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Warum einem Görlitzer Unternehmer Zittau am Herzen liegt

Architekt und Hotelier Christian Weise könnte sich vorstellen, irgendwann seinen Wohnsitz von Görlitz nach Zittau zu verlegen. Dafür hat er viele Beweggründe.

Von Andrea Thomas
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Über den Dächern der Stadt: der Ausblick faszinierte den Architekten Christian Weise von Anfang an.
Über den Dächern der Stadt: der Ausblick faszinierte den Architekten Christian Weise von Anfang an. © A. Thomas

Die Vision, historischen Bauwerken nicht nur neues Leben einzuhauchen, sondern auch Werte aus der Geschichte des Hauses zu erhalten, treibt den Görlitzer Architekten Christian Weise bei der Arbeit an. Ein eindrucksvolles Beispiel der Umsetzung seiner Philosophie ist das Hotel Sonne am Zittauer Markt 9. Um Individualität und Qualität zu vereinen, wurde die Historie des Gebäudes mit der Idee von etwas Neuem verbunden. "Viele Reisende zelebrieren die Sehnsucht nach dem Anderen. Dem wollen wir damit Rechnung tragen", sagt der Architekt, der an der renommierten Bauhausuniversität Weimar studiert hat und gemeinsam mit seinem niederländischen Geschäftspartner Bas Dankers seit knapp zwei Jahren das Hotel betreibt.

Der Gebäudekomplex Markt 9 wurde gemeinsam mit den Eigentümern und Betreibern des Filmpalasts, Familie Kieft, von Grund auf saniert. Die Neueröffnung des Hotels Sonne im Herbst 2021 stand im Zeichen von Corona und Energiekrise. Weise stellt klar, dass dies kein Grund gewesen sei zu resignieren oder gar etwas zu bereuen: "Mit der Gewissheit auf bessere Zeiten haben wir nach vorn geschaut und das umgesetzt, was gerade machbar war."

Das spezielle Hotelkonzept kommt gut an. Laut Weise können die Buchungszahlen des Hotels inzwischen zufriedenstellen. Viele Gäste sind Geschäftsleute, doch zunehmend kommen Touristen. Nicht nur aus Deutschland. Briten, Franzosen, Niederländer, Skandinavier und sogar Amerikaner wurden schon hier beherbergt. 9 von 10 möglichen Punkten haben derzeit 249 Gästebewertungen auf der Reiseplattform booking.com ergeben. Auf dem Buchungsportal wurde die Zittauer "Sonne" mit dem Prädikat "Hervorragend" zertifiziert.

Ein Blick ins sanierte Haus: Das Restaurant im Hotel "Sonne".
Ein Blick ins sanierte Haus: Das Restaurant im Hotel "Sonne". © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Darüber freut sich Christian Weise, denn er hat eine ganz besondere Verbindung zu Zittau. Als er 2018 auf dem heutigen Dachgarten des Hotels stand, um ein reparaturbedürftiges Dach des Nachbarhauses zu begutachten, wurden Kindheitserinnerungen in dem 57-Jährigen geweckt. "Als kleiner Junge war ich oft bei meiner Oma in Zittau auf der Tongasse. Von dort aus hatte man einen ähnlichen Blick aufs Gebirge, der mich immer wieder aufs Neue faszinierte", erzählt der gebürtige Görlitzer. In diesem schicksalsträchtigen Moment kam ihm die Idee, hier ein neues Hotel zu entstehen zu lassen, zumal das auch einer Fortführung der Tradition des 1701 errichteten Hauses entsprach. "Es war damals eine reine Bauchentscheidung, welche die rationale Sicht auf die Dinge ausblendete", lacht Weise.

Nicht ohne Stolz führte Christian Weise jüngst am Tag der Architektur Interessierte durch das Haus. Obwohl der viel beschäftigte Mann die Wochenenden braucht, um neue Energie zu tanken, war es ihm ein Bedürfnis, den Leuten zu zeigen, welcher Schatz sich hinter der Barockfassade verbirgt. Mit Freude über jeden Besucher beantwortete er geduldig Fragen. Er sprach mit leuchtenden Augen über die Geschichte des Hauses sowie dessen Bau und verband damit viele persönliche Geschichten, die zeigten, dass dieser Mann und "seine Sonne" zusammengehören. Er erzählte, dass er begonnen habe, historische Ansichtskarten von dem Haus zu sammeln. Nicht nur der Bilder wegen, auch die Texte seien ein wahrer Fundus. Ihm schwebt eine Ausstellung vor, um die Leute neugierig zu machen.

Im Hotel ist noch "Luft nach oben"

Gäste waren nicht in Massen, dafür aber von weit her gekommen, um an der Führung teilzunehmen. Viele hatte der Zufall hergeführt. Manche kritisierten in diesem Zusammenhang, dass weder das Hotel noch die Touristeninformation oder das Kino auf den ersten Blick am Marktplatz wahrnehmbar seien. Der Hamburger Heiko Demel schwärmte von den mit Umsicht restaurierten Sandsteinwänden sowie den alten Kaminen in den Gästezimmern. "In diesem Haus zu wohnen, ist ein Erlebnis", bekräftigte seine Frau. Spontan hatte das Paar in diesem "Juwel", wie sie es nennen, ein Zimmer gebucht. Die gebürtige Zittauerin Petra Janeck, die vor 40 Jahren nach Magdeburg zog, kennt das "Sonnen-Café" aus DDR-Zeiten.

Sie lobt, dass dem Bauherrn der Spagat gelungen ist, Historie und Moderne mit viel Liebe zum Detail in Einklang zu bringen. Wie man es geschafft habe, alte Backsteinwände, aufgearbeitete Holzdielen, Türen und Balken mit Elementen in modernem Design zu kombinieren - das sei einzigartig, fasst sie ihre Begeisterung in Worte. Einer Berlinerin gefallen die originellen Bilder, die das Leitmotiv des Hauses - die Sonne - veranschaulichen. Es sind Werke von Weises Tochter Charlott, die in Amsterdam Kunst studiert hat. Durch sie fand ihr Lebensgefährte Bas Dankers den Weg in die Oberlausitz.

Der Hotelier baut auf gute Zusammenarbeit mit anderen städtischen Unternehmen. Gemeinsam mit dem Kinoeigentümer will man in den nächsten Wochen versuchen, mit der Stadt wegen dringend erforderlicher Informationselemente und Werbemöglichkeiten ins Gespräch zu kommen. Außerdem hat Weise vor, in Zittau ein Zweigbüro seiner in Görlitz ansässigen Weise Planungsgesellschaft zu eröffnen.

Er weiß, dass es im Hotel "Sonne" noch Luft nach oben gibt, vor allem im gastronomischen Bereich. Ideen im Bereich Erlebnisgastronomie gebe es viele, verrät Weise. Doch leider fehle es derzeit am Personal. "Unser großartiges Team würde sich über Verstärkung freuen. Bewerbungen sind willkommen", lässt der Görlitzer wissen, der sich vorstellen könnte, in Zittau zu wohnen. Er sieht in der Stadt viel Potenzial.