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„Wir gehen hin, und nichts passiert“

Bundeswehr. Die schwarz-rote Regierung will Soldaten in den Kongo entsenden.

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Von Sven Siebert,Berlin

Die Bundesregierung ist entschlossen, deutsche Soldaten in den Kongo zu entsenden. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte gestern, die Europäische Union dürfe den Kongo in einer schwierigen Phase des Übergangs und bei den ersten freien Wahlen seit 45 Jahren nicht allein lassen. „Aus meiner Sicht werden wir uns den europäischen Anstrengungen nicht verweigern können“, sagte Steinmeier.

Deutsche Interessen

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) erklärte, es gehe im Kongo „auch um zentrale Sicherheitsinteressen Deutschlands“. Wenn es nicht gelinge, den Unruheherd Kongo zu befrieden, „werden wir es mit einem großen Flüchtlingsproblem in ganz Europa zu tun bekommen – möglicherweise noch dramatischer als beim Bosnienkrieg“. Zudem seien „in der rohstoffreichen Region“ auch wirtschaftliche Interessen Deutschlands berührt.

Die Demokratische Republik Kongo – früher Zaire, beziehungsweise Belgisch-Kongo – wird seit Jahren von einem blutigen Bürgerkrieg erschüttert, dem Schätzungen zufolge mehrere Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind. Für den 18. Juni sind Wahlen geplant, zu deren Absicherung zusätzliche Truppen in das Land in der Mitte Afrikas entsandt werden sollen.

Die Planungen sind bereits fortgeschritten. Die EU will sich mit 1 500 Soldaten beteiligen. Sie sollen die UN-Blauhelmtruppe „Monuc“ unterstützen, die nach eigenen Angaben die Sicherheit in der Hauptstadt Kinshasa nicht gewährleisten kann. In der Hauptstadtregion am Kongo-Fluss leben rund zehn Millionen Einwohner.

Deutschland ist bereit, ein Drittel der EU-Truppe zu stellen. Allerdings werden die meisten der rund 500 Bundeswehrsoldaten den Kongo niemals betreten. Jedenfalls, wenn alles gut geht.

Bisher ist vorgesehen, dass 20 Deutsche im Hauptquartier in Kinshasa im so genannten Taktischen Kommando eingesetzt werden. Ebenfalls dorthin verlegt werden sollen 80 Fernmelder. 100 Fallschirmjäger für den Ernstfall werden im Nachbarland Gabun stationiert. 70 bis 80 Männer und Frauen dienen auf dem Einsatzgruppenversorger, einem Schiff, vor der afrikanischen Küste. Das Operative Kommando mit 50 Deutschen bleibt in Potsdam. Weitere 200 bis 250 Soldaten in Deutschland können im Notfall schnell nach Kinshasa verlegt werden. Die europäische Präsenz soll in der Stadt für Ruhe sorgen. Für die deutsche Seite sieht das wahrscheinlichste Szenario so aus: „Wir gehen hin, nichts passiert, und wir gehen vier Monate später wieder raus.“

Zehn Länder dabei

Anfang kommender Woche sollen andere EU-Staaten ihre Beteiligung melden. Mehr als zehn Länder werden voraussichtlich insgesamt 500 Soldaten stellen. Um die Zusammensetzung der Truppe hatte es erhebliche Auseinandersetzungen gegeben. Frankreich hatte zunächst versucht, eine „EU-Kamftruppe“ für den Einsatz einzuteilen, die praktisch ausschließlich aus Deutschen besteht. Und der EU-Außenbeauftragte Solana wollte Deutschland das Hauptquartier und damit die gesamte Verantwortung übertragen. Dagegen regte sich in beiden deutschen Regierungsfraktionen Widerstand. Eine Zustimmung zur jetzigen Mission gilt hingegen als sicher. Der Bundestag stimmt voraussichtlich Anfang Mai über den Einsatz ab.