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Wenn die Frau fremdküsst

Sind Schauspielerpaare eifersüchtig? Im Zittauer und Bautzener Theater gibt’s Antworten – und manche Überraschung.

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© Wolfgang Wittchen

Von Silvia Stengel

Zittau/Bautzen. Lulu ist schön und wird von den Männern begehrt. Maria Weber spielt sie in dem gleichnamigen Stück, das gerade im Zittauer Theater Premiere hatte. Ihr Ehemann David Thomas Pawlak ist im selben Schauspiel-Ensemble und sieht das vielleicht gar nicht so gern. Zuvor im Musical „Cabaret“ hat der Conferencier seiner Frau sogar an die Brust gefasst. Pawlak wiederum küsste eine andere. Sind sie da nicht eifersüchtig? Wie ist das so bei Paaren im Theater? Darum geht es nun bei einem Gespräch in Zittau. Und später in Bautzen.

Im Zittauer Theater spielt Maria Weber (links) gerade die Hauptrolle in „Lulu“ und wird von den Männern begehrt.
Im Zittauer Theater spielt Maria Weber (links) gerade die Hauptrolle in „Lulu“ und wird von den Männern begehrt. © Pawel Sosnowski
Zuvor gab es schon Liebesszenen mit Kollegen wie Marc Schützenhofer.
Zuvor gab es schon Liebesszenen mit Kollegen wie Marc Schützenhofer. © Pawel Sosnowski
Was sagt ihr Mann David Thomas Pawlak dazu.
Was sagt ihr Mann David Thomas Pawlak dazu. © Wolfgang Wittchen

Wie das ist, wenn andere die eigene Frau begehren? David Thomas Pawlak zuckt mit den Schultern. Ob sie nun in „Lulu“ oder im „Sommernachtstraum“ Liebespaare spielt mit anderen Kollegen: „Das ist ja normal“, sagt er. „So haben wir uns kennengelernt“, verrät Maria Weber. Das war in „Kabale und Liebe“ im Theater in Parchim und ist jetzt zehn Jahre her. Ob er nie eifersüchtig ist? „Nee“, antwortet Pawlak. „Ich bin von Natur aus nicht der Eifersüchtige.“ Und: „Je sexueller es auf der Bühne wird, desto technischer wird es für die Schauspieler. Das ist natürlich wenig romantisch.“ Seine Frau bestätigt es: „Wenn man einen Kollegen küsst, zählt man 21, 22, 23 und denkt, jetzt muss ich mich lösen.“

Doch, sie war schon mal eifersüchtig, gibt Maria Weber zu: „Als ich schwanger war, war ich wahnsinnig eifersüchtig. Da haben mich die Hormone ein bisschen betrogen.“ Ihr Mann sagt: „Das ist mir gar nicht aufgefallen“ und lacht. Maria Weber denkt nach. „Ich habe genauso viele Kollegen geohrfeigt wie ich geküsst habe – wobei die Ohrfeigen mehr Spaß machen.“ Ob sie das auch mal auf der Bühne ausnutzen würde, wenn sie sich zuvor gestritten haben? „Da sind wir noch nicht lange genug verheiratet“, sagt David Thomas Pawlak. Und sie: „Private Probleme haben auf der Probe nichts zu suchen!“ Das hätten sie auf der Schauspielschule trainiert. Es könne ja auch sein, dass die Oma stirbt. „Da kann ich den Kollegen auf der Bühne nicht mit meiner Trauer konfrontieren.“

Und sonst, wenn der Kollege Marc Schützenhofer seiner Frau „am Hals hängt“? Das Foto aus dem Stück „Eine Sommernacht“ hat Pawlak doch gesehen? „Bestimmt“, sagt er. Und Maria Weber: „Ich hatte mit Marc Schützenhofer wunderbaren Sex. Es war einfach witzig, das auszuprobieren.“ Sie hätten sich teilweise ausgezogen, Stellungen ausprobiert, überlegt, was sie mit den Händen machen und sich „kaputt gelacht“. Das ist „null erotisch“, sagt sie, „einfach ein technischer Vorgang“.

