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B178-Neubau: Brücke in weniger als einem Tag gebaut

In nur 14 Stunden entsteht bei Oberseifersdorf aus 850 Kubikmeter Beton eine Brücke über die B178. Mit Bildergalerie.

Von Markus van Appeldorn
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An einem einzigen Tag wurde bei Oberseifersdorf eine Brücke über die künftige Schnellstraße B178 gebaut.
An einem einzigen Tag wurde bei Oberseifersdorf eine Brücke über die künftige Schnellstraße B178 gebaut. © Jens Kaczmarek

Der Bau der Schnellstraße B178 zwischen den bisherigen Ausbau-Enden bei Zittau und Oderwitz macht rasende Fortschritte. Und manchem Bauwerk an der Trasse kann man beim Wachsen regelrecht zuschauen. So entstand am Donnerstag bei Oberseifersdorf in weniger als einem Tag eine Brücke - aus 850 Kubikmeter Beton. Mit deren Fertigstellung gehen die Bauarbeiten an der B178 in eine kurze Winterpause. Die SZ hat sich auf der Brückenbaustelle umgesehen.

Zwei riesige Betonpumpen künden um 7 Uhr morgens an diesem Tag davon, was hier bevorsteht. Auf bis zu 50 beziehungsweise 47 Meter Höhe - oder Länge - können sie ihre Knickarme bringen. Es ist diesig bewölkt - aber mit 4,5 Grad Celsius endlich warm genug, um hier Beton gießen zu können. Denn eigentlich sollte die Brücke schon zehn Tage vorher entstehen. Doch da lag dann plötzlich zentimeterhoch der Schnee.

"Schnee macht sich nicht gut in der Verschalung", sagt Bauleiter Philipp Spiller, "und die Temperatur sollte mindestens um die fünf Grad sein, besser wärmer." Auch an diesem Morgen blasen vier Heizgebläse Wärme in das Konstrukt. "Wir wollen die Stahlstreben frostfrei halten", sagt Spiller. Ein gutes Dutzend Arbeiter steht auf der gigantischen Verschalung, unter der die Brücke entstehen soll - gut 30 Meter lang, 4,5 Meter hoch.

Aus zwei Betonpumpen fließt der Beton in die Verschalung.
Aus zwei Betonpumpen fließt der Beton in die Verschalung. © Jens Kaczmarek
Ein diesiger Morgen. Unter der Brücke ist schon die Trasse der künftigen Schnellstraße ausgebaggert.
Ein diesiger Morgen. Unter der Brücke ist schon die Trasse der künftigen Schnellstraße ausgebaggert. © Jens Kaczmarek
Im Takt von wenigen Minuten rollen über 100 Betonmischer an.
Im Takt von wenigen Minuten rollen über 100 Betonmischer an. © Jens Kaczmarek
Den Brückenbau konnte man aus weiter Ferne sehen.
Den Brückenbau konnte man aus weiter Ferne sehen. © Jens Kaczmarek

Einige Meter tiefer verläuft bereits die ausgebaggerte Trasse der künftigen B178. Aber die Brücke steht noch irgendwie im Nirgendwo. Später soll mal ein Wirtschaftsweg darüber verlaufen und sie soll Tieren dienen, die Schnellstraße überqueren zu können.

Ausgeklügelte Lieferlogistik

Spiller erklärt, was hier passieren wird. "Wir werden heute 850 Kubikmeter Beton gießen, rund 2.100 Tonnen", sagt er. Dafür braucht's eine ausgeklügelte Lieferlogistik, denn der Beton kommt mit etlichen Lastern an die Baustelle, deren Strom nicht abreißen darf, damit die beiden Betonpumpen ständig gespeist werden können. "Die Betonmischer kommen aus Mischwerken aus Ostritz, Ruppersdorf oder Zittau", erklärt er.

Einmal angemischt, muss flüssiger Beton schnell verarbeitet werden, darf keinen langen Anfahrweg haben. "Ein Laster fasst acht Kubikmeter Beton", sagt Spiller - über 100 Betonmischer werden an diesem Tag also über den schlammigen Weg zur Baustelle rollen müssen.

Es ist kurz vor 7.30 Uhr, als der erste Betonmischer anrollt und wenige Minuten später fließt der erste Beton in den Trichter einer der Betonpumpen. Aber noch kann es nicht losgehen - erst wird eine Probe entnommen. Aus einem Eimer schöpft ein Experte mehrere Kellen Beton in einen Trichter auf einen sogenannten Ausbreittisch. Der angelieferte Beton benötigt eine bestimmte Konsistenz und muss sich auf eine vorgegebene Größe auf dieser Platte ausbreiten.

"42 bis 48 Zentimeter müssen es sein", erklärt der Prüfer. Bei dieser Probe erreicht der Beton nur eine Ausbreitung von 41 Zentimetern - zu wenig. Wegfahren muss der Betonmischer deshalb nicht. "Wir geben aus einem Kanister fünf Liter Fließmittel dazu", sagt der Prüfer. Noch mal ein paar Minuten die Mischtrommel drehen - dann kann der Beton verarbeitet werden. Um 7.45 Uhr fließt der erste Beton in die Schalung.

Auf dem sogenannten Ausbreittisch prüft ein Experte die Konsistenz des angelieferten Betons.
Auf dem sogenannten Ausbreittisch prüft ein Experte die Konsistenz des angelieferten Betons. © © Markus van Appeldorn

Nach nur neun Minuten erklingt ein Hupton. Das bedeutet: Der Betonmischer ist leer. Der nächste steht schon bereit. Gleichzeitig rollt auch der erste Betonmischer an, der die zweite Betonpumpe bedient. Von jetzt an wird von beiden Enden der künftigen Brücke aus betoniert. Beim zweiten Betonmischer stimmt auch schon die Konsistenz des Betons - 50 Zentimeter ergibt die Probe auf dem Ausbreittisch.

Ein Bauwerk für 100 Jahre

So geht es weiter. Betonmischer um Betonmischer. Stunde um Stunde. Und alles hat wie am Schnürchen geklappt. Schon ab 2025 werden tausende Autofahrer sie unterqueren, etliche Landwirte sie überqueren - ohne dieser Brücke irgendeine Beachtung zu schenken. An diesem einen Tag war sie etwas Besonderes. "Um 21 Uhr war die Betonierung abgeschlossen", sagt Bernd Just, beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr Projektleiter für alle sechs beim B178-Neubau entstehenden Brücken.

Ganz fertig ist die Brücke damit noch nicht. "Wir können bereits am Sonnabend damit anfangen, Teile der Verschalung zu entfernen", sagt er. Und am Montag hat der Beton die nötige Festigkeit erreicht, um ihn vorzuspannen - die Brücke entsteht nämlich als Spannbeton-Bauwerk. Dabei werden in den Beton eingegossene Stahllitzen gespannt.

"Dadurch, dass wir Zugkräfte in den Beton einbringen, wird dessen Tragfähigkeit erhöht", erklärt Just das technische Verfahren. Ohne dieses Spannbetonverfahren müsste man den Brückenkörper dicker ausführen. Die Technik erspart also Material bei gleichbleibender Tragfähigkeit gegenüber einer dicker ausgeführten Brücke in normaler Betonbauweise. Der Rest ist Zukunftsmusik, wie Just erklärt: "Seine volle Druckfestigkeit erreicht der Beton nach 14 Tagen und dann hat die Brücke eine Lebensdauer von 100 Jahren."