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Zoff mit der Schwiegermutter

Ein Meißner soll die 87-Jährige auf eine Steintreppe gestoßen haben. Seine Begründung: Er sei von der Frau verprügelt worden.

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Von Jürgen Müller

Das Verhältnis zu Schwiegermüttern ist ja manchmal – nun sagen wir mal – etwas schwierig. Dieses hier zwischen dem Angeklagten und der Mutter seiner Frau jedoch ist hoffnungslos zerstört. Es regiert auf beiden Seiten der blanke Hass. „Mit dem will ich nicht verwandt sein, mit dem will ich nichts zu tun haben“, wettert die 87-jährige Frau. Sie ist die Schwiegermutter des Angeklagten. Dem wird vorgeworfen, versucht zu haben, die alte Frau eine Treppe hinauf zu schubsen, ihr den Arm verdreht und sie auf die Steintreppe gestoßen zu haben. Die Schwiegermutter zog sich mehrere Hämatome zu.

Doch der 68-jährige Angeklagte fühlt sich völlig unschuldig. Er habe nur aus seiner ehemaligen Wohnung in dem Dreiseithof in Meißen, in dem auch seine Schwiegermutter wohnt, etwas holen wollen, da habe die alte Frau plötzlich im Türrahmen gestanden, ihm den Weg versperrt, ihn angeschrien und beleidigt. „Sie hat mir in die Eier getreten und ins Gesicht geschlagen“, sagt der stämmige Mann. Die alte, zierliche Frau habe sich „furienartig“ hineingesteigert. Damit sie nicht weiter schlagen könne, habe er sie am Arm gefasst und in Richtung Treppe geschoben. Als seine Frau dazu kam, die die Mutter beruhigen sollte, sei auch diese beleidigt worden. Er habe zwei blutende Wunden an der rechten Schläfe gehabt. Als Beweis legt er Fotos vor. Das Problem daran ist nur: Die Fotos sind zwei Tage nach der angeblichen Tat gemacht worden. Mehr noch: Ein Polizist sagt als Zeuge aus, dass er weder bei der Frau noch bei dem Angeklagten irgendwelche Verletzungen festgestellt hatte.

Hintergrund der Auseinandersetzungen, die schon Jahre gehen, ist mal wieder das liebe Geld. Ganz offensichtlich geht es um einen Erbstreit. Die Schwiegermutter hatte mit ihrem Mann den Hof nach dem Krieg aufgebaut. Nach dem Tod ihres Mannes sei ihr nicht zu vermitteln, dass es jetzt drei Eigentümer gebe, sagt der Angeklagte. „Seit mein Mann tot ist, bin ich durch die Hölle gegangen“, sagt die alte Frau. „Die wollten mir zeigen, wo´s langgeht. Das kommt ja schon mal gar nicht in Frage“, sagt sie völlig aufgebracht. Der Streit entzündete sich wohl auch daran, dass die Frau Darlehen mit abbezahlen soll, was sie mit ihrer kleinen Rente gar nicht kann.

Anzeigen und Kontaktverbot

Seit längerer Zeit zeigen sich der Angeklagte und die Schwiegermutter gegenseitig an. Eine Schmerzensgeldforderung der Frau ist noch offen, wurde bis zum Ende des Strafverfahrens ausgesetzt. Die Auseinandersetzung hat auch schon das Familiengericht beschäftigt. Dort verpflichteten sich beide Seiten freiwillig zum Kontaktverbot. Wenn der Angeklagte in den Dachboden seiner ehemaligen Wohnung will, muss er das 24 Stunden vorher über seine Frau bei seiner Schwiegermutter anmelden. An das Kontaktverbot halten sich wohl beide nicht so richtig. Jedenfalls kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen.

Inzwischen ist das Grundstück verkauft, sowohl Angeklagter als auch Schwiegermutter sind nur noch Mieter. Mittlerweile hat der Angeklagte den Dachboden seiner ehemaligen Wohnung geräumt, er begegnet also seiner Schwiegermutter nicht mehr zwangsläufig.

Das Gericht möchte die Situation mit einem Urteil nicht noch weiter anheizen, sondern unter der Voraussetzung einstellen, dass sich der Angeklagte bei seiner Schwiegermutter entschuldigt. Die stimmt erst zu, nimmt dann die Entschuldigung doch nicht an, gibt ihrem Schwiegersohn nicht die Hand. „Was dieser Mensch mir angetan hat, kann ich nicht vergessen. Als mein Mann noch lebte, hat er sich das nicht getraut“, sagt sie.

Das Gericht stellt das Verfahren dennoch ein, die Kosten trägt die Staatskasse. Ein Fall für das Strafgericht ist das ohnehin nicht.