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Zschäpe-Verteidiger wieder vereint vor Gericht

Im NSU-Prozess haben sie Beate Zschäpe verteidigt. Ein Betrugsprozess führt die drei Pflichtverteidiger wieder zusammen. Ein weiterer Anwalt hat dafür Einblick in Zschäpes Leben hinter Gittern.

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Die Angeklagte Beate Zschäpe (M) und ihre Anwälte Anja Sturm (l) und Wolfgang Herr stehen am 18.03.2014 im Gerichtssaal in München.
Die Angeklagte Beate Zschäpe (M) und ihre Anwälte Anja Sturm (l) und Wolfgang Herr stehen am 18.03.2014 im Gerichtssaal in München. © Tobias Hase/dpa

Nürnberg. Drei der Pflichtverteidiger von NSU-Terroristin Beate Zschäpe werden im neuen Jahr wieder gemeinsam Mandanten in einem Strafprozess vertreten. Die Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm verteidigen Angeklagte, die wegen bandenmäßigen Betrugs angeklagt werden sollen. Das bestätigten die Anwälte und das Landgericht Nürnberg auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Es geht im Verfahren um Betrug mit Pflanzenöl-Blockheizkraftwerken. Mit einer auf umweltbewusste Anleger zielenden Masche sollen mehr als 1400 Opfer um insgesamt 62 Millionen Euro geprellt worden sein. In einem ersten Prozessdurchgang waren die Drahtzieher 2014 zu Gefängnisstrafen von drei bis neun Jahren verurteilt worden.

Derzeit stellt das Landgericht die Anklage gegen 14 mutmaßliche Helfer fertig. Sie sollen als Verkäufer neue Opfer überredet haben, Geld in das dubiose Geschäftsmodell zu stecken. Die Firma hatte den Angaben nach behauptet, sie habe fortschrittliche Blockheizkraftwerke entwickelt. Die liefen mit pflanzlichem Treibstoff, den man mit Wasser verdünnen könne - das stimmte aber nicht.

Einer der Angeklagten wird gemeinschaftlich von Stahl und Heer vertreten, einer von Sturm. Im ersten Quartal 2019 könnte der Prozess beginnen, heißt es im Nürnberger Gericht.

Ein gutes halbes Jahr ist das Urteil im NSU-Prozess jetzt her. Das Münchner Oberlandesgericht (OLG) hatte Zschäpe zu lebenslanger Haft verurteilt, vier ihrer mutmaßlichen Helfer bekamen vergleichsweise moderate Freiheitsstrafen. Das OLG hatte Zschäpe schuldig befunden, Mittäterin bei den Verbrechen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" gewesen zu sein: Ihre Kameraden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten zehn Menschen in ganz Deutschland erschossen. Opfer waren Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin. In Köln verübte das Duo zwei Sprengstoffanschläge - nach Überzeugung des Gerichts aus rassistischen Motiven.

Rechtskräftig sind die Urteile noch nicht. Zschäpes vier Pflichtverteidiger - neben Heer, Stahl und Sturm zählt Mathias Grasel dazu, der erst später im Verlaufe des NSU-Prozesses hinzukam - sind darum nach wie vor für die 43-Jährige tätig, im Auftrag des OLG. Auch an deutschen Gerichten sind sie als Strafverteidiger weiter aktiv. Zschäpes fünfter Anwalt und Wahlverteidiger Hermann Borchert hat sich nach dem Ende des NSU-Prozesses in den Altersruhestand verabschiedet.

Über den NSU-Prozess wollten sich die Zschäpes Ursprungsverteidiger Heer, Stahl und Sturm im Nachhinein nicht mehr äußern. Das Verfahren wird sie allerdings in den nächsten Monaten noch einmal einholen - dann nämlich, wenn das OLG seine schriftliche Urteilsbegründung nachreicht. Sobald die zugestellt ist, haben die Anwälte einen Monat Zeit, um ihre schon eingelegten Revisionen gegen das Urteil zu begründen. Die meisten Prozessteilnehmer rechnen damit, dass das OLG die Urteilsgründe bis zum Frühjahr 2019 fertig hat.

Im Gegensatz zu seinen Kollegen steht Grasel nach wie vor in persönlichem Kontakt zu Zschäpe: "Wir sehen uns regelmäßig." Er besuche häufig Mandantinnen im Frauengefängnis in München-Stadelheim, da begegne er dann auch Zschäpe. Die wirke nach dem Ende des Prozesses "ein Stück befreit" - trotz der Aussicht auf ein Leben in Gefangenschaft. Mit den drei ursprünglichen Pflichtverteidigern hatte sie sich im Verlauf des Prozesses überworfen.

Der NSU-Prozess war mit einer Verhandlungsdauer von mehr als fünf Jahren, rund 3000 Beweisanträgen, 57 Befangenheitsanträgen und einem Aktenumfang von rund 1200 Bänden mit mehreren Hunderttausend Seiten eines der umfangreichsten Verfahren in der deutschen Justizgeschichte und mit 30 Millionen Euro allein an unmittelbaren Prozesskosten eines der teuersten. Bis zu einem endgültigen Abschluss wird es aber noch dauern. Wenn die schriftliche Urteilsbegründung und die Begründungen der Revisionen vorliegen, überprüft der Bundesgerichtshof das Urteil nämlich auf formale oder inhaltliche Rechtsfehler - Dauer unklar. (dpa)