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Wie das Kraut sauer wird

In Schöna lebt eine Tradition auf. Ein Koch gibt Tipps.

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© Marko Förster

Von Heike Sabel

Schöna. Ein alter Spruch besagt: Wer im Herbst Kraut klaut und auf Gott vertraut, hat im Winter Sauerkraut. Die Schönaer lachen und lassen den Spruch Spruch sein. Erstens klauen sie nicht. Walter Richter zum Beispiel hat seinen Kohl aus der Nähe von Leipzig von einem Biohof geholt. Den ganzen Kofferraum voll. Zweitens ist das mit Gott jedem seine Sache. In jedem Fall muss man drittens was tun fürs Sauerkraut. Nur das mit dem Winter stimmt. Denn das Sauerkraut ist fertig, wenn es aufhört mit Gluckern. So in drei bis vier Wochen. Am Sonnabend wurde es in Schöna angesetzt.

Erster Schritt: Elke Baumgart schneidet den Kohl. Foto: Eckoldt
Erster Schritt: Elke Baumgart schneidet den Kohl. Foto: Eckoldt © Marko Förster
Zweiter Schritt: Hobeln und Kurbeln. Dafür braucht es Kraft und Ausdauer. Walter Richter hat viele Tipps parat.
Zweiter Schritt: Hobeln und Kurbeln. Dafür braucht es Kraft und Ausdauer. Walter Richter hat viele Tipps parat. © Marko Förster
Dritter Schritt: Rainer Böhm hat gestampft, nun wird gewartet.
Dritter Schritt: Rainer Böhm hat gestampft, nun wird gewartet. © Marko Förster

Der Heimatverein hat diese Tradition vor einigen Jahren wieder aufleben lassen. Kraut, Behälter und Gewürze sind mitzubringen, den Hobel stellt Dietmar Wurm zur Verfügung. Drehen muss jeder selbst. Der Hobel ist mindestens 80 Jahre alt. Früher hatte jeder Haushalt einen und machte sein Kraut selbst. Vorm Hobeln wird der Kohl geschnitten. In Viertel, ohne Strunke. Der Abfall wird für die Kaninchen gesammelt. Elke Baumgart ist aus Naundorf gekommen, will das mit dem Sauerkraut mal probieren. Sogar ein Dresdner hat sich nach Schöna aufgemacht und schreibt fleißig alles auf, was Walter Richter erzählt.

Richter ist Koch und hat für alle ein paar Tipps parat. Nur Tafelsalz verwenden, weder Jod- noch Meeressalz. Pro Kilogramm zehn Gramm. Abgewogen wird nicht. „Das machen wir wie im Fernsehen frei Schnauze“, sagt er. Kümmel, Piment, Wacholderbeeren werden nach dem gleichen Prinzip verteilt. Und immer alles kräftig durchmischen. Voriges Jahr hat Richter 55 Kilogramm Sauerkraut gemacht.

Neben ihm stehen die Wackers und stampfen wacker abwechselnd das Kraut in ihren Tontopf. Sie würzen es nur mit Salz. Das Stampfen macht, dass mehr in den Topf passt, das Kraut weich wird und vor allem, dass sich Brühe bildet. Die ist noch wichtig. Gestampft wird nicht mit den Füßen, sondern mit einem Holzscheit. Richter nimmt seine Hände.

Die Böhms schauen ihm und Wackers über die Schultern. Sie sind extra aus Liebstadt gekommen und wollen nun wissen, was sie falsch gemacht haben. Bei ihnen wurde das Kraut nämlich braun. Hm, da weiß auch Koch Richter nicht weiter. Bei gemahlenem Kümmel passiert das. Aber den haben die Böhms nicht verwendet. Nun wollen sie was dazulernen.

Etwa zwei Zentimeter Brühe soll über dem Kraut sein. Dann kommen die Abschlusssteine drauf, in Schöna nimmt man zunächst einen Teller. Der wird noch beschwert. Damit bleibt das Kraut in der Brühe und quillt nicht auf. Der Tontopf hat einen zusätzlichen Rand, in dem der Deckel liegt. Dort wird Wasser eingefüllt. So können von außen keine Keime eindringen und die Gase entweichen. Die ersten zwei bis drei Wochen mag das Kraut es wärmer, dann kommt es in den Keller.

So weit ist das Schönaer Kraut noch nicht. Noch wird gestampft, und Richter hat einen letzten Tipp parat. Wer Möhren im Kraut mag, mischt die erst zum Ende bei. „Sonst fault es.“ Ortschronist Dieter Füssel schaut auch vorbei. Genau wie einige ältere Frauen. Die machen zwar kein Sauerkraut, aber drinnen gibt es ja Kaffee und Kuchen und die Terminvorschau des Heimatvereins.

Währenddessen braucht das Kraut noch etwas Zeit, um sauer zu werden.