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Wer den Euro ehrt – macht auch im Abschwung Geschäfte

Zwischen Melkfett und Lesebrillen: Die Billigshopsstehen vor dem nächsten Wachstumsschub. Ein Würzburger plant noch einmal 40 Filialen.

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Würzburg. Die Konsumflaute macht den Einzelhändlern nach wie vor zu schaffen, doch wo jeder Artikel nur einen Euro kostet, spürt man davon nichts. Vielmehr sollen im nächsten Jahr bundesweit 40weitere Filialen der Würzburger Firma J.E.Schum öffnen, möglichst in Innenstadt-Lage. Von Umsatzschwäche wegen der Finanzkrise und der schwächelnden Konjunktur ist dort keine Rede.

Zwischen den Regalen der Euroshops mit ihren roten Plastikkörben tummeln sich Schnäppchenjäger. „Das ist so ähnlich wie bei den Discountern, da geht auch jeder hin“, sagte der Chef der Filialen, Rainer Schum. 118 Euroshops hat der Händler in den vergangenen dreieinhalb Jahren bundesweit eröffnet. Von Ramsch will Schum zwar nichts wissen. Dennoch: „Klar ist, für einen Euro kriegen sie keine Premium-Qualität.“ Dies erwarten die Käufer von Klobürsten, Lesebrillen, Pflaster oder Melkfett offensichtlich auch nicht.

Billig muss nicht schlecht sein

So kletterte der Umsatz des Groß- und Einzelhändlers von 125 Millionen Euro im Jahr 2004 auf 206 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Für 2008 rechnet Schum mit 235 Millionen Euro. Was unterm Strich übrig bleibt, will der 59-Jährige zwar nicht verraten. „Sie können aber von nachhaltig schwarzen Zahlen ausgehen“, sagt er. Der Wachstumskurs des Familienbetriebs macht sich auch bei den Mitarbeiterzahlen bemerkbar. 1400 Beschäftigte sind es derzeit, vor drei Jahren waren es noch 600. Den Grundstein legte 1877 Schums Urgroßvater Johann Eugen Schum mit einer Eisenwarenhandlung.

„Bei uns kaufen diejenigen ein, die für die einfachen und profanen Dinge des täglichen Bedarfs nicht mehr Geld ausgeben wollen“, erläutert Schum das Konzept. „Das sind die, die sparen wollen, nicht nur die, die sparen müssen.“ Dass nur die vielfach beschworene Zielgruppe „arme Menschen“ in seine Filialen komme, ist für ihn eher ein Konstrukt der Medienwelt denn Realität. Vielmehr hätten die Discounter Vertrauen in die Qualität günstiger Produkte geschaffen und so die Basis seines Erfolgs gelegt.

Auch die Dortmunder Tedi GmbH, ein Niedrigpreis-Discounter mit mehr als 650 Filialen bundesweit, bietet Ein-Euro-Produkte an. Claudia Gaspar vom Marktforschungsinstitut GfK aus Nürnberg bestätigt: „Das Schmuddel-Image, das früher den Discountern angehaftet hat, gilt heute nicht mehr.“ „Die Leute haben gelernt, dass die teuren Produkte nicht immer die besten sind.“ Der Handel habe sie zu Schnäppchenjägern erzogen, auch die Besserverdiener.

Das Preiswerte ist nach Worten von Heidi Atzler vom TÜV Süd aus München nicht unbedingt schlechter als der Markenartikel. „Es gibt Firmen in Asien, die dasselbe Produkt als No-Name und einmal als Markenartikel produzieren.“ Atzler rät aber, bei extrem günstigen Artikeln auf scharfe Kanten oder unangenehmen Geruch zu achten. Blättere die Farbe ab: Hände weg. (dpa)