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Wenn der Wannenrand zur Hürde wird

Die Großenhainer Diakonie-Tagespflege zeigte am Samstag, was eine moderne Seniorenbetreuung alles leisten kann.

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© Anne Hübschmann

Von Manfred Müller

Großenhain. Die altersgerechte Wanne im Pflegebad zog die Besucher beim Tag der offenen Tür geradezu magisch an. Auf Knopfdruck in der Höhe und in der Neigung verstellbar, ist sie mit einer Seitentür ausgestattet, sodass man auch mit dem Rollator oder dem Rollstuhl heranfahren und problemlos einsteigen kann. „Man liegt darin sehr bequem und hat viel Platz“, sagt Betreuerin Nicole Harenburg. So ein Wohlfühlbad werde von den Tagesgästen sehr gern angenommen. Wer mit körperlichen Handicaps leben muss, die ihm das Baden in den heimischen vier Wänden unmöglich machen, sei für jeden unterstützenden Handgriff unglaublich dankbar.

Vor knapp einem Jahr nahm die Sozialstation der Diakonie Riesa-Großenhain in der Meißner Straße ihre Tätigkeit auf. Die Räume in der zweiten Etage des ehemaligen Amtsgerichts bieten Platz für 17 Gäste in der Tagespflege, auch der ambulante Pflegedienst hat hier seinen Anlaufpunkt. Die Station verfügt über einen Aufzug, der groß genug für Pflegebetten ist, breite Türen und schwellenlose Fußböden. Die Mitarbeiter der Tagespflege bieten älteren Menschen tagsüber Hilfe und Betreuung außerhalb der eigenen Wohnung an.

Wer sich dafür entscheidet, wird morgens vom Fahrdienst der Diakonie zu Hause abgeholt und am Nachmittag wieder heimchauffiert. Man isst gemeinsam, geht verschiedenen Beschäftigungsangeboten wie Gymnastik, kreativen Arbeiten und Gedächtnistraining nach. Außerdem gibt es drei Ruheräume, in denen jeder Gast seinen eigenen Schlafsessel hat. In der modern ausgestatteten Küche können die Senioren selbst mit Hand anlegen. „Einmal pro Woche wird hier gebacken“, erklärt Betreuerin Sindy Jacob. „Einige unserer Tagesgäste kommen vom Dorf und bringen schon mal einen Eimer Äpfel, Birnen oder Pflaumen mit.“ Und natürlich die Kuchenrezepte, sodass die Sache nie eintönig wird. Auch Grillfeste werden an der Meißner Straße veranstaltet. Oder eine Ausfahrt mit der K&K-Bahn. Die sei ein echtes Highlight gewesen, sagt Sindy Jacob.

Trotz des Veranstaltungs-Überangebots am vergangenen Wochenende schauten viele Besucher in der Sozialstation vorbei. Vor allem natürlich Senioren, die sich vorstellen können, die Tagespflege in Anspruch zu nehmen. Aber auch Menschen in den mittleren Jahren, die Betreuungsmöglichkeiten für ihre Eltern suchen. Oder Leute, die sich einfach dafür interessierten, was in Großenhain für die ältere Generation getan wird. „Man unterhält sich ja im Bekanntenkreis oft über solche Dinge“, erklärt Besucherin Josefa Hampsch aus Wildenhain. „Wenn jemand tagsüber Unterstützung braucht, kann ich ihm jetzt eine Empfehlung geben.“

Die Tagespflege wird von vielen Senioren nicht an allen Wochentagen in Anspruch genommen. Manche kommen zu ganz bestimmten Anlässen, bevorzugen bestimmte Angebote wie etwa die Andacht am Montag. Oder sie haben mit anderen Gästen Freundschaft geschlossen und kommen an den gleichen Tagen hierher wie ihre neuen Bekannten. „Man kennt sich ja in der Gegend, hat vielleicht im gleichen Betrieb oder in der gleichen LPG gearbeitet und einander viel zu erzählen“, sagt Katrin Wittig-Lau. Der Leiterin des Pflegeheims „Helene Schmieder“ untersteht auch die Tagespflege im Amtsgericht, und die sogenannte Biografiearbeit ist ihr sehr wichtig. Jeder ältere Mensch habe ein gelebtes Leben und solle das in der Gemeinschaft auch darstellen können. Gerade für Menschen, die unter Demenz leiden, und sich eher an lange zurückliegende Ereignisse erinnern, sei das ungemein wichtig. Diesem Anliegen diente auch die Ausstellung „Lebensläufe“, die im Gemeinschaftsraum der Sozialstation aufgebaut war. Dort konnte man Interviews mit Alzheimer-Patienten lesen – überraschend reichhaltige und anrührende Lebenserinnerungen.

Das 1876 errichtete Amtsgerichtsgebäude an der Meißner Straße soll in nächsten Jahren komplett zu einem Haus für Senioren und Pflegebedürftige ausgebaut werden. Die Eigentümer Jens Karitzki und Henrik Adam, die das Gebäude 2010 gekauft haben, wollen hier neben der Sozialstation der Diakonie weitere Betreuungsmöglichkeiten schaffen. Im Erdgeschoss werden eine Wohngemeinschaft für vier pflegebedürftige Personen, zwei Büros sowie ein Funktionsraum für die Ergo- oder Physiotherapie entstehen.

Im ersten Stock sind die Arbeiten an fünf privaten barrierefreien Wohnungen fast abgeschlossen. Mieter, die hier einziehen, können sich Versorgungsleistungen hinzubuchen. Im Dachgeschoss wird ebenfalls eine Wohngemeinschaft für fünf Pflegebedürftige mit je eigenen Wohnbereichen eingerichtet.