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Kehrtwende bei Galeria: Kaufhaus in Leipzig bleibt erhalten

Nach Zugeständnissen der Vermieter nimmt der Warenhauskonzern Galeria Kaufhof Karstadt den Standort Leipzig von der Streichliste. Auch ein zweiter ostdeutscher Standort darf aufatmen.

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Die Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof in Leipzig soll erhalten bleiben.
Die Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof in Leipzig soll erhalten bleiben. © Jan Woitas/dpa

Essen/Leipzig. Galeria Karstadt Kaufhof wird fünf Warenhäuser weniger schließen als noch zu Wochenbeginn angekündigt. Dank weiterer Zugeständnisse der Vermieter blieben die Warenhäuser in Bayreuth, Erlangen, Oldenburg, Rostock und Leipzig erhalten, sagte ein Unternehmenssprecher am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahl der geplanten Filialschließungen bei Deutschlands letztem großen Warenhauskonzern verringert sich damit auf 47. Die Zahl der fortgeführten Häuser steigt auf 82.

Oberbürgermeister Burkhard Jung: "Es war kaum zu erklären, warum eine Filiale, die schwarze Zahlen schreibt, schließen soll - und dies in einer der belebtesten Innenstädte Deutschlands. Man habe die zurückliegenden Tage für Gespräche genutzt - offenbar mit Erfolg. "Am Ende haben sich beide Partner bewegt; davon profitieren die Beschäftigten, die Unternehmen und die Stadt Leipzig", sagt Jung.

Auch von anderer Seite hatte es zuletzt ermutigende Signale für die Beschäftigten gegeben. Der Geschäftsführer der Modekette Aachener, Friedrich-Wilhelm Göbel, sagte der dpa, er habe Interesse an mehreren von der Schließung bedrohten Standorten. Es gebe momentan keine vertragliche Regelung mit Galeria, aber beidseitig unterschriebene Verträge mit Vermietern, sagte der Manager. Diese greifen demnach, sobald eine Kündigung von Galeria eingeht - was bislang aber noch nicht passiert sei.

Göbel versprach, man werde "allen Mitarbeitern der betroffenen Filialen ein Angebot machen, für uns zu arbeiten. Ohne Ausnahme." Zur Anzahl der Häuser, die zu Aachener-Filialen werden sollen, sagte Göbel: "Ich glaube, es werden zehn. Es könnten auch 25 werden." Seiner Aussage nach geht es um Filialen in ganz Deutschland. Aachener betreibt bislang sieben Filialen in Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Göbel war vorher Chef der Modekette Sinn.

Der Verdi-Landesbezirk Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen begrüßt die Entscheidung der Unternehmensleitung, die Galeria Filiale in Leipzig nicht zu schließen. "Unsere Gespräche mit der Stadt Leipzig und mit Verantwortlichen aus der Landes- und Bundespolitik haben erheblich zu diesem Erfolg beigetragen", so Verdi-Landesfachbereichsleiter Torsten Furgol.

Galeria hatte am Montag angekündigt, 52 der zuletzt noch 192 Warenhäuser zu schließen. Auch tausende Arbeitsplätze sollen im Zuge des laufenden Insolvenzverfahrens gestrichen werden.

Der Warenhauskonzern hatte Ende Oktober die Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland. Der Gesamtbetriebsrat machte allerdings auch Managementfehler mitverantwortlich für die Krise des Konzerns.

Nach den Plänen des Warenhauskonzerns sollen die verbleibenden Filialen in den kommenden drei Jahren allesamt umfassend modernisiert werden. In Zukunft will sich der Konzern bei seinem Angebot vor allem auf die Bereiche Bekleidung, Schönheitspflege und Wohn-Accessoires konzentrieren. Bei der Gestaltung ihres Sortiments sollen die Filialen außerdem mehr Eigenständigkeit erhalten. Mit Blick auf das geplante Maßnahmenpaket sagte Galeria-Chef Miguel Müllenbach: "Das Warenhaus in Deutschland hat damit eine Zukunft." Allerdings muss vor dem Neustart noch die Gläubigerversammlung am 27. März in Essen grünes Licht dafür geben. Lehnt sie den Insolvenzplan ab, droht dem Unternehmen das sofortige Aus.

