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Wenn Sodbrennen zur Qual wird

Oft sind Probleme mit der Speiseröhre harmlos. Aber nicht immer.

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Das Döbelner Klinikum lädt jedes Jahr Ärzte zu einem interdisziplinären Symposium ein. In der Kulturscheune im Kloster Nimbschen ging es dieses Mal um Erkrankungen der Speiseröhre. Wir sprachen darüber mit Dr. Roland Pfützer, Chefarzt der Inneren Abteilung.

Von Sodbrennen werden viele Menschen geplagt. Oft helfen Medikamente sehr schnell, das unangenehme Brennen zu bekämpfen. Wenn der Zustand aber über einen längeren Zeitraum anhält, sollte der Arzt aufgesucht werden. Symbolfoto: Bayer Vital
Von Sodbrennen werden viele Menschen geplagt. Oft helfen Medikamente sehr schnell, das unangenehme Brennen zu bekämpfen. Wenn der Zustand aber über einen längeren Zeitraum anhält, sollte der Arzt aufgesucht werden. Symbolfoto: Bayer Vital © Bayer Vital GmbH

Herr Dr. Pfützer, Sodbrennen hat jeder einmal. Wann sollte man mit diesen Beschwerden einen Arzt aufsuchen?

In den meisten Fälle suchen Menschen den Arzt auf, wenn das regelmäßig auftritt und es ihnen lästig wird. Gewisse Beschwerden machen den Patienten mehr zu schaffen und auch mehr Angst. Etwa, wenn Magensäure in den Mund zurückläuft. Wenn solche Beschwerden länger als einen Monate anhalten, dann sollte man schon mal zum Arzt gehen.

Was für Erkrankungen stecken hinter solchen Beschwerden?

Die häufigste Ursache ist, dass Magensäure in die Speiseröhre zurückläuft. Das kann man prinzipiell sehr gut mit Medikamenten behandelt werden. Wenn diese Beschwerden sehr typisch sind, wenn keine sogenannten Alarmzeichen wie Gewichtsabnahme und Erbrechen von Blut und ähnliche Dinge wie das Steckenbleiben von Nahrung auftreten, kann man zunächst zwei bis drei Wochen mit Medikamenten behandeln. Wenn die Beschwerden dann besser werden oder sogar verschwinden, dann ist das ausreichend. Eventuell kann der Patient die Medikamente dann nur bei Bedarf einnehmen.

Welche Ursachen hat dieser Reflux?

Es gibt dafür einige Ursachen. Wichtig ist die Barriere zwischen Magen und Speiseröhre. Die besteht einerseits aus dem Muskel der Speiseröhre und andererseits aus den Zwerchfellschenkeln, durch die die Speiseröhre hindurchtritt. Relativ viele Patienten haben das Problem, dass ein Teil des Magens oberhalb des Zwerchfells liegt. Das wird dann gern als Zwerchfellbruch bezeichnet, was nicht ganz richtig ist. Das begünstigt den Rückfluss von Säure und Nahrungsbestandteilen in die Speiseröhre. Auch bestimmte Genussmittel können dazu führen, dass der Schließmuskel erschlafft. Dazu gehören Alkohol und Tabak, aber auch bestimmte Bestandteile von Nahrungsmitteln. Leider ist auch Schokolade ungünstig. Wenn jemand abends Rotwein und Schokolade zu sich nimmt, hat er ein erhöhtes Risiko, dass es zu Refluxbeschwerden in der Nacht kommt. Auch Übergewicht ist etwas, das diese Beschwerden begünstigt. Der Muskel hält einen gewissen Druck aus. Wenn ein Mensch übergewichtig ist, dann ist der Druck, der beim Liegen auf dem Bauch lastet, sehr hoch.

Was ist bei solchen Beschwerden zu empfehlen?

