Tote Mandau: Fische und alle anderen Tiere sind weg

Mit Wut im Bauch steht Frank Wehle am Ufer der Mandau in Hainewalde. "Hier gibt es keine Fische mehr", sagt er. Und nicht nur das, auch sonstiges Wassergetier ist nur noch sehr schwer zu finden. Für die SZ hat sich der Hainewalder extra Angler-Hosen angezogen und geht in den Fluss hinein. Wahllos hebt er einen Stein nach dem anderen aus dem Wasser. "Hier müssten eigentlich die verschiedensten Kleinlebewesen dran sein", schildert er. Aber nichts dergleichen. Auch dort, wo die Steine gelegen haben, sind keine Wasserinsekten, Larven, Käfer, Schnecken oder andere kleine im Wasser lebenden Tieren zu sehen.
- Mehr Nachrichten aus Löbau und Umland sowie Zittau und Umland
Seit etwa zwei Jahren ist das nun schon so. "Dieser Zustand unserer Mandau bedrückt mich", sagt er. Und er weiß, dass es vielen anderen Anwohnern auch so geht. Dabei hatte sich die Mandau nach der Wende zu einem der fischreichsten Gewässer in Sachsen entwickelt. "Als Angler und Gewässerwart war ich maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt und kann das beurteilen. Wenn auch nicht Werte eines klaren Gebirgsbaches erreicht wurden - in und auf der Mandau war mal richtig Leben", berichtete Frank Wehle.
Im Fluss zuckt nichts mehr

Danach sieht es schon lange nicht mehr aus. Regelmäßig fließt auf der Mandau seit etwa zwei Jahren - manchmal mehrmals in der Woche - Schaum. Das ist ganz unterschiedlich an den Wochentagen. Frank Wehle hat es sogar schon an Sonntagen gesehen. Er vermutet dahinter den Grund dafür, dass der Fluss inzwischen so gut wie tierlos ist.
Frank Wehle zeigt flussabwärts. "Noch vor drei, vier Jahren stand hier aller 50 Meter ein Fischreiher", erzählt er. Auf den ersten Blick, bis auf den Schaum, ist unsere Mandau in Ordnung. Unter der Wasseroberfläche zuckt jedoch nichts mehr", fügt er hinzu.
Amt nimmt Gewässerproben
Frank Wehle hat sich deswegen mehrfach an das Umweltamt beziehungsweise an die Untere Wasserbehörde im Landratsamt gewendet. Inzwischen gibt es zwischen ihm und den Ämtern und einem weiteren Hainewalder Bürger einen regen Schriftverkehr. Bereits im Frühjahr 2020 teilte die Untere Wasserbehörde Frank Wehle schriftlich mit, dass es sich bei seinen Beobachtungen und inzwischen auch denen des Landratsamtes "zweifelsohne um eine Gewässerverunreinigung handelt".
In einem weiteren Schreiben der Behörde hieß es, dass sie sich am 8. Mai 2020 ein Bild von der angezeigten Schaumbildung auf der Mandau machen konnte. Auf der Strecke zwischen Hainewalde und Großschönau wurden damals drei Wasserproben entnommen. Wieder teilte das Umweltamt Frank Wehle mit, dass die Schaumbildung auf der Mandau kein hinnehmbarer Zustand sei.
Die Analyse der Gewässerproben zeigte damals eine geringe Belastung der Mandau mit Tensiden. "Allerdings lagen die ermittelten Tensid-Werte dieser einmaligen Beprobung unterhalb beziehungsweise geringfügig über der Nachweisgrenze von 0,2 Milligramm/Liter, was in heutigen Gewässern nicht ungewöhnlich ist", teilte das Amt damals mit. Und es schloss auch eine natürliche Schaumbildung nicht aus. Die könnte durch ein Nährstoffüberangebot, Eiweiße und anderes hervorgerufen werden - wie etwa durch Huminstoffe. Das sind hochmolekulare Stoffe eines Humusbodens. Das war der Stand vor eineinhalb Jahren.
