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Zeugen bringen kaum Licht in den Riesaer Drogensumpf

Wer sind die Guten, wer die Bösen? In den Prozessen ist das nicht immer gleich ersichtlich. Die Aussagen helfen nur bedingt.

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Von Britta Veltzke

Die Riesaer Drogenszene war am gestrigen Verhandlungstag in gleich zwei parallel laufenden Prozessen Thema im Dresdner Landgericht. Im Erdgeschoss verantwortete sich Petra L. erneut gegen den Vorwurf, Crystal über Kuriere in den Landkreis geschafft zu haben. Eine Etage darüber saßen Michael R. und Robert L. auf der Anklagebank. Sie sollen in ihrem Auftrag Drogenkuriere wie den Kronzeugen Kevin D. mit Schlägen immer wieder unter Druck gesetzt haben, weiter Crystal in Tschechien zu besorgen. Die Rolle von Kevin D. als einseitiges Opfer der Strippenzieher wird in den Drogensumpf-Prozessen immer unglaubwürdiger.

Hinweise dafür lieferte gestern unter andrem seine Ex-Freundin. Trotz anfänglicher Gedächtnis-Probleme – die Richter Thomas Ziegler, wegen ihrer jugendlichen 18 Jahre als „unerklärlich“ einstufte – bestätigte sie schließlich, davon gewusst zu haben, dass ihr damaliger Freund mit Crystal gedealt hat. „Da war diese Waage, diese komischen Typen und zwischendurch ist Kevin immer mal wieder kurz verschwunden, da konnte ich schon eins und eins zusammenzählen“, so die Ex. Zudem berichtete sie, dass D., – trotz seines Lehrlingsgehaltes – nie knapp bei Kasse gewesen sei und einen „hohen Geldbedarf“ habe. Kevin D. selbst hatte anfangs ausgesagt, er sei zu den Drogenkurierfahrten gezwungen worden. Geld habe er dafür nicht bekommen. Und mehr noch: In seiner Aussage bei der Riesaer Polizei, hatte er zu Protokoll gegeben, Geld habe er nicht einmal haben wollen. Die Auftraggeberin Petra L. habe er nur über seine Mutter gekannt. Das Verhältnis zu ihr sei gestört gewesen, weil sie ihm gedroht habe. Die Ex-Freundin vermittelte in ihrer Aussage jedoch einen ganz anderen Eindruck dieser Beziehung: „Tante Petra“ habe Kevin D. die Gröditzerin genannt.

Im Prozess gegen die mutmaßlichen Schläger ist Kevin D. selbst noch nicht erschienen. Nach seiner achtstündigen Aussage gegen „Tante Petra“ am vergangenen Freitag musste er im Krankenhaus behandelt werden. Diagnose: Nervenzusammenbruch. Erholt haben soll sich der 19-Jährige davon noch nicht. Richter Herbert Pröls hatte eklatante Widersprüche seiner Aussage aufgedeckt. Zeugen wie Kevin D. und seine Ex-Freundin machen es der Staatsanwaltschaft in den Drogensumpf-Prozessen derzeit nicht leicht. „Die Zeugen glänzen nicht eben mit einer durchgängig guten Aussagemoral“, so Oberstaatsanwalt Jens Hertel am Rande der Verhandlung.

Mit seiner Aussage hatte Kevin D. die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ins Rollen gebracht. Durch seine Tipps wurden die Angeklagten bei der Groß-Razzia im Mühlenviertel im Frühjahr festgenommen. Seit dem sitzen unter anderem Petra L. sowie die Riesaer Michael R. und Robert L. in Untersuchungshaft. Ein wichtiger Zeuge, der vermutlich selbst in der örtlichen Drogenszene mitgemischt hat, ist inzwischen untergetaucht. Welche Rolle Kevin D. gespielt hat, bleibt weiterhin eine der großen unbeantworteten Fragen im Riesaer Drogensumpf.