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Wo Schwalben willkommen sind

Den eleganten Fliegern fehlt es an Nistmöglichkeiten. Der Nabu ehrt Grundstücksbesitzer, die ihnen Obdach gewähren.

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© Manfred Müller

Von Manfred Müller

Naundorf/Grödel. Gleich nach dem Weißstorch sind Schwalben wohl die Lieblingsvögel der Sachsen. Für viele allerdings nur aus der Ferne. Denn wo Schwalben nisten, machen sie Dreck. Und kaum jemand räumt gern in regelmäßigen Abständen Vogelkot weg oder freundet sich mit den Hinterlassenschaften dauerhaft an. Umso dankbarer sind die Naturschützer, wenn sich doch jemand dazu durchringt, den eleganten Fliegern ein Obdach zu gewähren. „In den letzten Jahren stellen wir einen stetigen Rückgang der Schwalbenbestände fest“, erklärt Lutz Runge vom Nabu-Regionalverband „Großenhainer Pflege“. Deshalb startete der Nabu Sachsen vor zwei Jahren gemeinsam mit der Landesstiftung für Natur und Umwelt die Aktion „Schwalben willkommen“. Wer auf seinem Grundstück ordentliche Brutbedingungen für die Vögel schafft, bekommt eine Plakette fürs Hoftor und dazu eine Urkunde verliehen.

Die Kleinen sind putz und munter und freuen sich über ihr warmes Nest.
Die Kleinen sind putz und munter und freuen sich über ihr warmes Nest. © Manfred Müller

Die Ursache für das Verschwinden der Schwalben liegt zum einen im Rückgang der individuellen Tierhaltung. Wo es keine Ställe und Misthaufen gibt, gedeihen kaum Fliegen, und die bilden neben Mücken und Blattläusen die Hauptnahrung der Tiere. Der zweite, drastischere Grund sind die baulichen Veränderungen auf dem Lande. Die meisten Dorfbewohner haben ihre Häuser hübsch hergerichtet und dulden unter der Dachrinne keine Gäste mehr. Denn die lassen ihren Kot vom Nestrand fallen, und meistens bekommt dabei die Hauswand ein paar Spritzer ab. Bringt man unter den Nestern Auffangbretter an, bauen sie im nächsten Frühjahr womöglich an anderer Stelle. „Es gab schon Fälle, wo bei der Sanierung die Nester mitsamt den Jungen heruntergeschlagen wurden“, sagt Lutz Runge. Mittlerweile aber haben viele Grundstücksbesitzer ihre Sommergäste schätzen gelernt und bieten ihnen an weniger exponierten Stellen Asyl.

Für Birgit und Klaus-Peter Konefol ist ein bisschen Schwalbenkot überhaupt kein Problem. Auf ihrem Grundstück in Naundorf bei Ortrand nisten die Tiere im ehemaligen Pferdestall. Der dient inzwischen als Lagerraum, und ein paar Kleckse auf der Werkbank oder auf dem Boden können die Hauseigentümer verschmerzen. „Die Rauchschwalben sind schon seit meiner Kindheit hier“, sagt Klaus-Peter Konefol. Damit sie ungestört aus- und einfliegen können, bleiben Türen im Nebengebäude tagsüber offen. Bis zu zehn Nester haben die kleinen Segler in Stall und Schuppen schon gebaut. In guten Jahren zogen sie darin dreimal Nachwuchs auf. In dieser Brutsaison allerdings nur zweimal. Es fliegen einfach zu wenige Insekten herum, um all die kleinen Schnäbel zu stopfen. Über die Ursachen wird derzeit noch gerätselt, aber der Verdacht fällt vor allem auf die Pflanzenschutzmittel, die in der Landwirtschaft verwendet werden. „Wir wollen, dass die Schwalben jedes Jahr wiederkommen“, sagt Birgit Konefol. „Es ist so schön, wenn sie am Abend vorm Haus in einer langen Reihe auf der Stromleitung sitzen und zwitschern.“

Andreas Kloppisch hat nicht nur ein Herz für Schwalben. Dem Wirt des Grödeler „Rosengartens“ bescheren die kleinen Flugkünstler sogar zufriedene Gäste. „Bei mir kehren viele Radtouristen ein“, erklärt er. „Die sind ja von Hause aus sehr naturverbunden.“ Kloppisch will die Schwalbenplakette deshalb neben der Eingangstür seines Lokals anbringen und darüber hinaus eine Informationsmappe zum Schwalbenschutz in der Gaststube auslegen. Die Nistplätze befinden sich zwar in einem Seitengebäude, aber die Vögel huschen auch gern einmal im Tiefflug über den Biergarten. Nebenbei vertilgen sie Unmengen von Mücken und sorgen dafür, dass man die Abende an der Elbe ungestört genießen kann. „Voriges Jahr sind aus neun Nestern über 70 Junge ausgeflogen“, erzählt der Grödeler stolz. Er hat sogar eine Lageskizze angefertigt, auf der er den Bruterfolg seiner Schwalben dokumentiert. Im Nebengebäude des „Rosengartens“ fliegen die Elternpaare nicht durch die Tür ein, sondern durch ein Fenster, das Anfang April geöffnet und erst im Herbst nach dem Vogelzug wieder geschlossen wird.

Mehr als 30 Schwalbenplaketten hat der Naturschutzbund im Landkreis mittlerweile verliehen. Die Besitzer ehemaliger Bauernhöfe sind darunter, aber auch eine Tankstelle und sogar die Nünchritzer Wacker-Chemie. „Am Anfang haben wir Tipps von Vogelfreunden bekommen und die Schwalbenschützer dann aufgesucht“, sagt Lutz Runge. „Mittlerweile melden sich viele selbst.“ Man kann die Plakette und das dazugehörige umfangreiche Infomaterial auch direkt beim Naturschutzbund beantragen. Ein entsprechendes Formular ist im Internet zu finden.

https://sachsen.nabu.de/tiereundpflanzen/voegel/schwalben/20808.html