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Wie Deutsche ihre Heimat Polen sehen

13 Familien berichten in einem Buch über ihr Schicksal – die Idee hatte ein polnischer Fotograf.

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Von Winfried Wagner

Inge Koman bereut es nicht, als Deutsche nach dem Kriegsende 1945 in Polen geblieben zu sein. Eckhard Maronn ist aus Hamburg im Alter wieder in die Nähe von Stettin (Szczecin) gezogen. Brigitte Kipper bedauert es ebenfalls nicht, in Polen geblieben zu sein, ist aber misstrauisch. Ihr Mann wurde wegen „polenfeindlichen Verhaltens“ in einem Schauprozess in den 60er-Jahren zu einer langen Haftstrafe verurteilt.

Das Schicksal dieser und weiterer Familien hat der Stettiner Verein „Raum, Zeit, Identität“ jetzt öffentlich gemacht. Das Buch heißt „Du aber bleibst bei mir“. Es ist bereits das zweite publizistische Projekt, das der polnische Fotograf und Vereinsgründer Andrzej Lazowski initiiert hat. In einer ersten Buchreihe wurde die Geschichte kleiner und großer Orte im früheren Pommern auf Polnisch und Deutsch erzählt. Die zweite Reihe soll sich den Menschen widmen. Es ist der Versuch, eine sehr komplizierte Geschichte aufzuarbeiten. „Das geschieht wirklich im letzten Moment und ist umso bedeutsamer, da wir nicht viele Quellen für die Verstrickungen deutsch-polnischer Schicksale haben“, bewertet der polnische Historiker Jan Piskorski die neue Reihe.

Etwa 60 Millionen Menschen in Europa wurden während und nach dem Zweiten Weltkrieg umgesiedelt. „Man findet in Deutschland und Polen wohl kaum eine Familie, die nicht von Vertreibung, Evakuierung und Verschleppung betroffen ist“, meint der Historiker – und in und um Stettin bündelten sich die Probleme „wie in einem Brennglas“. So kamen 1945 Gruppen von Polen aus den unterschiedlichsten Gebieten in die Region, aus der Ukraine und sogar aus der Mandschurei.

In dem Buch schildern 13 Familien ihre Schicksale. Unterstützt wird Lazowskis Verein bei dem Projekt vom deutschen Journalisten Matthias Diekhoff und vom polnischen Ingenieur Edward Orlowski, der in Kiel gearbeitet hatte. (dpa)

www.cpt.org.pl; www.oderperle.de