich mache diesen Job mit Leib und Seele.“ Er fühlt sich für seine fünf Angestellten verantwortlich, für die Livemusikkultur in der Region – und für seine Gäste. Wenn alles zu viel wird, schwitzt er im Fitnessstudio oder setzt sich auf seine blitzend polierte Harley-Davidson und kurvt durch die Umgebung.

Denn manchmal ist Michael Mittag auch ganz schön geschafft. „Aber mit Anfang 60 darf man ja auch mal müde sein, oder?“ Aufhören will er aber noch nicht. Sohn Sascha steht zwar schon in den Startlöchern und bekommt auch Hilfe von seiner Schwester Caroline, einer ausgebildeten Hotelfachfrau. Eines wird Michael Mittag aber auch nach Jahrzehnten in der Branche nicht verstehen: „Warum machen sich Rentner auch am liebsten am Wochenende zu ihren Touren auf?“, fragt er. „In der Woche ist es doch hier viel ruhiger – und man muss nicht so lange auf seine Bestellung warten …“

Den 20. Geburtstag seines Landgasthofs Eutschützer Mühle feiert Michael Mittag am 24. September. Wie immer heißt der Tag „Dixieland und Schweinebraten“. Es spielt die Blue Wonder Jazzband aus Dresden.

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