Corona: Erster Testlauf in den Schulen

Corona-Test beim Mathelehrer: Lilli und Vanessa aus der siebenten Klasse sind als Erste dran. Am Christian-Weise-Gymnasium in Zittau ist die Aktion am Montagmorgen beinahe generalstabsmäßig geplant. Die Hauptturnhalle ist das Testzentrum. Sportlehrer Enrico Wendler hat alle Stoppuhren besorgt, die er kriegen konnte. Zwei Teststationen sind eingerichtet, Einbahnstraßen-Wege sind ausgewiesen, Wartebänke auf Abstand gestellt.
Lilli und Vanessa freuen sich, dass die Schule endlich wieder richtig losgeht. Dafür, sagen sie, nehmen sie es auch in Kauf, dass ihnen der Herr Kupke das Teststäbchen durch die Nase schiebt. "Das ist doch wichtig", findet Lilli. "Wir wollen ja auch selber sicher sein, dass wir kein Corona haben." Gleich haben die beiden Englisch, dann noch Deutsch und Bio. In der Viertelstunde, die sie auf das Testergebnis warten müssen, haben sie sich viel zu erzählen.
David Kupke, hauptberuflich Mathe- und Informatik-Lehrer am Christian-Weise-Gymnasium und ehrenamtlich Vorsitzender des Zittauer Bezirksverbands der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG), hat sich extra als Tester ausbilden lassen. Ein Glücksfall für die Schule, dass er und seine Mitstreiter von der DLRG das Testen übernehmen können. Die Sportlehrer helfen. So lange die Turnhalle Testzentrum ist, ist an Sportunterricht ja ohnehin nicht zu denken.

"Überhaupt wird das schwierig", ahnt Enrico Wendler. Er wird - wenn die Halle wieder frei ist - mit seinen Schülern Badminton. Sport unter Hygieneauflagen und mit Abstand eben. Viele Möglichkeiten gibt es da ja nicht. Jetzt hat er erst einmal die Stoppuhren im Blick. Jeweils eine Viertelstunde dauert es, bis das Ergebnis auf den kleinen Testkassetten eindeutig ist.
Wenn es nach ihm ginge, sagt Wendler, dann hätte er die Schulen noch nicht wieder für alle Schüler geöffnet. Zwar seien die Klassen geteilt, aber das allein werde die Situation nicht einfacher machen. "Man muss sich doch nur mal die jüngsten Fallzahlen ansehen", sagt der Sportlehrer. "Da muss man kein Mathelehrer sein, um sich auszurechnen, wie das jetzt weitergehen wird." Die Politik habe die Öffnungen durchgesetzt, ohne die Voraussetzungen dafür - Selbsttests für jeden - geschaffen zu haben.
Enrico Wendler spricht aus, was die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen denken. Der Deutsche Lehrerverband fordert, dass Lehrer jetzt schnellstmöglich und priorisiert geimpft werden. Auch der Görlitzer Landrat Bernd Lange (CDU) hatte vorige Woche angesichts wieder steigender Inzidenz-Werte eindringlich vor der Wiederöffnung der Schulen gewarnt und sich mit seiner Sorge sogar an Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gewandt.
CWG-Schulleiter Ingo Elmenthaler teilt die Befürchtungen ebenfalls: Zwar sei es wirklich schön, dass die Schüler wieder alle zum Präsenzunterricht kommen dürften, doch es sei unter diesen Bedingungen am Montagmorgen zu früh - und ein großes Risiko. "Es treffen heute in Größenordnungen nicht geimpfte Lehrer auf nicht getestete Schüler", bringt Elmenthaler das Problem auf den Punkt. Organisatorisch und politisch sei das ein Desaster.
Weil die Schulen die versprochenen Selbsttests für alle Schüler noch nicht bekommen haben, sind die Tests freiwillig. Am Zittauer Christian-Weise-Gymnasium haben sich am Montag 76 Schüler freiwillig testen lassen - gerade mal ein Drittel aller, die an diesem Tag zum Unterricht gekommen sind. An den anderen Schulen in der Region dürfte die Quote nach SZ-Informationen ähnlich niedrig sein.

Erst wenn den Schulen ausreichend Selbsttests zur Verfügung stehen, wird der Test für alle Schüler ab Klassenstufe 5 verpflichtend. Wann das soweit sein wird, das kann auch Vincent Richter, der Sprecher des Landesamts für Schule und Bildung in Bautzen, am Montag noch nicht sagen. Wenn die Test da sind, müssen sich alle Schüler einmal wöchentlich in der Schule testen, alle Lehrer zweimal wöchentlich. Es gelte das Vier-Augen-Prinzip.
Schüler, die den Test verweigern, dürfen die Schulen dann nicht mehr betreten. "Sie müssen zu Hause bleiben und sich selbst um den verpassten Unterrichtstoff bemühen", sagt Ingo Elmenthaler. Ein extra Homeschooling für Testverweigerer werde es nicht geben.
Dass die Bedenken der Lehrerschaft über die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an diesem Montag unter diesen Bedingungen nicht unberechtigt sind, das beweist ein Blick in die Statistik aus dem Landratsamt ziemlich eindrücklich: Allein in der vorigen Woche, als neben den Kindertagesstätten nur die Grund- und Förderschulen und die Abschlussklassen im Präsenzunterricht waren, verzeichnete das Gesundheitsamt an 16 Schulen und elf Kindertagesstätten Coronavirus-Infektionen.
Mit Stand vom Sonntag wurden an Einrichtungen in Bad Muskau, Bertsdorf-Hörnitz, Ebersbach-Neugersdorf, Görlitz, Gablenz, Herrnhut, Kodersdorf, Löbau, Neusalza-Spremberg, Weißwasser und Zittau 31 positive Fälle, darunter elf Mutationen, an Schulen und 50 Fälle, darunter 22 Mutationen, in Kitas und Horten festgestellt. Aktuell sind 441 Kinder und Jugendliche und 47 Erzieher und Lehrer in Quarantäne.
Und der Inzidenzwert im Kreis ist am Montag bereits den zweiten Tag in Folge auf einen Wert über die kritische Grenze von 100 gestiegen. Der Landrat hat für Dienstag eine Pressekonferenz angekündigt. Es wird darauf hinauslaufen, dass Lockerungen wieder zurückgenommen werden müssen, heißt es aus dem Landratsamt. Nach fünf Tagen in Folge mit einer Inzidenz von über 100 hieße das, dass auch die komplette Öffnung der Schulen wieder rückgängig gemacht wird.
Die Testergebnisse für die 76 Schüler des Zittauer Christian-Weise-Gymnasiums, die am Montagmorgen freiwillig zum Corona-Test gekommen sind, waren übrigens alle negativ.
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