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„Wir müssen darüber reden, wie man im Dorf alt werden kann“

Der Gemeindechef will mit Bürgern und Experten übers Seniorenleben auf dem Land sprechen. Die SZ hat ihn vorab dazu befragt.

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Hannes Clauß ist Bürgermeister der Gemeinde Wülknitz. Der 59-Jährige ist parteilos.
Hannes Clauß ist Bürgermeister der Gemeinde Wülknitz. Der 59-Jährige ist parteilos. © Sebastian Schultz

Herr Clauß, die Veranstaltung ist als „Lasst die Alten im Dorf“ betitelt. An wen richtet sich dieser Appell?

Ich würde es nicht Appell nennen, eher eine Überlegung, ob das auch möglich ist.

Das müssen Sie genauer erklären.

Es gibt zwar auf dem Land nach wie vor die traditionellen Strukturen. Aber die lösen sich schon seit mehreren Jahren auf. Viele aus der jungen Generation verlassen die Dörfer und ziehen in die großen Städte. 

Die ältere Generation bleibt zurück, oft einsam. Viele Ältere gehen dann irgendwann ins Pflegeheim, das aber in der nächsten Stadt liegt. Damit werden sie aber aus ihrem gewohnten sozialen Umfeld herausgerissen. 

Daraus ergibt sich der Leitgedanke für den Abend: Welche Möglichkeiten des Altwerdens im Dorf gibt es, wenn traditionelle Familienstrukturen nicht mehr da sind und wenn das eigene Haus oder der eigene Hof nicht mehr bewirtschaftet werden kann?

Das klingt, als würde sich der Abend an die Alten von morgen richten.

Ja. Es geht auch um meine Generation, die jetzt um die 60 ist. Es ist ja auch in meiner Familie so, dass die Kinder weggezogen sind und man sich Gedanken macht, wie es in den nächsten Jahren weitergehen wird. Ich weiß, so geht es auch anderen.

Bei der Veranstaltung spricht die Pflegekoordinatorin des Kreises. Nun ist das Zielpublikum des Abends aber nicht unbedingt pflegebedürftig. Warum diese Referentin?

Die Aufgaben der Pflegekoordinatorin sind vielfältiger, als der Name vermuten lässt. Sie hat vor einiger Zeit vor den Bürgermeistern darüber gesprochen, was durch die demografische Entwicklung besonders im ländlichen Raum passiert und was vorm Hintergrund dessen getan werden muss. Da geht es um Ideen wie Alltagsbegleitung oder Senioren-WGs. Das hat zur Anregung geführt, das auch vor Ort in der Gemeinde zu diskutieren.

Bleibt denn dafür Zeit?

Es soll auf jeden Fall die Möglichkeit zum Diskutieren geben. Ich hoffe deshalb, dass viele Bürger kommen. Formal ist die Veranstaltung eine Ratssitzung. Im Gegensatz zu sonst gibt es aber nur ein Thema. 

Nach dem etwa halbstündigen Vortrag der Pflegekoordinatorin zu Beginn soll es einen offenen Austausch geben. Das Ganze ist also eher als Bürgerversammlung und Informationsveranstaltung angelegt. Zumal ich hoffe, dass auch noch weitere Experten da sein werden. Eingeladen habe ich mehrere.

Wen zum Beispiel?

Da noch Rückmeldungen ausstehen, möchte ich jetzt keine Namen nennen. Allgemein gesprochen handelt es sich um kompetente Leute aus der Gesundheits- und Pflegebranche. 

Es geht ja bei dem Thema auch um Fragen wie: Gibt es jemanden, der in Seniorenwohnungen auf dem Land investieren würde? Was können Pflegedienste oder Physiotherapien leisten? Das kann man am besten besprechen, wenn Experten mit am Tisch sitzen. Eingeladen habe ich auch einen Vertreter vom Elbe-Röder-Dreieck, der über Fördermöglichkeiten für altersgerechte Umbauten informiert.

Was erhoffen Sie sich von dem Abend?

Dass ein Bewusstsein für das Thema entsteht. Das Ganze hat ja sehr viele Facetten, es gibt nicht die eine Lösung für alle. Wie es nach dem Abend weitergeht, muss man sehen. Denkbar wäre, dass der Gemeinderat eine Arbeitsgruppe gründet, die sich weiter mit dem Thema befasst. Das ist aber kein Muss.

Es fragte: Eric Weser.

Der Veranstaltung „Lasst die Alten im Dorf“ findet Montag, 4. März, ab 19.30 Uhr im Mehrzweckraum am Wülknitzer Sportplatz statt.