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Wolf schnappt sich Jägers Schweineschwarte

Bei Gerd Eberle in Lodenau lief ein Wolf aufs Grundstück. Eine Fotofalle soll dem Räuber auf die Spur kommen.

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© Jens Trenkler

Von Irmela Hennig

Wölfe sieht Jäger Gerd Eberle fast jede Woche. Aber das, was ihm am 3. Juni mit dem Raubtier passiert ist, wird der gebürtige Allgäuer, der seit 15 Jahren in der Oberlausitz lebt, nicht vergessen.

Einen Tag zuvor hatte Gerd Eberle, der im Rothenburger Ortsteil Lodenau lebt, ein Wildschwein geschossen. Freitag zerlegte er es in seiner Wildkammer. Er ging kurz ins Haus und ließ die Schwarte vor der Kammer auf dem Boden liegen. Als er zurückkam, sah er ein Tier, höchstwahrscheinlich einen Wolf, direkt auf seinem Grundstück. Weil da gerade gebaut wird, war der Zaun nicht vollständig geschlossen – die Lücke hatte der Wolf wohl genutzt. Das Tier sei bis auf vier Meter an ihn herangekommen und dann aus dem Grundstück gelaufen. „Mir ist aufgefallen, dass die Schwarte fehlt“, erzählt Gerd Eberle. Mit seinem Hund folgte der Jäger der Wolfsspur und fand nach wenigen Metern die Stelle, an der sich der Wolf oder die Wölfe über die Schwarte hergemacht hatten. „Da liegen noch immer Borsten“, so Eberle. Auch ein Nachbar habe das Tier gesichtet. Vor allem wegen der Kinder des Mannes, sie sind eineinhalb und drei Jahre alt, macht sich der passionierte Jäger nun Sorgen. „Wir können die Leute doch nicht wegsperren, weil hier der Wolf ist“, sagt der Lodenauer.

Eberle hat die Untere Jagdbehörde des Landkreises Görlitz informiert. Das bestätigte Pressesprecherin Marina Michel. Ein Vertreter des Amtes sei vor Ort gewesen. Auch beim Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz in Rietschen ist das Geschehen bekannt. Laut Mitarbeiterin Jana Endel war Ilka Reinhardt vom Lupus Institut für Wolfsmonitoring und -forschung in Lodenau. Zusammen mit dem Vertreter der Jagdbehörde habe sie das Geschehen aufgenommen, Spuren gesucht und gefunden – unter anderem Haare. „Abschließend bewerten können wir den Fall noch nicht“, so Jana Endel. Es sei aber wahrscheinlich, dass es sich um einen Wolf gehandelt hat. Zu welchem Rudel er gehört, ist noch offen. Das Gebiet zähle nach aktuellem Kenntnisstand zum bis nach Polen reichenden Territorium des Ruszówer Rudels. Eine genetische Untersuchung im Senckenberg-Labor für Wildtiergenetik in Gelnhausen könnte eine Antwort bringen.

Einen ansatzweise ähnlichen Fall wie den von Lodenau hat es 2013 in Reichwalde gegeben. Dort wurde ein an Räude erkrankter Welpe von Essensresten hinter einer Gaststätte angelockt. Man hatte damals versucht, den Wolf zu fangen, um ihn zu untersuchen. Doch er sei nie mehr gesichtet worden – der Gastbetrieb hatte zuvor seine Speisereste unzugänglich für Wildtiere gemacht. Grundsätzlich sei es so, dass Speise- und Jagdreste Wölfe anlocken können. Deswegen empfiehlt das Kontaktbüro, solche Überreste nicht im Freien liegenzulassen. Dazu rät auch das Sächsische Umweltministerium. Ein Pressesprecher verweist darauf, dass das Grundstück von Gerd Eberle nahe am Wald liegt und nicht mitten im Dorf. Laut Ministerium soll eine Fotofalle installiert werden, um zu prüfen, ob der Wolf wieder auftaucht. Außerdem wollen Experten schauen, ob sich auf Gerd Eberles Grundstück Dinge befinden, die einen Wolf anlocken können. Zum Beispiel Knochen oder Reste von erlegtem Wild. „Wenn das so ist, werden wir dem Besitzer vorschlagen, diese Anreize zu entfernen.“ Es gehe darum, alles zu tun, dass der Wolf gar nicht erst zur Gefahr wird.

Ein Problemwolf wie der kürzlich in Niedersachsen getötete Kurti sei das Tier bei Lodenau nicht. Der Rüde vom Truppenübungsplatz bei Munster hatte sich über einen langen Zeitraum hinweg immer wieder Menschen genähert und soll sogar einen Hund gebissen haben. Auf Anweisung des niedersächsischen Umweltministers wurde er deswegen Ende April erschossen.

Gerd Eberle, vor dessen Haus auch schon ein überfahrener Wolf gefunden worden ist, ist inzwischen selbst aktiv geworden. Es sei ihm gelungen, Haare vom Wolf zu sichern. Die will er mit Unterstützung des Kreisjagdverbandes Niederschlesische Oberlausitz genetisch untersuchen lassen, um mehr über das Tier zu erfahren. Er geht davon aus, dass sich allein in dem Jagdgebiet in seiner Region auf 1 500 Hektar 40 bis 60 Wölfe aufhalten.

Das Kontaktbüro bittet die Bevölkerung, alle Wolfssichtungen in/um Lodenau zu melden: 035772 46762.