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Wochenmarkt mit Bäumen

Die Passanten auf der Bahnhofstraße finden, dass beides geht. Die meisten wollen weniger Verkehr. Wir haben uns umgehört.

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© Norbert Millauer

Von Beate Erler

Radebeul. Aktive Stadt – so heißt das Motto der geplanten Sanierung der Bahnhofstraße, die vom Bund gefördert wird. Am Samstagvormittag eine Stunde vor Ladenschluss macht sie eher einen schlafenden Eindruck. Nur wenige Menschen laufen mit Einkaufskörben an den Läden vorbei, einige Händler räumen ihre Waren schon in die Geschäfte und klappen bald die Rollläden hoch.

Einer, der das ändern will, ist auch am Samstag auf besagter Straße anzutreffen. Der neue Stadtteilmanager Marc Schmidt öffnet gerade die Tür zum Bürgertreff, obwohl heute sicher niemand kommen wird. Er zeigt auf die Fotos an der Wand: „So sah die Bahnhofstraße einmal aus“, sagt er. Es sind historische Aufnahmen aus einer Zeit, in der es noch keine Autos gab. „Genau das fehlt der Straße heute, der Platzcharakter und damit eine gewisse Aufenthaltsqualität“, sagt Schmidt.

Sehen das die Bürger genauso? Mandy Baar ist mit ihrem Sohn noch ein paar kleine Besorgungen machen. Frisches Gemüse liegt in ihrem Einkaufskorb und jetzt wollen sie noch schnell ins Rossmann. „Die Bäume sollen stehen bleiben“, sagt die Mutter von zwei Kindern, die aller zwei Tage auf der Bahnhofstraße einkaufen geht. „Das Grün bringt etwas Farbe in die tristen Häuserzeilen“, findet sie. Sie wohnt um die Ecke und erledigt ihre Einkäufe deshalb immer zu Fuß.

Über die Parksituation ärgert sie sich trotzdem: „Ich finde vor allem das Parkverhalten nicht in Ordnung, die Leute lassen ihre Autos einfach überall stehen.“ Ein Wochenmarkt macht für sie als Berufstätige nur Sinn, wenn er nicht wie bisher an einem Arbeitstag und nur bis zum frühen Nachmittag geöffnet hat. „Zu diesen Zeiten können viele den Markt nicht nutzen, am Wochenende wäre es besser“, sagt sie. Sowohl die Stadt als auch die ansässigen Händler wünschen sich auf der Bahnhofstraße einen Wochenmarkt. Die alten Alleebäume müssen dafür aber fallen, damit Platz für die Händler ist und mehr Parkplätze entstehen können.

Auch Kristina und Klaus Heinecke sind zu Fuß unterwegs, ihre Einkaufstüte ist noch leer. Das Ehepaar wohnt seit 35 Jahren in Radebeul und ist mit der Bahnhofstraße zufrieden: „Was noch schön wäre, ist ein kleiner Lebensmittelmarkt oder ein Geschäft, wo es zum Beispiel Käsespezialitäten gibt“, sagt Kristina Heinecke. Wenn sie sich zwischen den Bäumen und dem Wochenmarkt entscheiden müssten, würden sie für den Erhalt der Bäume stimmen, sagen sie.

Außerdem gäbe es noch andere Möglichkeiten: „Man könnte zum Beispiel den leeren Bahnhofsvorplatz als Parkplatz nutzen“, sagt Klaus Heinecke. An dem Tag mit Wochenmarkt könnte ein Fahrverbot auf der Straße eingerichtet werden. Stadtteilmanager Marc Schmidt sieht in einer komplett verkehrsberuhigten Bahnhofstraße die richtige Lösung. „Die Leute würden sich hier viel lieber aufhalten, draußen sitzen und ein Eis essen“, sagt er.

Auch am Angebotsmix müsste sich etwas ändern. Kleine und individuelle Lebensmittelläden wären zeitgemäßer als Discounter. Für die Leute, die auf der Bahnhofstraße arbeiten, wären Angebote an Straßengastronomie sinnvoll und könnten mehr Menschen anlocken, so Schmidt. Dafür will er bald mit den Händlern über mögliche Veränderungen sprechen.

Kirstin Köhler und ihre Tochter Kim Hein wollen noch schnell in die Apotheke. Sie würden sich über eine Bahnhofstraße mit italienischem Flair freuen: „In Italien stellen die Leute ihre Autos auf einem großen Platz ab und dann schlendern sie durch die Einkaufszone ohne Autos“, sagt Kirstin Köhler. Der Bahnhofsvorplatz würde sich als Parkplatz eignen und der große Elbeparkplatz müsste besser ausgeschildert und schöner gestaltet werden. „Die meisten fahren gar nicht bis da runter, obwohl da so viel Platz ist“, sagt sie.

Die Radebeulerinnen finden, dass es durch die vielen Autos besonders für alte Menschen und Mütter mit Kindern gefährlich ist. Sie wünschen sich weniger Autos und Parkplätze und dafür mehr Grün und schöne Bänke. „Die Natur und Bäume gehören einfach dazu“, sagen sie.