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So vielfältig war die Zittauer Handwerkerschaft

Das hat erstmals 1836 eine Schau des Zittauer Gewerbevereins offenbart - durch 217 Exponate. Mit dabei: Böttcher, Hutmacher, Gürtler, Seiler und andere.

Von Rolf Hill
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1902 hatte eine groß angelegte Oberlausitzer Gewerbe- und Industrieschau in der Weinau Premiere. An Attraktionen wie diesen „Reichsdampfer mit Lichtfontäne“ nach einem Entwurf des Zittauer Architekten Schiesser wurde nicht gespart.
1902 hatte eine groß angelegte Oberlausitzer Gewerbe- und Industrieschau in der Weinau Premiere. An Attraktionen wie diesen „Reichsdampfer mit Lichtfontäne“ nach einem Entwurf des Zittauer Architekten Schiesser wurde nicht gespart. © Repro Rolf Hill

Zwei Dinge gehörten zu den ersten Schwerpunkten des 1835 nach dem Vorbild benachbarter Städte gegründeten Zittauer Gewerbevereins: die fundierte Aus- und Weiterbildung der Lehrlinge und jungen Gesellen der einzelnen Handwerksberufe und die Ausstrahlung des Vereins nach außen. Mit Gewerbeausstellungen wollte man der Bevölkerung das Können der heimischen Gewerbetreibenden vor Augen führen, die Aussteller „zu tüchtigem Schaffen“ anspornen und deren Umsatz zu erhöhen. So eröffnete am 4. Juli 1836 die „erste Ausstellung von inländischen Kunst- und Gewerbe-Erzeugnissen“. Sie muss die Erwartungen übertroffen haben und „erfreute sich allgemeinen Beifalls, den man dem Aufschwung des vaterländischen Gewerbes zollte“, wie es hieß.

Auf dieser ersten Ausstellung, so resümierte der Gewerbeverein in einer Festschrift zu seinem 60-jährigen Bestehen 1895, waren 217 Exponate zu sehen, die von 81 hiesigen Gewerbetreibenden gefertigt worden waren und großes öffentliches Interesse erregten. Es muss sich um eine reine Verkaufsausstellung gehandelt haben, denn im Katalog fand sich hinter den jeweiligen Erzeugnissen immer gleich der Preis. Der Katalog dieser bis 18. Juli dauernden Schau zeigte aber auch, mit welcher Vielfalt schon damals die Zittauer Handwerkerschaft aufwarten konnte.

Vertreten waren Buchbinder, Bürstenmacher, Drechsler, Tischler, Böttcher und Musikinstrumentenbauer ebenso wie Hutmacher, Kammsetzer und Kürschner. Im Bereich der Metallbearbeitung fanden sich Gold- und Silberschmiede, Feilenhauer, Gürtler, Klempner, Messer- und Zirkelschmiede, Schlosser, Zinngießer und Büchsenmacher. Seiler, Schneider, Sattler, Schuhmacher und Riemer reihten sich ebenso ein wie die verschiedensten Zweige der Weberei, Strickerei und Malerei.

Ermutigt durch diesen ersten großen Erfolg veranstaltete der Verein weitere solcher Expositionen in den Jahren 1838, 1841, 1844, 1847 und 1854. Dank des freundschaftlichen Zusammengehens mit den Brudervereinen Bautzen und Kamenz erhielten die beiden letztgenannten Messen „den Charakter als Provinzialausstellungen, in denen Kunst- und Gewerbserzeugnisse der sächsischen Lausitz ausgestellt wurden“, berichtete der Vereinsschriftführer, Rathsregistrator Pankritz. Die letzte vom Zittauer Gewerbeverein ausgerichtete Gewerbeausstellung dieser Art fand 1869 statt. Damals, so Pankritz, wurden schon 2.750 Ausstellungsgegenstände präsentiert, nahezu 10.000 Besucher fanden sich ein. Auch finanziell hatte es sich gelohnt, denn der Vereinskasse konnten am Ende 300 Thaler Überschuss zugeführt werden.

Später allerdings müssen dem Vorstand die wachsenden Ansprüche an die Ausrichtung solch großer Präsentationen zu umfangreich geworden sein. Man beschränkte sich auf Weihnachtsbasare und Gesellenstückausstellungen, bis dann im Jahre 1902 mit der groß angelegten „1. Oberlausitzer Gewerbe- und Industrieausstellung“ vom 21. Juni bis 22. September im Gelände der Zittauer Weinau ein völlig neues Kapitel begann.