- Nachrichten von Sächsische.de gibt es auch auf Facebook aus Löbau und aus Zittau.
Mandau zog Angler aus ganz Sachsen an
Frank Wehle will sich damit nicht abfinden. Den Schaum gab es schließlich vor drei, vier Jahren noch nicht. Dafür aber jede Menge Fische. Er selber gehörte zu denen, die unter anderem Tausende Forellen ausgesetzt hatten. Die Forellen hatten hier in der Mandau so gute Bedingungen, dass sich ihr Bestand rasch und anhaltend vermehrte.
So sehr, dass die Mandau Angler aus ganz Sachsen und darüber hinaus anzog. "Das hat uns damals auch nicht gefallen. Aber wenigstens waren da noch Fische im Fluss", sagt er. Und daran, dass das nicht mehr so ist, sind weder die Angler noch die zahlreichen Fischreiher schuld. Schließlich gibt es ja auch keine Kleinlebewesen mehr. Für Frank Wehle sind die einst zahlreichen und nun verschwundenen Reiher, Wasseramseln, Gänsesäger und andere Tiere an der Mandau ein sichtbarer Beweis dafür, dass hier etwas nicht stimmt.
Frank Wehle fühlt sich abgezockt. Er und andere Bürger mussten hohe Abwassergebühren zahlen. Seine würde er jetzt am liebsten zurückfordern. "Es macht einfach keinen Sinn, für vorgegaukelten, nicht praktizierten Umweltschutz zu zahlen", schildert er.
Umweltamt: Langzeit-Messdaten noch nicht ausgewertet
Er wüsste auch gern, ob das Landratsamt, so wie ihm gegenüber angekündigt, in diesem Jahr Mess-Stellen in der Mandau eingerichtet hat.
Das bestätigte auf Nachfrage der SZ die Pressesprecherin des Landkreises Julia Bjar. Das Umweltamt des Landkreises Görlitz geht auch auf die 2020 erfolgten Ortsbegehungen und eine Probeentnahme durch die Untere Wasserbehörde in den besagten Bereichen an der Mandau ein.
Die Schaumbildung trat damals in gleichem Maß bereits weit oberhalb der Staatsgrenze Varnsdorf/Großschönau auf, heißt es. Zudem gab es 2020 eine Gewässerbegehung mit einem Gutachter eines akkreditierten Umweltlabors. Wie Julia Bjar berichtet, schätzte der Gutachter ein, dass die Schaumbildung wohl einen natürlichen Ursprung hat. Des Weiteren erfolgte in diesem Zusammenhang ein Austausch mit den zuständigen tschechischen Behörden. Die Quelle für die Schaumbildung konnte aber nicht festgestellt werden.
- Sie haben Hinweise, Kritik oder Lob? Dann schreiben Sie uns per E-Mail an [email protected]ächsische.de oder [email protected]ächsische.de
Behörde beobachtet weiter
Das Umweltamt auch deutscher Seite will aber die Situation weiter beobachten. Seit diesem Jahr gibt es drei Messstellen an der Mandau. Diese befinden sich in den Grenzbereichen Rumburk/Seifhennersdorf, Seifhennersdorf/Varnsdorf und Varnsdorf/Großschönau. Die seitdem ermittelten Messreihen sind am 1. Juli 2021 von der Unteren Wasserbehörde des Landratsamtes beim Sächsischen Landesamt für Umwelt Landwirtschaft und Geologie angefordert worden. "Bisher liegt noch keine Rückantwort vor", berichtet Julia Bjar. Das Landesamt ist auch für das Erfassen und Bewerten des Fischbestandes in sächsischen Gewässern zuständig.
Frank Wehle wüsste ebenso gern das Ergebnis der Langzeit-Messdaten. Irgendetwas hat die Fische und anderen Lebewesen im Wasser in der Mandau nicht nur in Hainewalde vertrieben. Und die Ursache muss gefunden und beseitigt werden, findet er. "Denn niemand kann eine tote Mandau wollen", sagt er.