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Windpark im Vogelschutzgebiet?

Zehn riesige Windräder sollen bei Zschorna gebaut werden. Ebersbach ist dafür. Aber die Wildgänse haben hier ihre Einflugschneise.

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Von Birgit Ulbricht

An der Einflugschneise tausender Wildgänse könnte ein Windpark mit zehn 140 Meter hohen Windrädern gebaut werden. Ausgerechnet am Zschornaer Großteich, dem größten europäischen Vogelschutzgebiet weit und breit, soll sich die Windkraft ihren Weg im Großenhainer Land bahnen. Bislang gibt es im Großenhainer Land kein einziges Windrad. Die von Röhrsdorf oder Streumen sind zwar weithin zu sehen. Doch frühere Vorstöße, zum Beispiel in Weißig a.R. oder Thiendorf ein solches Windrad aufzustellen, schlugen zunächst fehl. Weil sie noch zu einer Zeit kamen, in der mehr Argumente gegen die Giganten ins Feld geführt wurden als dafür. Das hat sich grundlegend geändert. Mit dem Atomausstieg kann der Landkreis die Windkraft nicht mehr derart außen vor lassen wie bisher. Bei der gestrigen Regionalkonferenz des Planungsverbandes Elbtal in Weinböhla wurde das deutlich. Die Hürden für den Bau solcher Windkraftanlagen werden gesenkt, wenn nicht gar fallen. Das bedeutet im Zweifelsfall geringere Abstände zu Wohnhäusern, höhere Belastungen durch blinkende Rotoren, Infraschall und Rauschen. Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zählt möglicherweise nicht mehr. Zumindest auf dem Land. Und so locken Windkraft-Betreiber Landeigner in Wildenhain, Strauch und Stroga schon mit Verträgen. Ob dort Anlagen entstehen, hängt davon ab, ob die Genehmigungen dafür erteilt werden.

Dass in Thiendorf am Gewerbegebiet ein Windrad kommt, gilt als nahezu sicher, nachdem der Gemeinderat dort schon zugestimmt und der Planungsverband Wohlwollen signalisiert hat.

Grünes Licht gab am Mittwochabend auch in Ebersbach. Denn der Standort bei Zschorna befindet sich auf Röderner Flur und gehört damit zur Gemeinde Ebersbach. Die hat Interesse an einem Windpark und möchte den Betreiber Sachsenkraft GmbH in die Gemeinde holen, um Steuern einzunehmen. Doch wo sollen die Windräder nun genau stehen? So klar ist das noch nicht. Auslöser des Ganzen ist aber der Vorstoß der Geflügelfarm „Waldrose“ von der Spreenhagener Vermehrungsbetrieb für Legehennen GmbH. Die Brandenburger wollen auf dem Gelände der ehemaligen KIM die Rotoren aufstellen. Begründung: Der Ammoniakausstoß des Hühnerbetriebs greife die Bäume an. Eine Verwirbelung der Luft verbessere deren Zustand.

Lutz Krause aus Schönfeld, dem 300 Hektar der Röderner Heide gehören, ist begeistert von der Idee. Er will den Windkraftbetreibern Wald verkaufen. Wie viel Bäume gefällt werden müssten, bleibt offen. Der Zschornaer Förster Henry Thielsch-Sachse zeigte sich gestern völlig perplex angesichts der Pläne, mitten im Wald einen Windpark mit 140 Meter hohen Türmen zu errichten. Zum Vergleich: Der Schornstein von Kronospan Lampertswalde ist 96 Meter hoch.

Wird das ein Fall fürs Gericht?

Bisher war es in Sachsen verboten, im Wald solche Anlagen zu errichten. Ob dieses Verbot fällt, wird letztlich auch nicht ein regionaler Planungsverband, sondern der Bund entscheiden, glauben viele Bürgermeister. Ob der Status „Europäisches Vogelschutzgebiet“ einen besonderen Schutz nach sich zieht, werden vielleicht Gerichte zu entscheiden haben.

Ornithologe Dr. Peter Hummitzsch aus Radebeul, der seit 1968 das Zschornaer Teichgebiet als Vogelwart betreut, kann sich jedenfalls nicht vorstellen, dass tausende von Zugvögeln unbeschadet durch Rotoren hindurch fliegen. Die Schwärme, die er vor zwei Wochen beobachtet hat, kamen genau aus Richtung „Waldrose“.