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Panzersperren gegen die Rote Armee

Im Frühjahr 1945 sollte der Volkssturm in Ostritz die vorrückende Sowjets aufhalten, Händler dafür Material liefern. Es war eine sinnlose Aktion.

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So sah die Panzersperre am Ostritzer Berg (heute B 99) in Höhe der Schäferei aus, um den Vormarsch der Roten Armee aufzuhalten.
So sah die Panzersperre am Ostritzer Berg (heute B 99) in Höhe der Schäferei aus, um den Vormarsch der Roten Armee aufzuhalten. © Sammlung Josefine Schmacht

Von Josefine Schmacht

Mit letzten Aufgeboten versuchte Hitlerdeutschland vor 76 Jahren das Ende des schrecklichen Zweiten Weltkrieges hinauszuzögern. Bereits im März 1945 sollte der Volkssturm in Ostritz Straßensperren aufbauen. Der Volkssturm war durch einen Erlass von Hitler im September 1944 gebildet worden. Alle Männer zwischen 16 und 60 Jahren, die nicht der Wehrmacht angehörten, wurden darin zusammengefasst. Angesichts der drohenden militärischen Niederlage sollten diese Einheiten die Wehrmacht unterstützen. Aber schon das Alter der Betreffenden ließ keinen hohen körperlichen Einsatz zu. Dazu kam eine unzulängliche Ausbildung. Trotzdem wurden manche dieser Gruppen an die Front geschickt. Sie erlitten hohe Verluste.

Die Ostritzer Volkssturm-Männer sollten die Straßensperren errichten, auch Panzersperren genannt, um die vorrückenden sowjetischen Panzer an der Weiterfahrt zu hindern. In Eile wurden in den Wäldern starke Bäume geschlagen und entästet, Gruben ausgehoben und die Stämme aufgestellt. Damit war es aber noch nicht getan. Am 5. März 1945 erhielten Ostritzer Händler Aufforderungen, weiteres Material für die Straßensperren zu liefern. Die Eisenwarenhandlung Großer sollte 10 kg Nägel und 100 runde Krampen abgeben, von der Eisenwarenhandlung Grohmann wurden 12 kg blanker Eisendraht verlangt. Schlossermeister Michler hatte 33 kg verzinkten Eisendraht zu liefern und Baumeister Georg Lankisch 6,56 Festmeter Fichten- und Kiefernstammholz. Auch im Klosterwald wurde Holz geschlagen. Ob die Beauftragten das verlangte Material überhaupt noch besaßen, ist nicht überliefert.

Horst Gauß war 1945 als siebenjähriger Junge in Ostritz. In seinen Erinnerungen notierte er: „Meine Mutter war schwer lungenkrank, und deshalb kam ich mit der Kinderlandverschickung 1944 nach Ostritz zu einer Familie. Ich vergesse nie, wie die große Panzersperre auf der Görlitzer Straße (heute B 99) von russischen Fremdarbeitern errichtet wurde. Doch die Tage wurden immer unruhiger, je näher die Front rückte. Ich sah, wie alle meine Freunde und ihre Familien Ostritz verließen. So viel ich mich noch erinnern kann, verschwanden auch die letzten deutschen Soldaten. Ich bekam mit, wie die noch verbliebenen Familien versuchten, die einmal errichtete Panzersperre wieder zu beseitigen, weil man befürchtete, dass die Russen dann schießen könnten, wenn ihr Vormarsch aufgehalten würde. Es wurde viel diskutiert. Jeder hatte einen anderen Vorschlag, wie man sich ergeben sollte. Alle hatten fürchterliche Angst vor den Russen.“

Die Panzersperre wurde doch noch abgebaut, ebenso die Sperre am Ostritzer Berg, Höhe Schäferei. Im Nachhinein weiß man, dass diese Sperren für die starken Panzermotoren kein ernsthaftes Hindernis waren. Mancherorts fuhren die sowjetischen Soldaten einfach über Wiesen und Felder und ließen die Sperren stehen.

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