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Wolle weg, Bäcker auch

Petra Benitz schließt nach 31 Jahren ihren Handarbeits-Laden in Löbau. Bäcker Haupt verwandelt Personalnot in besseren Service.

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Von Markus van Appeldorn

Löbau. Ein kleines Dokument ihrer Firmengeschichte hat Petra Benitz eingerahmt und hinter Glas an ihrer Ladentür angebracht. „Ehrenurkunde für 25 Jahre Textilhandel 1987 - 2012“ steht das zu lesen. Diese Urkunde wird Petra Benitz wohl als Letztes von der Wand nehmen. Denn am Donnerstag, 28. Juni, schließt sie den Laden endgültig zu. Nach 31 Jahren an der Rittergasse ist der kleine Laden für Strick-, Häkel- und Handarbeitsbedarf Geschichte.

Auch die Bäckerei Haupt am Altmarkt hat ein Ladenlokal geschlossen.
Auch die Bäckerei Haupt am Altmarkt hat ein Ladenlokal geschlossen. © www.foto-sampedro.de

„Ich hab‘s immer gerne gemacht. Sehr gerne“, sagt Petra Benitz. Und diese Liebe zum Laden hätten auch ihre Kunden immer sehr geschätzt. Aber zuletzt reichten die Umsätze kaum noch, um die Kosten zu decken. „Da gehe ich lieber in Rente. Das kann man in meinem Alter ja auch machen“, sagt die 66-Jährige. Obwohl Selbstgestricktes gerade eigentlich wieder in Mode ist, auch bei jungen Leuten. „Tiere häkeln, Socken stricken oder Schals und Mützen, da gibt es viele Liebhaber“, sagt Petra Benitz. Sie hat immer Wert auf freundliche Beratung gelegt. Darauf, dass Leute auch einfach mal gucken und schauen können, ohne gleich etwas zu kaufen.

Wie sich dieses Verhalten in der Zeit des Internet-Handels entwickelt hat, musste sie dieser Tage in ihrem Laden aber auch erleben. Ein junges Paar schaute sich im Laden um, nahm Wollknäuel in die Hände, fühlte die verschiedenen Garne – und verabschiedete sich dann freundlich. Noch in der Tür tuschelte die Frau ihrem Freund zu: „Wir bestellen‘s im Internet.“ Tja, ist eben billiger im Netz. Kleine Händlerinnen wie Petra Benitz können da nicht mithalten. Auch die vielen Löbauer Baustellen mit ihren Umleitungen hätten ihrem Geschäft in jüngster Zeit geschadet. „Manche ältere Kundinnen wussten gar nicht mehr so recht, wie sie zu mir finden sollen“ sagt sie.

Schon vor ein paar Wochen startete Petra Benitz ihren Räumungsverkauf, bewirbt mit einem Schild vor der Tür Preisnachlässe. „Wenn man so ein Schild vor die Tür stellt, kommen plötzlich Kunden, die Du zehn Jahre nicht gesehen hast“, sagt sie ein bisschen traurig. „Aber egal, mir nutzt es ja, wenn ich noch möglichst viel verkaufen kann. Und Stammkunden halten ihr die Treue bis zum letzten Tag. „Da sind viele traurig. Und in den letzten Wochen ist manche Träne geflossen hier im Laden“, sagt sie. Dennoch, irgendwann müsse Schluss sein. „Und ich freue mich jetzt auch auf die Rente und eine gute Zeit“, sagt Petra Benitz. Gerne hätte sie eine Nachfolgerin für den Laden gefunden. „Aber so was tut sich heute niemand mehr an“, sagt sie. Bis 1932 reicht die Geschichte des Handarbeitsladens in Löbau zurück. Vorbei.

Und auch auf Löbaus prominentestem Platz, dem Altmarkt, schauen manche Passanten ein wenig verwundert. Die Schaufenster der Bäckerei Haupt sind von innen verhängt. „Aus zwei wird eins“ steht auf einem Schild mit der Information, dass der Brotverkauf nun in der benachbarten Brasserie Haupt stattfinde. „Wir haben unsere beiden Läden zusammengelegt, damit wir effektiver arbeiten können“, informiert Bäckermeister Robert Haupt auf SZ-Anfrage.

Doch die Verkleinerung war eine unfreiwillige Maßnahme. „Uns fehlten schon seit längerer Zeit zwei Servicekräfte in der Brasserie“, erklärt Haupt. Mindestens zwei Jahre lang habe er nach Arbeitskräften gesucht, die Stellen immer wieder ausgeschrieben. Aber niemand Geeignetes hätte sich darauf beworben. Robert Haupt kann nicht verstehen, dass einerseits viele Menschen klagen, es gebe in der Region nicht genügend Arbeitsplätze, andererseits aber niemand die vorhandene Arbeit machen möchte. Die Zusammenlegung ist für ihn gleichwohl ein Erfolg, denn er kann jetzt sogar noch besseren Service bieten als vorher. „In der Brasserie gibt‘s jetzt schon ab 6.30 Uhr Frühstück statt wie früher erst ab 10 Uhr“, sagt er. Und dieses Angebot würde von den Löbauern auch gut angenommen.

Was mit dem nun leerstehenden Ladenlokal in bester Lage wird, weiß Robert Haupt noch nicht so genau. Der Laden ist ein angestammter Bäckereistandort. „Meine Eltern haben das Haus 1987 gekauft. Dort war damals auch schon eine Bäckerei drin“, sagt er. Die Bäckerei ist auch nach wie vor in dem Gebäude untergebracht, nur der Verkauf jetzt nicht mehr. Wahrscheinlich wird Haupt das rund 30 Quadratmeter große Lokal vermieten. Es eigne sich auch als Büroraum. Allerdings sind für eine solche Nutzung Umbauten nötig. „Der Raum muss kernsaniert werden“, sagt Robert Haupt. Hinter den Wandverkleidungen seien zum Beispiel noch alte Fliesen. „Wenn ich es nicht selbst für irgendetwas nutze, sondern vermiete, müssen auch die zwei Durchgänge vom Laden zur Bäckerei zugemauert werden“, sagt Robert Haupt. Sanitäranlagen wie eine Toilette oder ein Waschbecken müssten für eine solche Nutzung installiert werden.