Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Merken

Schwere Stürze und Absagen bei Bob-WM in Kanada

Schon vor dem Start weckt die Hochgeschwindigkeitsbahn von Whistler schlechte Erinnerungen. Betroffen ist auch eine sächsische Pilotin.

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Kanada 2010:  Cathleen Martini fährt nach einem Sturz mit dem Bob Deutschland 2 mit den Kufen nach oben die Bahn hinunter, nachdem die Anschieberin Romy Logsch aus dem Bob herausgeschleudert worden war.
Kanada 2010: Cathleen Martini fährt nach einem Sturz mit dem Bob Deutschland 2 mit den Kufen nach oben die Bahn hinunter, nachdem die Anschieberin Romy Logsch aus dem Bob herausgeschleudert worden war. © dpa

Sie ist hochgradig gefährlich. Die Furcht darf aber nicht mitfahren bei der ersten Weltmeisterschaft im berüchtigten Eiskanal der Olympischen Winterspiele von 2010. "Auf so einer Bahn wie Whistler ist Angst ganz, ganz tödlich", sagt Mariama Jamanka. Die 28-Jährige stürzte dort selbst vor einem Jahr im Training. "Das ist nicht schön, doch Stürze gehören zum Tagesgeschäft, man darf sich davon nicht extrem beeinflussen lassen, weil sonst bekommt man Angst", sagt sie. 

Nachdenklich mit leiser Stimme fügt die Olympiasiegerin von 2018 hinzu: "Ich kann nicht garantieren, dass es nicht wieder passiert." Und das bestätigte sich sofort im ersten Training, wenngleich Jamanka nicht betroffen war. Allein 16 Schlitten kippten um - darunter auch die von Mitfavoriten wie Olympiasieger Justin Kripps aus Kanada und der US-amerikanischen Weltmeisterin Elana Meyer Taylors. 

Amerikaner Olsen erleidet Halswirbelbruch

Nach ihren Stürzen mussten der Franzose Romain Heinrich (Schaden am Bob) - immerhin zuletzt Weltcup-Zweiter auf der anspruchsvollen Bahn in Lake Placid - sowie der Amerikaner Justin Olson (Halswirbelverletzung) die Teilnahme an den WM-Rennen sogar absagen.

Auch Stephanie Schneider aus Oberbärenburg - in diesem Winter bereits mit zwei Weltcupsiegen - kippte in der berüchtigten Fifty-Fifty-Kurve dreimal in vier Trainingsläufen um. Erst beim Abschlusstraining an diesem Donnerstag (Ortszeit) kam die Sächsin erleichtert ins Ziel. "Das geht natürlich alles nicht spurlos an den Athleten vorbei", erklärt Schneiders Heimtrainer Gerd Leopold, zugleich stellvertretender Bundestrainer.

 Stephanie Schneider aus Oberbärenburg
 Stephanie Schneider aus Oberbärenburg © Archiv: Robert Michael

Das erste Training am vergangenen Dienstag in den Whistler Blackcombs hatte einmal mehr gezeigt, dass die Hochgeschwindigkeitsbahn keinen Fehler verzeiht. Schon die kleinen Schlitten waren bis zu 152 Stundenkilometer schnell. "Die Bahn ist sehr schnell und nicht mehr vergleichbar mit der Trainingswoche im November. Wir müssen uns hier viele Details neu erarbeiten", sagte Cheftrainer René Spies nach dem Abschlusstraining am Donnerstagmittag (Ortszeit).

Das Whistler Sliding Centre, wo bei Olympia 2010 der georgische Rodler Nodar Kumaritaschwili tödlich verunglückte, war 2016 beim Weltcup für die Viererbobs gesperrt worden. Sie durften nur als Spurschlitten fahren, danach wurden die Fahrlinien ausgewertet. Thomas Schwab, Sportdirektor und Vorstandsvorsitzender des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD), wollte sogar die WM-Vergabe infrage stellen.

Fifty-Fifty-Kurve war und ist der Gradmesser

Er musste 2010 auch mit anschauen, wie die Dresdnerin Cathleen Martini im olympischen Finallauf in der heiklen Kurve Fifty-Fifty bei Tempo 146 stürzte und Romy Logsch aus dem Bob herausgeschleudert wurde. Die Anschieberin schlitterte die Bahn hinunter und erlitt eine Fraktur im linken Sprunggelenk. 

Ein Jahr darauf fand der Weltcup bei minus 15 Grad Celsius auf einer knallhart vereisten Piste statt. Das bekam damals bei Trainingsstürzen unter anderem erneut Martini zu spüren. "Das Eis ist dann so hart wie eine Glasscheibe, wenn man lenken will, reagiert der Bob nicht mehr", beschrieb Ex-Bundestrainer Christoph Langen die Situation.

Annika Drazek und Maria Jamanka. 
Annika Drazek und Maria Jamanka.  © imago/ Ed Gar

An diesem Wochenende soll es in Whistler, gut zwei Autostunden entfernt von Vancouver, nun deutlich wärmer werden. Das zaubert auch Annika Drazek ein Lächeln ins Gesicht. Die Anschieberin von Jamanka hat "sehr, sehr großen Respekt" vor dem 16 Kurven umfassenden Eislabyrinth. 

Schon der Blick vom Startbalken hinab ins Tal sei angsteinflößend. "Und ab Kurve drei hat man schon fast 100 Stundenkilometer drauf, das ist ja krank, was du da für ein Gefälle hast", erinnert sie sich an die erste Fahrt in Whistler. Über mehr will sie gar nicht nachdenken: "Ich vertraue Mariama wirklich - dann geht's. Ich lege ja mein Leben in ihre Hand, und bisher hat sie es nicht verspielt." (dpa, mit SZ/-yer)

Zeitplan des ersten WM-Wochenendes (Angaben deutsche Zeit): 

Samstag

2/3.30 Uhr Zweier Männer, Lauf 1 und 2; 

20:30/22 Uhr Zweier Frauen, Lauf 1 und 2. 

Sonntag

2/3.30 Uhr Zweier Männer, Lauf 3 und 4; 

20:30/22 Uhr Zweier Frauen, Lauf 3 und 4. 

Montag

1 Uhr: Teamwettbewerb Bob/Skeleton.