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Wie viel Geld bekommt eine Flüchtlingsfamilie?

Zum Beispiel die Sidos aus Syrien, die die SZ seit Wochen in Sachsen begleitet.

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Olaf Kittel

Das ist schon mal eine gute Nachricht: Rozan und Roshan Sido zeigen ihrer Sozialbetreuerin Marianne Sand den nagelneuen Dresden-Pass. Jetzt können sie zum ermäßigten Tarif von 44 statt 59 Euro im Monat Bus und Bahn fahren. Sie erfahren, dass sie, wie alle Inhaber eines solchen Passes, bei der Dresdner Tafel, im Sozialkaufhaus oder dem sozialen Möbeldienst einkaufen können und ermäßigte Eintrittskarten für Museen und den Zoo erhalten. Das hilft wirtschaften.

Eine solche Aufenthaltsgestattung ist ein Ausweis, den Asylbewerber nach zwei Wochen erhalten sollen. Roshan erhielt ihn gerade erst, ihr Mann wartet seit Herbst darauf.
Eine solche Aufenthaltsgestattung ist ein Ausweis, den Asylbewerber nach zwei Wochen erhalten sollen. Roshan erhielt ihn gerade erst, ihr Mann wartet seit Herbst darauf. © kairospress

Und sparsam wirtschaften muss Familie Sido. Marianne Sand rechnet noch einmal vor, was sie nun, nach dem Auszug aus der Flüchtlingsunterkunft, ab April für Leistungen erhält. Bisher waren es 30 Euro Taschengeld pro Erwachsenem in der Woche, für Kinder gab es 19 Euro. Im Heim erhielten sie also zusammen 98 Euro wöchentlich. Unterkunft und Verpflegung waren frei. Jetzt gelten für Familie Sido die Regelsätze nach Paragraf 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Danach erhält jeder Ehepartner 297 Euro, jedes Kind unter sechs Jahren 212 Euro im Monat. Macht für Familie Sido zusammen 1 018 Euro. Vorübergehend können sie ihre neue Wohnung mietfrei nutzen. Weitere Leistungen wie Kindergeld gibt es allerdings nicht. Asylbewerber sollen von diesen Leistungen, so schreibt es der Gesetzgeber vor, gerade so leben können.

Wie sie damit klarkommen, können Rozan und Roshan natürlich noch nicht sagen. In einigen Monaten, so viel ist schon sicher, werden sie wieder neu rechnen müssen. Jetzt wartet Rozan noch auf seine „Aufenthaltsgestattung“, die seine Ehefrau, aus welchen bürokratischen Gründen auch immer, schon hat. Das ist ein Ausweis für Flüchtlinge, den sie zum Beispiel brauchen, um ein Konto zu eröffnen. Mit diesem Ausweis könnten sie sich auch schon um Arbeit bemühen, brauchen dazu aber die Genehmigung der Ausländerbehörde, die prüfen muss, ob der Job nicht auch durch Deutsche besetzt werden kann. Irgendwann dieses Jahr müssten sie dann ihre dreijährige Aufenthaltserlaubnis bekommen. Die Chancen für die syrischen Kurden aus dem Kriegsgebiet von Aleppo sind gut. Damit sind sie dann anerkannte Flüchtlinge. Dann gelten für sie alle Regeln wie für jeden Hartz-IV-Empfänger. Dann dürfen sie sich auch selbst eine Arbeit suchen, müssen aber wieder raus aus ihrer Wohnung vom Sozialamt und sich eine eigene suchen. Das ist dann schon wieder ein neuer Anfang.

Die Zeit bis dahin sollten sie, empfiehlt Marianne Sand, gut nutzen. Rozan vermittelt sie einen Betreuer für Flüchtlinge im Jobcenter. Mit ihm kann der gelernte Elektriker schon mal seinen Einstieg in den Arbeitsmarkt diskutieren. Zunächst gibt es nichts Wichtigeres, als die deutsche Sprache zu lernen. Rozan soll, so schnell es geht, einen Integrationskurs besuchen, der für Syrer, Iraker, Eritreer und Iraner bereits vor der Asylanerkennung möglich ist. Also jene Nationalitäten, die die besten Aussichten besitzen. Hier lernen sie die Sprache, aber auch Grundlagen von Politik, Geschichte und allgemeine Regeln in Deutschland. Es ist ein täglicher Intensivkurs. Aber bis dahin werden wohl noch einige Wochen vergehen.

Jetzt schnell Deutsch lernen

Für Roshan mit ihren zwei sehr kleinen Kindern ist es schwieriger, einen geeigneten Kurs zu finden. Marianne Sand verspricht, einen „DAMF“-Kurs (Deutsch, Asyl, Migration, Flucht) zu suchen, der speziell für Mütter mit Kindern aufgelegt wird. Oder sie findet einen der seltenen Kurse am Nachmittag, wenn ihr Mann wieder zu Hause ist.

Roshan Sido interessiert sich sehr für die Gesundheitsvorsorge ihrer Kinder. Marianne Sand kümmert sich auch um die U-Untersuchungen für die kleine Revarozma und fragt nach bisherigen Impfungen für Kamal, der vor einem Jahr in der Türkei geboren wurde. Die hat er zum Glück dort bekommen. Beide Kinder sollen künftig im Kinderzentrum Friedrichstadt versorgt werden. Den Eltern erklärt die Sozialbetreuerin die Krankenbehandlungsscheine, die sie beim Arzt abgeben können. Kompliziertere Untersuchungen muss allerdings das Sozialamt genehmigen.

Ganz vorsichtig fragt Rozan dann noch nach dem Internet für seine Wohnung. Für Flüchtlinge ist eine kostengünstige Verbindung zu Freunden und Verwandten in der Heimat sehr wichtig. Aber für unsere Familie ist das schwierig, weil sie bald wieder raus muss aus der Wohnung und weil sie noch über kein Konto verfügen. Aber auch hier verspricht Marianne Sand, nach einer Lösung zu suchen. Sie kennt Beispiele anderer Flüchtlinge, da hat es irgendwie geklappt.

Und was hat unsere Flüchtlinge diese Woche noch bewegt? Rozan amüsiert, dass sie jetzt von Deutschen auf der Straße nicht nur erkannt, sondern sogar mit Namen angesprochen werden. Ihn belastet, dass seine Eltern und sein Bruder in Sachsen verstreut untergebracht wurden, sogar Mutter und Vater getrennt sind. Was sollen sie da nur tun? Die SZ wird nachfragen.

Alle Artikel über Familie Sido finden Sie gesammelt im Themenspezial „Von Syrien nach Sachsen“