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Wie schnell steht das Narrenhäusel?

Investor Frank Wießner drängt auf den Kaufvertrag für das Grundstück an der Dresdner Augustusbrücke. Er will das historische Narrenhäusel für 2,5 Millionen Euro wieder aufbauen.

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© Visualisierung: GHND e.V.

Von Juliane Richter

Wenn Bauunternehmer Frank Wießner es beeinflussen könnte, würde alles ganz schnell gehen. Im November hat er als Meistbietender den Zuschlag für das Grundstück an der Augustusbrücke erhalten, auf dem das historische Narrenhäusel wieder entstehen soll. Im vergangenen Stadtrat hat Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) erläutert, dass noch einige offene Punkte zu klären sind, bevor der Kaufvertrag unterschrieben werden kann. Ende des Jahres – nach einer weiteren Runde im Stadtrat – könnte es so weit sein, meinte er.

So sah das Narrenhäusel einst aus

Auf dieser Postkarte um 1900 ist das Narrenhäusel zu sehen.
Auf dieser Postkarte um 1900 ist das Narrenhäusel zu sehen.
Das Gebäude mit den zwei angedeuteten Rundtürmen wurde 1755 an der Augustusbrücke gebaut. Erbauen ließ es Joseph Fröhlich, der Hofnarr Augusts des Starken.
Das Gebäude mit den zwei angedeuteten Rundtürmen wurde 1755 an der Augustusbrücke gebaut. Erbauen ließ es Joseph Fröhlich, der Hofnarr Augusts des Starken.
Ab 1937 befand sich eine Gaststätte in dem Haus.
Ab 1937 befand sich eine Gaststätte in dem Haus.
Blick in den Garten des Narrenhäusels.
Blick in den Garten des Narrenhäusels.
Das Gebäude - hier auf einer Postkarte um 1935 - wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Der Name lebte aber zu DDR-Zeiten weiter, als sich dort in einem Flachbau eine Gaststätte befand.
Das Gebäude - hier auf einer Postkarte um 1935 - wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Der Name lebte aber zu DDR-Zeiten weiter, als sich dort in einem Flachbau eine Gaststätte befand.

Frank Wießner hofft, dass es schneller geht. Denn ohne gültigen Kaufvertrag kann er nicht planen. Auf die noch offenen Fragen habe er Antworten. Ein wichtiger Punkt ist der in der Ausschreibung für das Grundstück geforderte Fassadenwettbewerb. Auf den zeitintensiven Prozess möchte Wießner verzichten und stattdessen auf Grundlage historischer Ansichten das Narrenhäusel wieder aufbauen. Kürzlich hat er auch eine Ansicht für die zum Neustädter Markt hin liegende Rückseite gefunden. Allein ein kleiner, damals von einem anderen Haus verdeckter Bereich, ist nicht bekannt. Hier würde er sich bei der Gestaltung an den angrenzenden Gebäudeflächen orientieren. Den ebenfalls geforderten öffentlichen, behindertengerechten Fahrstuhl, der von der Augustusbrücke zum Untergeschoss des Narrenhäusels führen soll, hält Wießner für wartungsintensiv. Er würde ihn trotzdem bauen – stellt jedoch die Wartungskosten in den Raum. Auch die geforderten Parkplätze will er einplanen, genauso wie einen Zufahrtsweg von der Wiesentorstraße. Klärungsbedarf sieht er noch in der Aussage von Schmidt-Lamontain, dass das gesamte Haus etwas von der Brücke weggerückt werden soll.

Historische Aufnahmen zeigen, wie es vor der Zerstörung im Krieg etwa ein bis zwei Meter auf den Brückenfußweg geragt hat. „Dass Häuser auch mal etwas herausstehen, ist ein Merkmal schöner alter Städte“, meint Wießner. Doch das kollidiert mit der Meinung der Behörden, den Gehweg möglichst frei zu halten. Hinzu kommt, dass genau an jener Stelle der Brücke eine behindertengerechte Straßenbahnhaltestelle für die Linie 8 gebaut werden soll.

Obwohl vermutlich noch einige Abstimmungen mit den Behörden nötig sein werden, bereut Wießner das Projekt nicht. „Die Lage ist sensationell und mich überrascht immer wieder das Interesse der Bevölkerung.“ Ob er dort aus Prestigegründen baut, verneint er. Zudem weist er noch einmal darauf hin, dass er das Haus nach 60 Jahren kostenlos an die Stadt übertragen wird. Dann sei es definitiv abbezahlt.

Auf rund 2,5 Millionen Euro schätzt er die Gesamtkosten für Grundstückskauf und Bau. Doch wie geht das, bei einem viergeschossigen historischen Nachbau? Zum Vergleich: Das Pinguincafé im Zoo, ein formschöner, aber zweckdienlicher Flachbau, soll inklusive der Außenflächen bereits 1,6 Millionen Euro kosten. Wießner gibt sich zuversichtlich: „Das geht. Und das wird tipptopp. Mit Biberschwänzen, Holzkastenfenstern und Sandsteinfassungen.“ Da die vermietbare Nutzfläche des gesamten Hauses nur rund 500 Quadratmeter betragen soll, würden die Kosten im Rahmen bleiben. Wießner hat in Dresden bereits zahlreiche Gebäude realisiert, darunter viele Neubauten in Striesen oder zurzeit an der Uferstraße. Auch die Sanierung des Schlosses Übigau geht er nun mit zwei Partnern an. Ein historischer Nachbau dieser Dimension ist allerdings neu für ihn.

Für die Nutzung des Narrenhäusels gibt es bereits konkrete Ideen, die größtenteils auch durch die Ausschreibung des Grundstücks vorgegeben sind. So soll im Untergeschoss und dem Erdgeschoss wieder ein Restaurant einziehen. So, wie es vor der Zerstörung war. Gutbürgerlich, für ein breites Publikum, keine abgehobene Gastronomie. Das Restaurant sollen die Betreiber des benachbarten Augustusgartens übernehmen. Das bestätigt Chef Berthold Kalisch. In der Etage darüber entstehen vermutlich Büroräume. Ebenso wie für die Gaststätte habe sich Wießner hier nicht vor Anfragen retten können. Leere Büros gibt es in der Dresdner Innenstadt zur Genüge. „Aber die Aussicht, der Blick“, meint Wießner. Für die Ferienwohnungen eine Etage darüber rechnet er mit einer ähnlich großen Nachfrage. Zweifel am Erfolg des Projekts hat er nicht. Aber er will mit Bauen beginnen, solange die Zinsen niedrig sind. Am liebsten würde er in wenigen Wochen den Kaufvertrag unterschreiben, hätte noch in diesem Jahr die Baugenehmigung und könnte Anfang 2019 beginnen.

Die erneute SZ-Nachfrage bei Baubürgermeister Schmidt-Lamontain lässt vermuten, dass es ganz so schnell nicht klappen wird. Zwar glaubt er, dass die historische Fassade wieder aufgebaut wird. Allerdings müsse diese angepasst werden. Etwa seien größere Öffnungen für eine Gastronomie oder Normen für ein Belichtungskonzept zu beachten. „Außerdem muss die Nordfassade neu interpretiert werden, denn in der ursprünglichen städtebaulichen Konstellation schlossen an das Narrenhäusel in Teilen andere Gebäude beziehungsweise Gebäudeteile und eine Treppenanlage an“, sagt er. Die Stadt habe durchaus Interesse an einem zügigen Verfahren. „Gleichermaßen achten wir darauf, dass die Bedingungen aus der Ausschreibung eingehalten werden“, sagt er.