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Woodstock-Gefühl am Kettenbach

Tauscha erinnerte zum 45. Jahrestag mit einem Mini-Open-Air an das legendäre Rockfestival.

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Von Manfred Müller

Tauscha. Die Zahl der Hippies hielt sich in Grenzen auf dem Hof der Pension im Heidebogen. Genau genommen hatte sich nur eine einzige Dame in bunte Gewänder gehüllt. Aber das tat der Stimmung keinen Abbruch, denn es waren die Musiker, die echtes Woodstock-Feeling in die sächsische Provinz brachten. Allen voran der Freiberger Bluesbarde Gunter Schulze. Der Mann braucht keine Band, um dem Publikum glänzende Augen und ekstatische Zuckungen zu bescheren. Mit Klassikern wie „Who do you love“, „Crawling Kingsnake“ und „Rollin and Tumblin“ rockte er Tauscha, dass es eine Art hatte. Eric Rust und seine Never Sleeps Band standen ihm nur wenig nach. Sie coverten die großen Neil-Young-Songs so mitreißend, dass selbst Leute zu jubeln begannen, bei denen man gar nicht vermutet hätte. „Wir sind ja mit dieser Musik aufgewachsen“, sagt Tauschas Bürgermeister Hans-Ullrich Scheibe. Er habe damals zur Beatles-Fraktion gehört, die sich mit den Fans der Rolling Stones heftige Diskussionen darüber lieferte, welcher Sound nun der progressivste sei. Scheibe leitet den Männergesangsverein, steht damit für eine ganz andere Art von Musik. „Aber das ist egal“, erklärt er. „Wenn man merkt, welches Können und welchen Spaß die Leute auf Bühne haben, dann geht man einfach mit.“ Im Übrigen habe er als Musiklehrer immer auf dem Laufenden sein müssen, was seine Schüler gerade begeistert.

Veranstalter Michael Gansmüller bringt mit seinem offenem Hemd, dem Trapperhut und den roten Stiefeln immerhin etwas amerikanisches Ostküstenflair in sein Woodstock-Revival. Der Pensionswirt hat vor fünf Jahren eine ähnliche Veranstaltung auf der Wiese vorm Herrenhaus mitorganisiert. „Für so etwas Aufwendiges reichte unsere Kraft diesmal nicht aus“, sagt er. Durch das Open Air am Herrenhaus bekam Gansmüller Kontakt zu Eric Rust alias Eric Udo Zschiesche. Im Laufe der Jahre ist daraus eine herzliche Freundschaft geworden. „Wenn wir im Dresdner Tante Ju spielen“, erzählt Zschiesche, „kommt immer unser Fanclub aus Tauscha mit zehn Mann in einem Kleinbus angereist.“

Der Würzburger ist nicht nur Frontmann der besten Neil-Young-Coverband Deutschlands – er hat sich auch als Liedermacher einen Namen gemacht. Eric stammt ursprünglich aus Dresden. 1984 ging er in den Westen, weil er vom DDR-System und der ständigen politischen Bevormundung die „Schnauze voll“ hatte. Das verbindet ihn mit Gunter Schulze, der im gleichen Jahr ausreiste, später aber wieder nach Sachsen zurückkehrte.

„Neil Young muss man einfach passieren lassen“, sagt Eric Rust. „Meine Musiker wissen nie, wie lange ich auf der E-Gitarre improvisiere.“ Er sei als 17-Jähriger auf den kanadischen Musiker gekommen, weil der so herzzerreißend Gitarre spielte, so ganz anders als der eher kühle Bob Dylan. Und er tritt mit seiner Band auch gleich den Beweis an – mit „Powderfinger“, mit „Cowgirl in the Sand“ und natürlich mit „Like a Hurricane“. Rust versteht sich auf die elektrifizierten Songs ebenso wie auf die akustischen, etwa die Antikriegshymne „Love and War“. Kaum zu glauben, dass dieser beseelte Rockmusiker die meiste Zeit seines Lebens als Liedermacher unterwegs ist.

Eric Udo Zschiesche schreibt Kinderlieder und entwickelt pädagogische Programme für Kindergärten und Schulen. Auch im Großenhainer Raum hatte er schon Auftritte – etwa in der Kita Ponickau. Zschiesches Programme sind eine Mischung aus Liedern, Figurenspiel und Theaterelementen.

Am Samstag bekam auch der schwerbehinderte Radeberger Gitarrist Lewin einen Auftritt. Sein Song „Meine Knarre ist meine Gitarre“ wurde sogar zum Motto des kleinen Woodstock-Revivals erhoben.