Merken

Wenn Obdachlosigkeit droht

Wer eine Räumungsklage erhält, steht schon fast auf der Straße. Aber im Bautzener Rathaus gibt es Hilfe.

Teilen
Folgen
NEU!
© dpa

Von Madeleine Arndt

Bautzen. Es gibt Erwachsene, die noch nie eigenständig waren. So wohnte ein 50-jähriger alkoholkranker Bautzener noch bei Mutti. Sie kümmerte sich um Miete, Behördengänge, einfach alles. Als die Mutter plötzlich starb, war der Sohn völlig hilflos. Eine Räumungsklage drohte. Der Sozialarbeiter Sven Thomas hat den 50-Jährigen an die Hand genommen. Er suchte mit ihm eine kleinere Wohnung, plante den Umzug, vermittelte Hilfen der Caritas. Dank dieses Einsatzes landete der Bautzener nicht auf der Straße. Happy End.

Seit 24 Jahren kümmert sich die Stadt darum, dass Bürger möglichst nicht obdachlos werden. „Wir haben uns früh dafür entschieden, präventiv zu arbeiten“, sagt Petra Hempel, Leiterin der Abteilung Wohnen und Soziale Dienste. Ein Sozialarbeiter versucht, die Spirale des sozialen Abstiegs zu bremsen und den Kurs zu drehen. Allein im Jahr 2015 wurden in der Wohnungsnotfallhilfe 870 Beratungen durchgeführt. So konnte in mehr als der Hälfte der Fälle der drohende Wohnungsverlust abgewendet werden. „Wir hatten 2015 weniger Zwangsräumungen als im Vorjahr“, freut sich Petra Hempel. – Mit 201 Mahnungen und Kündigungen, 40 Räumungsklagen und 11 Zwangsräumungen musste sich die Wohnungsnotfallhilfe im vergangenen Jahr auseinandersetzen. In den Fällen, in denen die Wohnungen letztlich doch zwangsgeräumt werden mussten, kamen zwei Bautzener in der Notunterkunft unter, für drei Personen wurde eine neue Wohnung gefunden, drei hatten die Stadt verlassen und einer musste ins Gefängnis. Zwei Schicksale sind der Verwaltung nicht bekannt. Die Fälle sind eben sehr individuell und lassen sich schwer in eine Statistik pressen. „Wir geben Hilfe zur Selbsthilfe“, sagt Sven Thomas. Der Sozialarbeiter greift dabei auf ein großes Netzwerk zurück, spricht mit dem Jobcenter, Wohlfahrtsverbänden, dem psychosozialen Dienst.

Ende 2014 war die Wohnungsnotfallhilfe aus der Verwaltung an zwei freie Träger, den Brücke-Verein und den Caritasverband Oberlausitz, ausgelagert worden. Im Mai 2016 wurde dieser Schritt aber wieder rückgängig gemacht. Die Kosten seien zu hoch gewesen, der Weg über Dritte zu umständlich. Man habe einen erheblichen Zeitaufwand für organisatorische Abstimmungen und für die Sicherstellung des Datenschutzes gehabt, hieß es. Jetzt ist die Wohnungsnotfallhilfe wieder ganz Sache des Rathauses.

Sprechzeiten: dienstags von 9 bis 11 Uhr und donnerstags von 14 bis 16 Uhr