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Zirkusse mit Wildtieren können weiter in Görlitz auftreten

Der Stadtrat lehnte die Forderung der Linken ab. Zuvor wurde sehr ernsthaft über das Thema diskutiert.

Von Sebastian Beutler
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Eine Dompteurin tritt mit Elefanten im Circus Krone in München auf.
Eine Dompteurin tritt mit Elefanten im Circus Krone in München auf. © dpa

Auch die kleine Gruppe Demonstranten der Linkspartei und von Tierschützern vorm Görlitzer Rathaus sowie das Verteilen von Infoblättern der Tierschutzorganisation Peta half nichts: Der Stadtrat lehnte am Donnerstag die Forderung der Linken ab, dass keine öffentlichen Plätze mehr an Zirkusse mit Wildtieren vermietet werden sollen. Am Ende sprang nur der Görlitzer Architekt und Stadtrat der Bürger für Görlitz, Wolfgang Kück, den sechs Stadträten der Linken zur Seite. Die sieben Ja-Stimmen waren zu wenig gegen die 22 ablehnenden Voten der Stadträte bei sechs Enthaltungen, darunter die beiden grünen Stadträte Joachim Schulze und Gottfried Semmling, Ingeborg Weidle (Bürger für Görlitz) und Cornelia Effenberger (CDU).

Zuvor hatte der Stadtrat sehr ernsthaft über das Thema diskutiert, das mindestens zwei Aspekte hat. Zum einen der Tierschutz. Wie gut geht es den Wildtieren in den Zirkuswagen beim Transport von einem Gastspielort zum nächsten oder bei ihren Auftritten in der Manege, wenn sie auf einem Bein stehen sollen? Dass diese Form ihres Daseins dem eigentlichen Leben in der freien Wildbahn widerspricht, ist nicht umstritten. Wolfgang Kück nannte daher das Anliegen der Linken sinnvoll, um ein Zeichen zu setzen, mahnte aber auch an, sich dann Gedanken darüber zu machen, was aus den Tieren werden soll, wenn die Zirkusse sie nicht mehr auftreten lassen können. Doch warnte der frühere Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick davor, das Bild allzu romantisch einzufärben. „In der Regel sind die Wildtiere in den Zirkussen auch geboren“, sagte Paulick. „Sie werden nicht direkt aus dem Busch geholt und dann in die Manege gestellt.“ Das Tierschutzgesetz bringt daher auch keine Handhabe gegen die Zirkusse. Städte, die in der Vergangenheit auf dieser Grundlage ein Auftrittsverbot verhangen haben, sind in aller Regel vor Gericht zurückgepfiffen worden.

Deswegen wählen die Anhänger eines Wildtierverbots in Zirkussen nun den Weg über das Ordnungsrecht und argumentieren auch mit den vielen Unfällen von Wildtieren in Zirkussen. Über 300 in 22 Jahren seien es in Europa gewesen, erklärte Thorsten Ahrens von der Linkspartei. Bei genauerem Hinsehen, widersprach Günter Friedrich (Bürger für Görlitz), würden sich aber die meisten Unfälle mit Wildtieren wie Schlangen im häuslichen Bereich ereignen: „Unfälle in Zirkussen spielen keine Rolle in der Statistik“. Die Gefahr für den Bürger sei gering. Für Harald Twupack (Bürger für Görlitz) gehört der Zirkus zum deutschen Kulturgut. „Zirkusse mit Wildtieren stellen auch eine Attraktion für die Städte dar“, erklärte er. Zugleich machte er auf ein Paradoxon im Antrag der Linken aufmerksam: Auf der einen Seite würde der Wolf in der Oberlausitz unter Schutz gestellt, auf der anderen Seite dürfe er aber laut dem Antrag der Linkspartei nicht im Zirkus auftreten, weil es zu gefährlich sei. Dieter Gleisberg von der CDU glaubt daher auch nicht, dass es so „viele Nilpferde und Nashörner in den Zirkussen gibt, dass es für uns gefährlich werden könnte“. Gleichwohl sehen auch einige, die am Donnerstag den Vorstoß der Linken ablehnten, die große Zeit von Wildtieren in den Zirkussen abgelaufen an, ja die für die gesamte Zirkus-Branche. Rolf Weidle (Bürger für Görlitz) malte das Bild einer vergangenen Blüte. Viele fahrende Zirkus-Unternehmen hätten größte Mühe, ihre laufenden Kosten zu verdienen. Da sollte die Stadt seiner Ansicht nun nicht den Vorreiter geben, ihnen das Leben noch schwerer zu machen. Allerdings hofft er auf gesetzliche Regelungen, die sich des Wildtier-Themas annehmen.

Die Linkspartei überlegt nun, wie sie ihr Anliegen weiter voranbringen kann. Mirko Schultze deutete an, über die Görlitzer Bürgerbeteiligung erneut das Thema einzubringen. Joachim Paulick forderte die Linke auf, eine Bürgerbefragung parallel mit der Kommunalwahl am 26. Mai zu initiieren.