Probe abgebrochen
„Die Männer respektieren uns alle sehr“, sagt die Schauspielerin. Nach heiklen Szenen fragen sie: „War das okay für dich?“, berichtet sie. „Das nutzt niemand aus.“ Ihr Mann hat es allerdings schon erlebt, dass ein Kollege bei einer Probe einer jungen Kollegin einfach zwischen die Beine fasste. Da hat die Frau die Probe abgebrochen. Das war auf der Schauspielschule. „Es geht darum, so zu tun, als ob“, sagt er. Es kann durchaus vorkommen, dass eine solche Szene gefragt ist, dann sollte die Hand aber am Oberschenkel bleiben, sagt Maria Weber. Für den Zuschauer reicht es, zu sehen, dass ihr jemand unter den Rock fasst, er sieht ja nicht, wie weit die Hand geht. „Der Rest ist meine spielerische Aufgabe.“ Und geküsst wird nicht mit Zunge, das ist klar. „Der Zuschauer sieht es sowieso nicht, also muss ich es auch nicht machen“, sagt Maria Weber. Eine böse Überraschung hat sie auch schon erlebt. Einmal sollte sie einen Kollegen küssen, der am Abend vorher ordentlich getrunken und noch eine mächtige Fahne hatte: „Trotzdem musst du spielen: Das ist der Mann des Jahrhunderts.“ Ob sie schon mit jemandem ein Liebespaar gespielt haben, den sie nicht leiden können? „Na klar“, antwortet David Thomas Pawlak. „Das gibt es alles“, sagt Maria Weber. „Sonst mache ich den Menschen, die ins Theater kommen, den Abend kaputt. Das will man ja auch nicht“.

„Ich hatte noch nie Sex auf der Bühne“, sagt ihr Mann. „Du hattest Kerstin. Und Natalie“, berichtigt ihn seine Frau. „Das war kein wirklicher Sex“, sagt er. Er war halb nackt und die Kollegin auch – „das war hart“, erinnert sich Maria Weber. „Sie saß auf mir und wir haben gekuschelt“, berichtet ihr Mann. Da war Maria eifersüchtig. Kein Wunder, sagt sie: „Natalie ist ja ’ne Elfe“ und sie war schwanger. „Da sitzt man so als Wuchtbrumme im Zuschauerraum.“ Und ihr Mann? „Man versucht zu fliehen, wenn die Messer fliegen“, sagt er und lacht. Und sie: „Na komm, Du hast mit mir geredet.“ Das würde sie sowieso empfehlen: reden, selbst mit der vermeintlichen Rivalin. Sie sind sehr gute Freundinnen.

Mit einem Rezept gegen Eifersucht können vielleicht auch Gabriele Rothmann und Torsten Schlosser vom Bautzener Theater dienen. Die Schauspieler sind 2009 auf einer Geburtstagsparty von einem Kollegen zusammengekommen. Bei der Olsenbande im Sommertheater spielt sie „die Frau, die immer erschrickt“. Sie hat sich auch schon mit anderen geküsst. Und ja, sagt Torsten Schlosser, „meine Frau ist mit Ralle im Bett“. Ralle ist Ralph Hensel und natürlich bezieht sich das auf ein Stück. „Mein Körper gehört der Rolle“, sagt Gabriele Rothmann. Im Stück „Lausitzer Quartiere oder Der Russe im Keller“ spielt sie mit Marian Bulang unter der Bühne, „dass wir es miteinander treiben“. Sie trägt ein hautenges Leopardenkostüm: „Privat würde ich so was nie anziehen. Für die Rolle kann es nicht eng genug sein.“

Über sich selber lachen
Ob sie noch nie eifersüchtig waren? Dazu hätten sie keinen Grund, betonen beide. „Hier im Haus ist es sehr angenehm“, sagt Gabriele Rothmann. „Man weiß alles über die Kollegen.“ Und ihr Mann: „Es ist ja auch der Respekt voreinander.“ Schlosser sagt aber auch: „Es ist ja nicht so, dass einem alles egal ist.“ Für den Schauspieler gibt es eine gesunde und eine ungesunde Art von Eifersucht. Das man auch mal so „frotzelt“ und jemanden aufzieht, das sei doch normal. Vertrauen ist für eine Beziehung wichtig, betonen sie. „Und viel miteinander unternehmen, dann wächst ja auch Vertrauen“, sagt Torsten Schlosser. „Zusammen einfach irgendwo paddeln, da muss man sich aufeinander verlassen können.“ Genauso sollte jeder seinen Freiraum haben. Auch das gehört dazu: „Ich am See und sie im Garten“, sagt er. Im Theater haben sie schon gegeneinander gekämpft, das war im „Lebkuchenmann“. Und als sie sich mal privat gestritten hatten, mussten sie beruflich ganz harmonisch miteinander tanzen. Das klappt. „Auf der Bühne haben private Sachen nichts zu suchen“, sagt Gabriele Rothmann. Und was noch wichtig ist, nicht nur im Theater, sagt Torsten Schlosser: „Dass man nicht dünnhäutig ist und auch über sich selbst herzhaft lachen kann.“