Merken

„Wir sind keine Aufschneider“

We Salute You bezeichnen sich als weltgrößte AC/DC-Tributshow. Zu Recht? Die SZ sprach mit Bandleader Baba Heil.

 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Baba Hail ist Bassist und Bandleader bei der AC/DC-Tributband We Salute You.
Baba Hail ist Bassist und Bandleader bei der AC/DC-Tributband We Salute You. © Sascha Reitz

Riesa. Bingen am Rhein ist mit etwas über 25 000 Einwohnern ein gutes Stück kleiner als Riesa. Hier hat sich vor nicht einmal anderthalb Jahren „We Salute You“ gegründet. Trotzdem steckt jede Menge Erfahrung in der AC/DC-Tributband, sagt Bandleader Baba Hail. Im Interview mit der SZ verrät der 50-Jährige, warum seine Gruppe eine besondere Beziehung zum Osten hat und weshalb We Salute You anders ist als andere Coverbands.

Baba Hail, Sie bezeichnen sich selbst als „World’s Biggest Tribute to AC/DC“. Ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen?

Das stimmt! Ich bin im Grunde genommen auch kein Freund von solchen Statements. Es war so, dass ich selbst – wie alle anderen auch – bei Barock gespielt hab, die sich selbst als Europas größte AC/DC-Tributshow bezeichnet. Uns war das unangenehm, weil es nicht stimmte. Es gibt tatsächlich mehrere Bands, die mehr Aufwand betreiben als Barock. Im Laufe der Zeit haben wir aber gemerkt, dass den Leuten und auch der Presse diese Betitelung immer wichtig war. Also haben wir gesagt: Wir machen Nägel mit Köpfen und machen jetzt wirklich die größte Show.

Was heißt das?

Es geht um eine gewisse Materialschlacht, das darf man nicht verleugnen. Aber AC/DC liefert natürlich die Steilvorlage. Die haben auch immer sehr viel Aufwand betrieben, was die Show anging. Während manche Tributband zwei Kanonen mitbringt, bei Barock waren’s acht, fahren wir die kompletten 21. Das ist im Prinzip auch nicht mehr groß aufholbar, weil die dann auch noch hydraulisch hochgefahren werden. Allein das Groundsupport dafür erfordert schon einen Lkw, der bei den anderen für die komplette Produktion ausreicht. In Zahlen könnte man’s messen: Für We Salute You sind ein 40-Tonner, ein 7,5-Tonner und zwei große Sprinter unterwegs. Also: Wir sind keine Aufschneider.

We Salute You haben sich erst 2017 formiert, vier Monate nach der Gründung haben Sie das erste Konzert gespielt. Wie ging das so schnell?

Es war ein Kraftaufwand, eine enorme Energieleistung. Ab dem Tag X musste alles entschieden sein. Die Schwierigkeit war dabei nicht, sofort zu starten – spielen konnten wir ja schon. Wir mussten uns nur noch den fünften Mann dazu holen, der aber genau so ein großer AC/DC-Fan ist wie wir. Aber das ganze Projekt musste geplant werden, die Kanonen gebaut. Das größte Problem ist eigentlich, dass alle Hallen schon belegt sind. Deshalb haben wir uns erst mal über kleine Hallen einen Namen erspielt. Premiere war in Roxheim, ein Ort bei Bingen. Nächstes Jahr müssen wir dann gar keine Rücksicht mehr nehmen.

Wie kam eigentlich Ihre Verbindung zu AC/DC zustande?

Es gab für Barock sehr aufwendige Auditions. Der ehemalige Bandleader wollte auf jeder Position die Besten haben. Wir sind dann das, was nicht durchs Sieb gefallen ist. Wir haben alle einen AC/DC-Background, der bis in die Kindheit zurückgeht. 

Was reizt Sie musikalisch an der Band?

Die Energie, die man freilässt. Viele Leute, die keinen Bezug zu Rock oder Hardrock haben, stecken AC/DC in die simple Abteilung. Aber wenn man das durchleuchtet, jenseits von „Highway to Hell“, stellt man fest: Das ist clever komponiert, sodass das eine unglaubliche Energie freisetzt. Bei komplizierter Rockmusik geht das verloren. Hier ist das auf den Punkt gebracht, fast jeden Song, das schiebt ohne Ende. Zwei Stunden auf die Glocken, da gibt’s kein Luftholen.

Was ist denn die größte Schwierigkeit, wenn man die Musik von AC/DC covert?

Im Grunde genommen gibt es zwei Punkte, an denen man gemessen wird: Das ist immer der Part des Angus Young und der des Sängers. Hundert Prozent das Original zu treffen, ist sowieso schwierig. Es gibt Gitarristen, die bekommen das musikalisch hin, dann gibt es viele, vielleicht noch mehr, die kriegen das optisch gut hin. Idealerweise kriegt man beides hin. Das schafft der Nick sehr gut. Es gibt Videos, da hat er als Zwölfjähriger gemeinsam mit Erwachsenen gespielt. Da wusste man schon, das wird was. Und der Grant Foster galt schon jahrelang als der beste Brian Johnson. Er kommt auch gerne, weil die Coverszene anders gehandelt wird als bei uns. In England füllt man mit einer Coverband keine großen Hallen. Die sind den Originalkünstlern vorbehalten.

Hierzulande hat man dagegen den Eindruck, es gebe immer mehr große Coverband-Projekte. Woran liegt das?

Es könnte damit zusammenhängen, dass es immer mehr Musiker gibt. Man kann heute in jeder Kleinstadt Musik studieren. Ich finde das toll. Aber hinten raus kommen jede Menge Musiker. Ich weiß, wie schwierig es ist, mit eigener Musik einen eigenen Stand zu kriegen. Ich schreibe auch Lieder für andere und kenne das Problem: Die Musik wird durch die Masse selten gewürdigt. Da kann ich den Weg zur Covermusik nachvollziehen. Ob man das so exzessiv betreibt wie wir, sei dahingestellt.

Am 19. Januar sind Sie in Riesa. Was wissen Sie denn schon über die Stadt?

Ich habe eine Zeit lang parallel eine Werbeagentur gehabt. Als die Grenze sich öffnete, war im Osten ein wahnsinniger Bedarf an Konzerten. Damals gab es ja noch kein Internet, da musste man um eine Veranstaltung zu bewerben, sich ins Auto setzen und vor Ort mit dem Veranstalter reden. Was ich sagen will: Ich kenne jede Stadt, auch Riesa. Ich war auch da, als die Straßen noch nicht so schön waren. Was ich sagen kann, ist, dass mir der Typ des Menschen, der im Osten groß geworden ist, extrem liegt. Als die Frage kam, ob wir in die Sachsenarena gehen, habe ich keine Sekunde gezögert. Unser persönlicher Bezug als Band ist aber ein anderer: Wir haben schon seit der Gründung einen Fanclub und dessen Vorsitzender wohnt in Dresden. Der freut sich schon wie Bolle, dass wir in seiner Nähe spielen.

Gespräch: Stefan Lehmann

Vier der fünf Bandmitglieder spielten vorher schon zusammen in einem anderen Bandprojekt.
Vier der fünf Bandmitglieder spielten vorher schon zusammen in einem anderen Bandprojekt. © Stefan Rebscher