Zunächst einmal sollte man möglichst auf die angesprochenen Auslöser verzichten oder diese reduzieren. Bei nächtlichen Beschwerden kann eine leichte Oberkörperhochlagerung Abhilfe schaffen. Für die Selbstmedikation sind Gele zu empfehlen, die metallische Verbindungen enthalten. Aluminiumhydroxid oder Magnesiumhydroxid legen sich auf die entzündete Schleimhaut, neutralisieren die Säure und helfen sehr schnell. Der Hausarzt verschreibt sogenannte PPI, das sind Säureblocker, die dafür sorgen, dass weniger Magensäure gebildet wird.

Wenn Medikamente nicht mehr helfen, was passiert dann?

Was ich häufig sehe, ist, dass die Medikamente noch nicht ausdosiert sind und man höhere Dosierungen geben kann. Moderne Medikamenten sollten immer eine halbe Stunde vor dem Essen genommen werden. Die Säureproduktion muss angeregt sein, damit so ein Säureblocker auch richtig wirken kann. Aber es gibt auch Patienten, die unter Medikamenten keine Beschwerdefreiheit erreichen oder die sie nicht vertragen. Manche junge Patienten kommen zwar gut zurecht mit den Medikamenten, sie sind aber von der Vorstellung nicht begeistert, diese in den nächsten 50 Jahre einnehmen zu müssen. Dann gibt es Verfahren, bei denen man durch Operationen dieses zu weite Öffnen des Schließmuskels und das Hochrutschen des Magenanteils wieder rückgängig machen kann. Das sind Operationen, die mit Schlüsselochtechnik von den Kollegen hier im Haus durchgeführt werden. Neu sind minimalinvasive Verfahren, bei denen versucht wird, den Schließmechanismus zu verstärken. Es gibt zum Beispiel gute Erfahrungen mit einem Magnetband, das um den unteren Speiseröhrenmuskel herumgelegt wird. Das funktioniert ganz gut, kommt aber nur für bestimmte Patienten in Frage.

Manche Patienten leiden unter einer Erweiterung der Speiseröhre. Wie kann das behandelt werden?

Es gibt sogenannte Beweglichkeitsstörungen der Speiseröhre. Diese führen dazu, dass der Speisetransport nicht mehr richtig funktioniert. Eine ist die sogenannte Achalasie. Dann ist der untere Schließmuskel relativ eng und öffnet von allein nicht weit genug. Die Folge ist, dass der Patient nicht mehr richtig schlucken kann, dass sich die Nahrung in der Speiseröhre sammeln. Diese wird mit der Zeit geweitet. In diesen Fällen kann man endoskopisch den Schließmuskel sprengen. Das hält eine Zeit lang, aber nicht für immer. Gerade bei jungen Menschen kann auch einen operativen Eingriff erfolgreich sein.

Welche Rolle spielen Karzinome in der Speiseröhre?

Die Häufigkeit dieser Tumore ist im Gegensatz zu anderen Tumoren in Magen-Darm-Trakt zunehmend. Andauernde Refluxbeschwerden können zu bösartigen Veränderungen an der Speiseröhre führen. Es gibt auch bösartige Erkrankungen, die durch Faktoren wie das Rauchen und hochprozentigen Alkohol, aber auch durch heiße Getränke gefördert werden. Wichtig ist, dass diese Erkrankungen frühzeitig entdeckt werden. Wenn jemand Schluckbeschwerden hat, sollte er das nicht über Monate mit sich herumragen, sondern zum Arzt gehen. Manche Beschwerden treten unter Umständen erst spät auf. Der Patient hat sich schleichend daran gewöhnt. Er isst dann unbewusst Nahrungsmittel, die er besser schlucken kann und er trinkt mehr beim Essen. Das Wichtigste aus meiner Sicht ist, solche Beschwerden nicht auf sich beruhen zu lassen. Tumore am Übergang von der Speiseröhre zum Magen werden in der Regel behandelt wie Magentumore. Häufig findet eine Kombinationstherapie statt, die aus einer Chemotherapie und anschließender Operation besteht. Bei Tumoren, die höher in der Speiseröhre sitzen, kann eine kombinierte Strahlentherapie hilfreich sein. Damit wird das Ausbreiten des Tumors verhindern und danach operiert.

Es fragte: Jens Hoyer