Auch Dresden muss sich bewegen

Sachsens andere Warenhäuser waren nicht von Schließungs-Plänen betroffen: Schon im Dezember wurde das Chemnitzer Warenhaus an Höffner-Eigentümer Kurt Krieger verkauft. Wie die Freie Presse berichtet, gehört Chemnitz zu den 77 Standorten, die in Zukunft weiterbetrieben werden sollen. "Wir haben nun Klarheit. Galeria Chemnitz gehört zum Fortführungs-Portfolio", wird Torsten Dunkelmann, Chef der Chemnitzer Galeria Filiale, zitiert.

Neueigentümer Krieger äußerte sich konkret zur Zukunft des Hauses in Chemnitz und zu seinen Plänen. Wie die Freie Presse berichtet, verhandelt Kurt Krieger, Chef der Unternehmensgruppe, zu der die Möbelkette Höffner gehört, "seitdem jede Woche einmal über die zukünftige Nutzung des Gebäudes". Es gebe aber noch kein endgültiges Ergebnis.

Nach dem Bericht wird Galeria etwa zwei Drittel des Erdgeschosses sowie die erste und zweite Etage weiter betreiben. Für die oberen Geschosse sei man auf der Suche nach neuen Nutzungsmöglichkeiten, zitiert die FP Krieger. Zudem sei geplant, Platz für zwei weitere Restaurants im Erdgeschoss einzurichten. "Wir wollen, dass ein Erlebnisplatz mitten in Chemnitz entsteht", sagte der Immobilieninvestor zur FP.

"Und wir sind optimistisch, dass uns das gelingt." Für die Umstrukturierung des Gebäudes muss das Warenhaus voraussichtlich für etwa einen Monat Bauzeit geschlossen werden. "Über den idealen Zeitpunkt sind wir noch in Gesprächen mit Galeria", sagte Krieger.

Auch die Dresdner Galeria-Filiale bleibt erhalten. Sie ist nach derzeitigem Stand nicht von Schließungsplänen betroffen. Was sich hier jedoch in Zukunft ändern muss, um dauerhaft profitabel zu bleiben, hat ein Wirtschaftsexperte gegenüber Sächsische.de erläutert.

Diese Warenhäuser schließen

Diese Warenhäuser schließen, der Überblick:

Zum 30. Juni 2023 sollen schließen:

Celle, Coburg, Cottbus, Duisburg Düsseldorfer Straße, Erlangen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamburg-Harburg, Hamburg-Wandsbek, Leverkusen, München-Bahnhof, Neuss, Nürnberg Königstraße, Nürnberg-Langwasser, Offenbach, Paderborn, Regensburg Neupfarrplatz, Saarbrücken am Bahnhof, Siegen, Wiesbaden Kirchgasse.

Zum 31. Januar 2024 schließen:

Berlin-Charlottenburg, Berlin-Müllerstraße, Bielefeld, Braunschweig, Bremen, Darmstadt am weißen Turm, Dortmund, Düsseldorf Schadowstraße, Essen, Esslingen, Frankfurt Zeil, Hanau, Heidelberg Bismarckplatz, Hildesheim, Kempten, Krefeld, Leonberg, Limburg, Lübeck, Mönchengladbach, Pforzheim, Reutlingen, Rosenheim, Schweinfurt, Siegburg, Stuttgart-Eberhard-Straße, Viernheim-RNZ, Wuppertal.

Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals in einem Mitarbeiterbrief die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland. Der Manager ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass die erneute Sanierung mit erheblichen Einschnitten in das Filialnetz und einem deutlichen Stellenabbau verbunden sein würde.

Unternehmen muss "kleiner und dezentraler" werden

Es ist bereits der zweite Versuch, den Handelsriesen durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4.000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.

Bereits Anfang 2021 und Anfang 2022 noch einmal musste der geschrumpfte Handelsriese angesichts der Pandemie um staatliche Unterstützung bitten. Insgesamt griff der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Traditionsunternehmen in zwei Hilfsaktionen mit 680 Millionen Euro unter die Arme - ohne Erfolg.

Der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz, der auch schon das erste Schutzschirmverfahren als Sanierungsexperte begleitet hatte, zeigte sich zuletzt zuversichtlich, dass es dank des zweiten Schutzschirmverfahrens noch eine Perspektive für den Warenhauskonzern gebe. "Ich bin davon überzeugt, dass die Galeria-Warenhäuser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Form", betonte der Sanierer in einem Interview.

Der Handelsriese müsse dafür allerdings kleiner und dezentraler werden. Galeria werde hoffentlich "in drei Kalenderjahren" wieder Gewinn machen. Vorher fielen wegen der Umstrukturierungskosten etwa für Umbauten sicher weitere Verluste an. (dpa)