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Wenn Heizen teurer als Wohnen ist

Die Betriebskostenabrechnung im Gebäudekomplex der Stauffenbergallee 12 gibt vielen Bewohnern Rätsel auf. Jeder Mieter ist für seine Heizkosten selbst verantwortlich, meint jedoch die Verwaltung.

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Von Franziska Dähn

Wohnen im denkmalgeschützten Gebäude, hohe Decken, Stabparkett – als Ellen Weber und Katrin Glöckner in die Stauffenbergallee 12 zogen, hielten sie ihre Wohnungen für den großen Wurf.

Das 43 Quadratmeter große Appartement in der ehemaligen Kaserne gefiel Katrin Glöckner sofort. Als sie jedoch im Oktober dieses Jahres die erste Betriebskostenabrechnung in der Hand hielt, war die Begeisterung verflogen. Für einen Monat sollte sie stolze 209 Euro nachzahlen. „Zusammen mit der Vorauszahlung waren die Betriebskosten höher als die Grundmiete“, ärgert sich die 34-Jährige.

Auch Ellen Weber erlebte Ähnliches: Sie musste für ihre 63 Quadratmeter große Wohnung bei elf Monaten Mietzeit 808 Euro zusätzlich zur Vorauszahlung berappen. Damit liegen die Betriebskosten pro Quadratmeter bei 3,14 Euro – der Mieterverein Dresden weist einen Schnitt von 2,30 Euro bis 2,60 Euro aus. „Ich habe echt Angst vor der Abrechnung für das kommende Jahr“, sagt Weber, die innerhalb des Gebäudekomplexes gerade in eine größere Wohnung gezogen ist. Allein die Heizkosten lagen bei ihr bei 1,84 Euro pro Quadratmeter – 89 Cent sind Dresdner Schnitt.

Mieterin Ulrike Keller kommt nach fünf Monaten Mietzeit auf 2,96 Euro Betriebs- und 1,24 Euro Heizkosten pro Quadratmeter. Alle drei kennen ähnliche Fälle aus dem Wohnkomplex.

Kosten über dem Durchschnitt

Der Mieterverein weiß um das Problem. „Etwa die Hälfte der Beratungen machen wir zu den Betriebskosten“, sagt Sprecher Mathias Wagner. Der Ärger über die Nachzahlung sei oft groß, nicht immer zu Recht. „Es gibt bei Mietern auch so etwas wie gefühlte Betriebskosten“, sagt er. Wagner nennt die typischen Stolperfallen in der Betriebskostenabrechnung: „Etwa wenn Kosten abgerechnet werden, die gar nicht in dem entsprechenden Abrechnungszeitraum angefallen sind oder im Mietvertrag nicht explizit vereinbart waren.“ So sei die pauschale Ausweisung „sonstiger Betriebskosten“ unzulässig.

Den Betroffenen aus der Stauffenbergallee rät er, in jedem Fall Einsicht in die Belege zu nehmen. „Die Kosten liegen hier jeweils deutlich über dem Schnitt. Aber natürlich könnten es auch Vielverbraucher sein. Kurze Abrechnungszeiträume können das Bild ebenfalls verzerren“, sagt er.

Katrin Glöckner etwa hat ihre Abrechnung für einen sehr schneereichen, kalten Wintermonat bekommen. Weber jedoch für fast das ganze Jahr. Alle sind sich einig: Sparsam geheizt haben sie. „Ich bin den ganzen Tag auf Arbeit. Aber die Wände sind sehr hoch und kühlen schnell aus“, sagt Glöckner. „Ich habe nicht anders geheizt als in früheren Wohnungen, nachzahlen musste ich dort nie“, sagt Weber.

Für die Wohnungsverwaltung liegt genau hier die Ursache für die hohen Abrechnungen. Wiebke Jacob von der Ideal Immobilien GmbH sagt: „70 Prozent der Heizkosten berechnen sich nach dem Verbrauch. Da brauchen wir nicht über die bauliche Substanz zu reden, da kann jeder Mieter sparen“. Im Gebäudekomplex gebe es immerhin 220 Wohnungen, nicht alle Mieter hätten hohe Abrechnungen. „Gerade Senioren, die viel zu Hause sind, haben die geringsten Heizkosten. Die lassen ihre Wohnung nicht so auskühlen, heizen durch“, sagt sie. Sie bietet allen Mietern an, die Unterlagen einzusehen. „Hier wird nichts umgelegt, was nicht umgelegt werden darf“, sagt Jacob.

Gebäude hatte anderen Zweck

Mathias Wagner vom Mieterverein ist dennoch skeptisch: „Es ist fast anzunehmen, dass bei der Höhe der Abrechnungen die Ursachen in dem Haus liegen“. Die alte Gebäudesubstanz sei schließlich zu einem völlig anderen Zweck errichtet worden, als Wohnraum zu sein.

Katrin Glöckner hat jetzt Widerspruch gegen ihren Bescheid eingelegt, will Einsicht in die Belege nehmen. Und im Sommer ist sie erst einmal aus der Stauffenbergallee ausgezogen.