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Deutschkurse sind wieder der Renner - vor allem bei Tschechen und Polen

An der Volkshochschule ist die Nachfrage nach Corona wieder deutlich gestiegen. Warum die Schüler teilweise weite Wege bis nach Zittau in Kauf nehmen.

Von Anja Beutler
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Deutschunterricht in der VHS: Ilona Lehmann (rechts) mit ihren Schülern (von zweiter von rechts nach links): Natalia, Kamila, Petr und Maryna.
Deutschunterricht in der VHS: Ilona Lehmann (rechts) mit ihren Schülern (von zweiter von rechts nach links): Natalia, Kamila, Petr und Maryna. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Petr Mihenda legt die Stirn in Falten und denkt nach. Was er in seiner Freizeit gern für Kleidung trägt, soll er der Kursleiterin Ilona Lehmann auf Deutsch sagen. Die kleine Lerngruppe sitzt in der Volkshochschule im Zittauer Salzhaus. Es ist Dienstagabend. Mihenda kommt aus Hradek nad Nisou (Grottau) knapp sieben Kilometer jenseits der Grenze in Tschechien und besucht seit einiger Zeit den Deutschkurs an der Volkshochschule. Freiwillig, wie er betont. Zum einen hat er seit einem Vierteljahr einen Job bei Arnell im Zittauer Gewerbegebiet und will seine Sprachkenntnisse verbessern. Zum anderen hat der 50-Jährige auch familiären Ehrgeiz, die Sprache zu lernen: "Meine Uroma und mein Uropa haben Deutsch gesprochen, aber das ist über die Generationen verloren gegangen", erklärt er. Nun hofft er - nach mehreren Kursen in seinem Heimatland - direkt in Deutschland ein großes Stück voranzukommen.

Tschechen wie er - und ebenso Polen - sind aktuell die mit Abstand stärkste Interessentengruppe für Deutsch-Kurse an der Volkshochschule Dreiländereck (VHS), einem der größten Anbieter solcher Kurse in der Region. "Die meisten Anfragen kommen tatsächlich aus den beiden Nachbarländern, aber auch Geflüchtete aus der Ukraine sind nach wie vor immer dabei", sagt Michaela Herlingova vom Fachbereich Sprachen der VHS. Seitdem die Einschränkungen durch Corona Geschichte sind, zieht die Nachfrage deutlich an. Deutschunterricht ist gefragt wie lange nicht mehr. In vielen Fällen ist eine Arbeitsstelle in Deutschland ausschlaggebend - aber nicht immer. "Die Kurse sind in diesem Semester an der Kapazitätsgrenze", erklärt Herlingova. Die VHS bemühe sich, jedes Semester einen neuen Kurs anzubieten, was mit Blick auf die begrenzte Anzahl an Lehrkräften gar nicht so einfach sei. Zehn Kurse gibt es aktuell, die meisten in Zittau, Weißwasser und einen auch in Löbau.

Nicht genügend Lehrkräfte für Nachfrage

Eine dieser raren Lehrkräfte ist Ilona Lehmann. Eigentlich sollte und wollte sie Englisch unterrichten, als sie 2017 an die Volkshochschule kam. Rasch kam die Bitte, doch einen Deutschkurs zu übernehmen, was sie dann auch tat - und noch immer tut. "In den vergangenen sechs Jahren hat sich viel verändert: Zeitweise hatten wir viele Teilnehmer aus arabischen Ländern", skizziert sie. Das gibt es jetzt eher selten und hat sich komplett in Richtung östliche Nachbarländer verschoben. Manch einer legt dabei echt Dutzende Kilometer zu seinem Sprachunterricht zurück, weiß auch Herlingova. Wieder andere haben große Ausdauer. Manche Sprachschüler besuchen den Kurs von Ilona Lehmann tatsächlich bereits seit sechs Jahren: so wie Natalja Miklashevskaya. Sie lebt im knapp 30 Kilometer entfernten Liberec (Reichenberg) und arbeitet dort als Ärztin. Deutsch lernt sie, weil ihre Tochter an einer zweisprachigen Schule unterrichtet wird und die Familie generell gern verreist - vor allem nach Deutschland. Hier zu arbeiten sei aber nicht ihr Ziel, erklärt die 47-Jährige.

Egal, ob sie in Deutschland arbeiten wollen oder nicht - alle Tschechen im Kurs haben sich für den Unterricht in Zittau entschieden, weil sie sicher sind, bei einem Muttersprachler besser Deutsch zu lernen als in ihrem Heimatland. Der Kurs von Ilona Lehmann will das Niveau A2 erreichen. Das heißt, die Teilnehmer sollen sich in Alltagssituationen austauschen können, kurze Notizen schreiben und in Texten das Wichtigste verstehen können. Noch gefragter als dieses Niveau sind Kurse für die Stufe B1 und B2, die sich an die Anfängerkurse anschließen und vor allem im Berufsalltag relevanter sind.

Und was trägt Petr Mihenda nun gern privat für Kleidung? "Rote Kleidung", sagt er schließlich. Ilona Lehmann schaut auf den in dunklen Farben gekleideten Mann - und schmunzelt. Dann lachen alle gemeinsam - und sind jetzt vermutlich gespannt, ob Petr das nächste Mal farbenfroher zum Unterricht erscheint.