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Wilde Kinder mit Talent

Die Grundschüler schauspielern, singen und spielen Instrumente. Ihr Programm reißt die Zuhörer mit. Ein neues Projekt startet.

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© Dietmar Thomas

Von Heike Heisig

Roßwein. Mit dem selbst erlassenen Springverbot geht es König Springinsglück gar nicht gut. Sein Hofstaat sieht dem kränkelnden Monarchen traurig zu. Und auch aus dem Publikum sind Dutzende Augenpaare auf Levin Rettig gerichtet, die Mitgefühl ausdrücken. Levin und seine Mitschüler aus der Klasse 4 a der Grundschule am Weinberg bringen am Mittwochabend ein Barock-Singspiel auf die Bühne im Ratssaal. Der hat für die Aufführung sogar einen Theatervorhang bekommen. Zwei der Schüler sitzen an Tonband und Lichtschalter, kümmern sich um das rechtzeitige Einspielen von Stücken auf historischen Instrumenten wie Cembalo oder Zink sowie darum, dass alle Darsteller im Licht zu sehen sind.

Die Aufführung eines solchen Stückes hat Premiere an der Grundschule. Ansonsten haben die Mädchen und Jungen zum Schuljahresende immer ein „Best of the year“ gezeigt. Diesmal ist es ein wenig anders, schon wegen des Flairs im Ratssaal. Das passt prima zu dem Stück, das mit „Es war einmal vor langer Zeit ein guter und weiser König...“ beginnt. Der Regent hatte unheimlich viel zu tun, war also ein Workaholic, wie die Ärzte heute diagnostizieren würden. Er gönnte sich nur wenig Entspannung, und zwar indem er abends auf seinem Bett hüpfte. Weil sich das nicht schickte, wurde er zu einem Hüpfverbot gedrängt. Das ließ ihn krank werden. Sein vermeintlich letzter Wunsch lautete: „Ich will nochmal hüpfen“.

Fortan verbesserte sich der Zustand des Königs sekündlich, er hob sein eigenes Verbot auf und die Freude darüber scheint in Publikum überzuspringen. Das war schon am Vormittag so, als die übrigen Grundschüler in den Zuschauerreihen saßen.

Viel Applaus

Viel Applaus folgt und den bekommen nach einer kurzen Umbaupause auch die Mitglieder der Schulband „wild kids“ (wilde Kinder) und ihr Begleitchor. Schon beim ersten Song von Sängerin Fabienne Landsdorf bekommen die Zuhörer Gänsehaut, bei „Hello“ von Adele wiederholt sich das. Musiklehrer Maik Oyen kennt das. Genauso ging es ihm, als Fabienne zu ihm gekommen ist, um das Lied einfach mal vorzutragen. Begeistert bringt das Mädchen Freunde mit, die teilweise Instrumente spielen. Die Grundausstattung für eine Band bringt der Lehrer von seinem Sohn daheim mit. Die Gruppe wächst – und plötzlich gibt es auch einen Chor, indem sogar mehrere Jungs begeistert mitmachen. „Sie haben die Band proben gehört und wollten dabei sein“, erzählt der Musiklehrer, wie das große Ensemble sozusagen durch Zufall zusammengekommen ist.

Das Barock-Singspiel, das Oyen für die Musikpädagogik-Zeitschrift „Grundschule Musik“ nach dem Stück „König Hupf“ von Helme Heine umgeschrieben hat, haben er und seine Kollegin Annett Starke mit den Schülern einstudiert. Dafür nutzten die Lehrer den Deutsch- und Musikunterricht, aber auch mehrere Projekttage. Bei den Aufführungen vor den Mitschülern und am Abend vor Eltern und weiteren Roßweinern kristallisiert sich manches Schauspieltalent heraus. Nicht nur der König überzeugt, auch seiner Gemahlin scheint die Rolle auf den Leib geschrieben zu sein.

Von den Laiendarstellern verabschiedet sich die Grundschule jetzt. Einige der Bandmitglieder kann Maik Oyen noch ein Jahr musikalisch unter seine Fittiche nehmen. Die Band soll teilweise auch mit neuen Mitgliedern als Ganztagsangebot weiterbestehen. Die Bassgitarre mit Verstärker, die dafür benötigt wird, kann der Musikpädagoge schon fast bestellen. Statt Eintritt zu zahlen, hat das Publikum dafür gespendet.