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Wohin mit dem Kleingeld?

Die Sparkasse nimmt nur noch 50 Münzen pro Person an. Das trifft so manchen Händler und „Kleinsparer“ hart.

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© René Meinig

Julia Vollmer und Tobias Wolf

Das Problem misst etwa 15 Millimeter im Durchmesser und ist 2,3 Gramm schwer. Klaus Eichhorn hat plötzlich Hunderte solcher Probleme – seine gesammelten 1-Cent-Münzen, fein säuberlich verstaut in einem alten Weinballon. Den trägt der 33-Jährige aller zwei, drei Monate zu seiner Sparkassenfiliale in der Katharinenstraße. Damit ist es nun vorbei. Das Schild im Sparkassen-Foyer an der Königsbrücker Straße ist unmissverständlich: Der Einzahlautomat für Münzen ist seit dem Monatsersten außer Betrieb. Eine Jalousie verdeckt das Gerät. Die Ostsächsische Sparkasse Dresden will sich offensichtlich nicht mehr mit dem Hartgeld plagen – oder eben Gebühren dafür haben, dass sie es annimmt.

Seit 1. Juli gilt die Regelung. Münzensparer Eichhorn arbeitet in einem Restaurant und bekommt das Trinkgeld oft in Münzen ausgezahlt. Auf seinen größeren Problemen sind zweistellige Ziffern eingeprägt. „Ich trage schon mal 40 Euro in Zehn- oder Fünfzig-Cent-Münzen in einem Gefrierbeutel nach Hause“, sagt er. Die Filialen nehmen nur noch maximal 50 Münzen an, ab der 51. müssen die Kunden einen sogenannten Safe-Bag für maximal vier Kilogramm Hartgeld nehmen, sagt Sparkassensprecher Andreas Rieger. Dieser Sicherheitsbeutel kostet fünf Euro – egal wie viel das Metall darin wert ist.

Angela Maier geht es wie dem Besitzer des Weinballons. Weil die 41-Jährige keine schweren Portemonnaies mag, räumt sie die Münzen in eine Kaffeedose und zahlt sie alle sechs Monate ein, immer um die 30 Euro. „Das fühlte sich an wie geschenktes Geld“, sagt sie. „Dass nun fünf Euro Gebühr abgehen, ärgert sie. „Die Sparkassenchefs verdienen einen Haufen Kohle und uns kleinen Leuten wird ständig eine neue Gebühr berechnet“, schimpft sie. Sie will die Bank wechseln. Auch die Kontoführungsgebühren hat die Sparkasse in diesem Jahr schon erhöht.

Sprecher Andreas Rieger begründet die Gebühren für Hartgeld mit der neuen Münzgeldverordnung, die seit 2015 gilt. Demnach müssen deutsche Banken und Sparkassen die Münzen durch zertifizierte Mitarbeiter auf Echtheit und Wiederverwendbarkeit prüfen. Im Klartext: jede einzelne Münze muss dafür erfasst werden. Damit verlören auch die bisherigen Einzahlautomaten ihren Sinn. Für die Spardosen von Kindern gibt der 53-Jährige jedoch Entwarnung. „Die Kleinen dürfen bis zum 18. Lebensjahr auch mehr als 50 Münzen bringen, weil in ein ordentliches Sparschwein schon mal 200 reinpassen“, sagt Rieger. „Das gilt für alle, die ein Kinder- und Jugendkonto haben.“ Die Begrenzung für Erwachsene gelte pro Vorgang.

Deutlich härter als die Münzsparer trifft es Händler, die mit großen Mengen Kleingeld hantieren. Katrin Wiechert ist Inhaberin der Traditionsbäckerei Matzker in Kleinzschachwitz. Viele Kunden bringen für Brötchen und Kuchen das Geld abgezählt mit – oft Münzen. Das Problem dürften alle Bäcker haben. „Die neue Regelung der Sparkasse ist nicht händlerfreundlich und trifft uns extrem, weil die Branche sehr kleingeldlastig ist“, sagt die 43-Jährige. „Wir bieten in einigen Filialen auch bargeldlose Zahlung mit Karte an, wollen unsere Kunden aber nicht dazu zwingen.“

Hans-Jürgen Rößger verkauft Obst auf dem Wochenmarkt am Schillerplatz. „Ich empfinde die Kleingeldregelung der Sparkasse als Zumutung“, sagt der 61-Jährige. Er habe seine eigene Strategie im Umgang mit Münzen. „Als Selbstständiger kann ich Preise abrunden, wenn es laut Waage 3,62 Euro kosten würde, verlange ich eben nur 3,60 Euro.“ Frank Hesse vom Imbiss nebenan nennt die neue Regel der Sparkasse empörend, verbraucht aber seine Münzen selbst beim Verkauf von Brathähnchen.

Geschäftsführerin Katrin Wiechert hat den Eindruck, dass die Sparkasse ihre Probleme auf die Kunden abwälzt. Wiechert hat Konsequenzen gezogen und bringt die Münzen zur Commerzbank, weil sie dort weiter kostenlos eingezahlt werden können. „Wir empfehlen, größere Münzmengen in einem Safebag einzuzahlen“, sagt Sprecherin Heike Ziegenbalg. Die Gebühren werden individuell vereinbart. Auch die Volksbank plant laut Sprecher Dieter Hoefer derzeit keine Extra-Gebühren. 500 Euro dürfen es auf einmal in Blech sein. Bei Händlern gilt ein Limit von 50 Euro am Tag. Die Stadt hat für ihre Einnahmen eine Sicherheitsfirma engagiert, die Parkscheinautomaten entleert und das Geld zur Sparkasse bringt. Sieben bis acht Millionen Euro sind das im Jahr, 97 Prozent davon in Münzen. Wie viel der Service kostet, wollte das Rathaus nicht sagen.

Die kostspielige Kleingeldregelung trifft vor allem jene, die kleine Dinge für wenig Geld verkaufen wie Souvenirhändler oder eben Bäcker und Fleischer. Bäckerei-Chefin Wiechert fürchtet nun, dass andere Banken bald nachziehen und ebenfalls Gebühren für die Münzen verlangen.