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Wollte ein 27-Jähriger ein Mehrfamilienhaus in die Luft jagen?

Ein Mann liegt leblos in seiner Struppener Wohnung, umgeben von explosiven Chemikalien und Waffen. 

Von Maximilian Helm
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Der Lilienring in Struppen-Siedlung: Hier fand die Polizei am Dienstagabend einen leblosen Mann in einer Wohnung – und konnte ihn zunächst nicht bergen, weil die Kohlenmonoxid-Konzentration in den Räumen gefährlich hoch war.
Der Lilienring in Struppen-Siedlung: Hier fand die Polizei am Dienstagabend einen leblosen Mann in einer Wohnung – und konnte ihn zunächst nicht bergen, weil die Kohlenmonoxid-Konzentration in den Räumen gefährlich hoch war. © Marko Förster

Es ist eine ruhige und friedliche Wohngegend am Lilienring in Struppen-Siedlung. In der Nacht zum Mittwoch allerdings machten viele Bewohner der in den 1990er-Jahren gebauten Reihenhaus-Siedlung kein Auge zu. Gegen 19 Uhr am Dienstagabend rückte Polizei an, nach und nach vervielfachte sich das Blaulicht auf den Straßen: Feuerwehr, Rettungsdienst, noch mehr Polizei. Die Siedlung an der B 172 zwischen Pirna und Königstein war in heller Aufregung.

Zur Abendbrotzeit war bei der Polizei ein Anruf eingegangen: Eine Mutter machte sich Sorgen um ihren Sohn. Sie äußerte den Verdacht, dass sich der 27-Jährige hilflos in seiner Wohnung am Lilienring in Struppen befinden könnte. Für die Polizei begann damit ein fast zehnstündiger Einsatz. Als die Streife der Pirnaer Polizei am Lilienring eintraf, stellten die Beamten fest, dass sich der 27-Jährige in seiner Wohnung verbarrikadiert hatte. Als die Polizisten einen Blick in die Wohnung werfen konnten, war ihnen sofort klar, dass dies alles andere als ein Routine-Einsatz werden würde. Sie sahen eine Person auf dem Bett liegen. In deren Reichweite befanden sich augenscheinlich Schusswaffen und Behältnisse mit Chemikalien. Zudem schlugen die Gaswarngeräte der zwischenzeitlich alarmierten Rettungskräfte an, sodass von einer lebensgefährlichen Konzentration von Kohlenmonoxid auszugehen war. Die Einsatzkräfte zogen sich schnell aus der Wohnung zurück und forderten Spezialkräfte des sächsischen Landeskriminalamtes sowie der Feuerwehr an. Gleichzeitig evakuierten sie vorsorglich alle Bewohner des betroffenen Mehrfamilienhauses.

Die Polizei prüft einen Zusammenhang zu einem Garagenbrand in Pirna in der Nacht zum Dienstag.
Die Polizei prüft einen Zusammenhang zu einem Garagenbrand in Pirna in der Nacht zum Dienstag. © Marko Förster

Einsatzkräfte mit Schutzausrüstung lüfteten die Wohnung, um die Gaskonzentration zu minimieren, dann sicherten sie die Räume. Sie konnten den 27-Jährigen nur noch tot bergen. Bei der anschließenden Überprüfung der Wohnung stellten Polizisten mehrere Gerätschaften sicher, die augenscheinlich zur Herbeiführung eines Brandes beziehungsweise einer Explosion geeignet waren und zu diesem Zweck auch hergestellt wurden.

Jetzt läuft die Ermittlungsarbeit. Unter anderem muss geklärt werden, wie genau der 27-Jährige zu Tode kam, welche Chemikalien sich in der Wohnung befanden und ob diese im Zusammenhang mit den sichergestellten Gerätschaften tatsächlich geeignet gewesen wären, eine Explosion herbeizuführen. Sollte sich dies bestätigen, dann wäre die Wohnsiedlung nur knapp einer Katastrophe entgangen.

Die Ermittler prüfen zudem einen Zusammenhang zum Brand einer Garage an der Rottwerndorfer Straße in Pirna, deren Mieter der 27-Jährige war. Dort hatten Anwohner in der Nacht zum Dienstag zunächst dichten Rauch bemerkt. Gegen 2.40 Uhr eilte die Feuerwehr zu der Anlage des Auto- und Garagenclubs „Am Kohlberg“ neben dem Aktiv-Sporthotel. Insgesamt 18 Kameraden der Hauptwache und der Freiwilligen Feuerwehr Pirna-Altstadt löschten mit Wasser und Schaum die in der Garage abgelagerten Materialien, die lichterloh in Flammen standen. Die Garage in dem 97 Garagen umfassenden Komplex, der in den 1970er-Jahren gebaut wurde, brannte vollständig aus. Durch das Feuer wurden auch die beiden benachbarten Garagen und ein darin abgestellter Pkw Wartburg in Mitleidenschaft gezogen.

Der Einsatz in dem Pirnaer Garagenhof in der Nacht zum Dienstag war gegen fünf Uhr beendet. Zu Schaden kam dort nach ersten Erkenntnissen niemand. Die Höhe des entstandenen Schadens wird nach ersten Erkenntnissen mindestens im vierstelligen Euro-Bereich liegen. Weit mehr Kräfte band der Einsatz in Struppen-Siedlung in der Nacht zum Mittwoch. Im Einsatz waren hier die Feuerwehren von Struppen, Königstein, Leupoldishain, aber auch Spezialkräfte aus Heidenau sowie das Kriseninterventionsteam, das die Angehörigen und Verwandten des 27-Jährigen sowie evakuierte Personen aus dem betroffenen Haus betreute. Zu den Hintergründen der Vorfälle ist bislang nichts bekannt. Sie aufzuklären ist Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen.