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Zufall oder Zeichen?

Mysterium? Zufall? Fälschung? Ein Bild vom Blitzeinschlag im Petersdom zum Papst-Rücktritt sorgt für Wirbel. Fotograf Di Meo schildert die spannenden Minuten und beteuert: Das Bild ist echt.

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© Alessandro Di Meo/ANSA/dpa

Von Stephan Scheuer

Rom/Berlin. Zuckend erleuchtet der Blitz den dunklen Himmel über dem Petersdom. Das grelle Licht stoppt auf dem Foto abrupt am Kreuz auf der Kuppel. Ausgerechnet über dem Symbolbau der katholischen Macht auf Erden. Ausgerechnet an diesem historischen Tag. Nur Stunden zuvor hat Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt angekündigt.

Fotograf Alessandro Di Meo ist nach dem Jahrhundertereignis in Rom unterwegs und macht Bilder für die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Ein Sturm zieht auf, und Di Meo wittert seine Chance. Aber er braucht zu lange. «Als ich die Linse vom Regen reinigte, schlug ein Blitz in die Kuppel ein. Ich konnte nichts machen - nur hilflos zuschauen und mich ärgern», sagt er am Dienstag in einem Ansa-Artikel.

Di Meo probiert andere Einstellungen und hofft. «Ich versuchte es weiter, und dann schlug ein Blitz mitten in die Kuppel ein - genau in dem Moment, als ich meine Aufnahme machte», schildert er. Die Kamera hat er auf einer Balustrade abgestützt. Acht Sekunden habe die Aufnahme gedauert.

Reaktionen auf den Rücktritt des Papstes

Zollitsch: Papst-Rücktritt sei große menschliche und religiöse Geste

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat den angekündigten Rücktritt von Papst Benedikt XVI. als „große menschliche und religiöse Geste“ bezeichnet. „Wir deutschen Bischöfe danken dem Heiligen Vater für seinen Dienst auf dem Stuhl Petri und sind erfüllt von großem Respekt und von Bewunderung für seine Entscheidung“, hieß es in einer Erklärung am Montag. „Papst Benedikt gibt aller Welt ein leuchtendes Beispiel wirklichen Verantwortungsbewusstseins und lebendiger Liebe zur Kirche.“

Angela Merkel: „Die Entscheidung verdient Respekt“

„Wenn der Papst selbst jetzt nach reiflicher Prüfung zu dem Entschluss gekommen ist, seine Kraft reiche nicht mehr für die Ausübung seines Amtes, so hat das meinen allerhöchsten Respekt“, sagte Bundeskanzlerin Merkel. Im Zeitalter des immer längeren Lebens könnten viele Menschen nachvollziehen, dass sich auch der Papst mit den Bürden des Alterns auseinandersetzen müsse. Unvergessen bleibe seine Ansprache im September 2011 im Bundestag, sagte Merkel. „Er beschrieb darin unsere grundlegende Aufgabe als Politiker: dem Recht zu dienen und der Herrschaft des Unrechts zu wehren.“ Daran werde sie lange denken. „Als Bundeskanzlerin sage ich Danke für seine Arbeit und wünsche ihm von Herzen alles Gute für die nächsten Jahre.“ Er habe die Herzen der Gläubigen erreicht und Juden wie Muslimen die Hand gereicht.

Bistum Dresden-Meißen bedauert Rücktritt

„Das hat uns überrascht“, sagte der Leiter des Katholischen Büros Sachsen, Christoph Pötzsch, am Montag in Dresden. Die Entscheidung werde aber auch mit Hochachtung vor einem solchen Schritt zur Kenntnis genommen. „Es tut uns sehr leid, denn Benedikt XVI. hat eine gewisse Beziehung zu unserem Bistum“, sagte Pötzsch. Ratzinger war zu DDR-Zeiten als Kardinal mehrfach auch in Dresden. Das Bistum hofft nun, dass das Konklave zur Wahl eines Nachfolgers nicht mit dem Amtsantritt des neuen Dresdner Bischofs Heiner Koch am 16. März zusammenfällt. Da Bischöfe vom zuständigen Metropoliten eingeführt werden, könnte es ein Terminproblem geben.

Mario Monti: „Ich bin sehr erschüttert über diese unerwartete Nachricht“

Italiens Ministerpräsident Mario Monti hat sich überrascht und geschockt von dem angekündigten Rücktritt von Papst Benedikt XVI. gezeigt. «Ich bin sehr erschüttert über diese unerwartete Nachricht», sagte er am Montag in Mailand, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Es habe vorher keine Anzeichen oder Signale für die Entscheidung Benedikts gegeben.

Giorgio Napolitano lobt großen Mut des Papstes

Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano hat Papst Benedikt XVI. nach dessen Rücktrittsentscheidung für seinen „großen Mut“ gelobt. Er zolle dem Papst seinen „allergrößten Respekt“, sagte er der Nachrichtenagentur Ansa zufolge am Montag. Benedikt habe mit der Entscheidung „außerordentlichen Mut und außerordentliches Verantwortungsbewusstsein“ bewiesen, sagte Napolitano.

David Cameron: „Er hat unermüdlich gearbeitet“

Der britische Premierminister David Cameron hat Papst Benedikt VI. Tribut gezollt. „Er hat unermüdlich gearbeitet, um die Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Heiligen Stuhl zu stärken“, sagte Cameron am Montag. „An seinen Besuch in Großbritannien 2010 wird mit großem Respekt und Zuneigung erinnert werden. Er wird als spiritueller Führer von Millionen vermisst werden.“

Horst Seehofer: „Wir sind stolz auf das Pontifikat von Papst Benedikt XVI.“

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer bedauert den Rücktritt von Papst Benedikt XVI. zutiefst. Seine Entscheidung verdiene dennoch größten Respekt, erklärte Seehofer in München. „Mit seiner charismatischen Ausstrahlung und seinem unermüdlichen Einsatz für das Wohl der Kirche hat der Papst aus Bayern die Menschen in aller Welt begeistert.“ Mit seiner Theologie habe er die katholische Kirche in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich geprägt. „Wir sind stolz auf das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. Deutschland und Bayern haben ihm unendlich viel zu verdanken“.

Annegret Kramp-Karrenbauer: „Papst war interessiert in aktuelle Themen“

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat überrascht auf den Rücktrittsankündigung des Papstes aus Gesundheitsgründen reagiert. „Mein persönlicher Eindruck war, dass der Heilige Vater geistig fit war und sehr interessiert an aktuellen Themen, insbesondere zu Themen rund um Europa“, erklärte die Regierungschefin am Montag auf dpa-Anfrage. Der Papst hatte Kramp-Karrenbauer erst am vergangenen Donnerstag zu einer Privataudienz empfangen.

Papst-Kritiker Hans Küng zollt Respekt

Der Theologe und Papst-Kritiker Hans Küng hat Benedikt XVI. für seinen Rücktritt Respekt gezollt. Dieser Schritt sei „aus vielen Gründen verständlich“, sagte Küng am Montag in Tübingen. „Zu hoffen ist aber, dass Ratzinger nicht Einfluss auf die Wahl seines Nachfolgers nimmt“, betonte der 84-Jährige. Allerdings habe Benedikt XVI. in seiner Amtszeit so viele Konservative Kardinäle berufen, dass unter ihnen kaum eine Person zu finden sei, „die die Kirche aus ihrer vielschichtigen Krise herausführen könnte“.

Adam Boniecki: „Er wollte kein Drama wie bei Johannes Paul II.“

„Ich denke, er wollte keine Wiederholung der dramatischen letzten Monate des Pontifikats von Johannes Paul II.“, sagte Adam Boniecki, einer der bekanntesten katholischen Intellektuellen Polens, in einer auf der Webseite der katholischen Wochenzeitschrift „Tygodnik Powszechny“ veröffentlichten Stellungnahme. „Man muss Benedikt dankbar sein, dass er gezeigt hat, wie sich das Problem von Amt, Alter und Schwäche in großem Glauben lösen lässt.“

Max Seckler spricht von der Stärke des Papstes

Der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. ist für seinen langjährigen Kollegen und Freund Max Seckler ein Zeichen der Größe des Kirchenoberhaupts. „Er stärkt damit die Auffassung, dass ein Papst aufhören soll, wenn es ihm die Gesundheit gebietet“, sagte der Tübinger Theologe am Montag. „Er hat sehr gelitten unter manchen Dingen, die dieses Amt mit sich bringt“, fügte der 85-Jährige hinzu. „Man kann sich schwer vorstellen, welche Intrigen es da in Rom gibt, mit denen er sich rumschlagen muss. Das hat ihn sehr belastet, weil er ja ein Theologe ist und ein edler Mensch.“

Bayerische Gebirgsschützen würdigen Leistungen des Papstes

Die Bayerischen Gebirgsschützen haben Papst Benedikt XVI. als wichtigen Kirchenmann insbesondere für Bayern gewürdigt. „Das war überwältigend, dass ein Deutscher Papst geworden ist“, sagte Landeshauptmann Karl Steininger am Montag im oberbayerischen Kleinpienzenau. Die Ankündigung des Rücktritts sei für ihn völlig überraschend gekommen, trotzdem habe er Verständnis. «Ich wünsche ihm, dass er noch einen langen, schönen Lebensabend hat“, erklärte Steininger. Die Gebirgsschützen waren im August 2012 nach Rom gereist, um dem Pontifex zu seinem 85. Geburtstag mit einem Ehrensalut und einem bayerischen Abend zu gratulieren.

Tillich bedauert Rücktritt des Papstes und zollt ihm Respekt

Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) hat den Rücktritt von Papst Benedikt XVI. bedauert und zugleich Verständnis gezeigt. „Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung, aufgrund seines Gesundheitszustandes die Geschicke der Katholischen Kirche in jüngere Hände zu übergeben“, sagte Tillich am Montag in Dresden. Papst Benedikt werde in Sachsen in dauerhafter Erinnerung bleiben. „Während seiner beeindruckenden Reise durch Deutschland konnten auch viele sächsische Christen den Heiligen Vater erleben. Mit Alois Andritzki hat er einen sorbischen Kaplan seliggesprochen, der für seinen Glauben von den Nationalsozialisten ermordet wurde.“

Tillich, selbst ein Katholik, hatte in seiner Amtszeit zweimal den Heiligen Vater aufgesucht. Gleich seine erste Auslandsreise als Regierungschef führte ihn im Sommer 2008 nach Rom. Im April 2012 gratulierte Tillich dem Papst bei einer Privataudienz nachträglich zum 85. Geburtstag. Das Leipziger Gewandhausorchester spielte damals in der Audienzhalle ein Geburtstagskonzert für den Pontifex.

Görlitzer Bischof bedauert Papst-Rücktritt

Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt hat mit Bedauern auf den Rücktritt von Papst Benedikt XVI. reagiert. „Das ist zunächst einmal schade“, sagte er am Montag. Er habe ausgerechnet im Jahr des Glaubens nicht damit gerechnet. „Ich habe immer noch sehr gewartet auf eine Enzyklika des Glaubens, vielleicht kommt sie ja noch.“ Zunächst hatte Ipolt die Nachricht aus Rom für einen Scherz am Rosenmontag gehalten. Als klar war, dass es stimmte, habe ihn das sehr überrascht. „Ich habe großen Respekt davor, dass ein Mann aus einer solchen Aufgabe wieder ins zweite Glied zurück gehen kann.“

Da so etwas seit mehreren hundert Jahren nicht mehr vorgekommen sei, sorge es für Aufregung. „Aber die Leitungsaufgaben dieses Amtes heute in der differenzierten und pluralen Welt sind sehr kompliziert“, zeigte er Verständnis für den Schritt. Für Ipolt hat das Pontifikat Benedikt XVI. einen großen Reichtum. Der Papst sei ein großer Theologe, den er sehr schätze, und der komplizierte Dinge zum Glauben einfach und verständlich aussprechen könne. „Er hat die Kirche neu mit dem Geist der Kirchenväter beschenkt.“

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Als das Bild dann über die Nachrichtenticker in die Welt geschickt wird, sind viele Journalisten skeptisch. Ein Blitz ausgerechnet jetzt im Petersdom? Über der Krypta mit den Papstgräbern, wo auch der Apostel Petrus liegen soll.

Auf einer Expertenplattform für Fotojournalisten werden Di Meos Ansa-Kollegen mit kritischen Fragen überschüttet. Aber sie bleiben dabei: Das Foto ist echt! Und sie ergänzen Kameradaten und die Uhrzeit - aufgenommen um 17:56 Ortszeit.

Und es taucht ein weiteres Foto von dem Blitz auf. Darauf hat Filippo Monteforte von der französischen Nachrichtenagentur AFP den Moment aus einer anderen Perspektive festgehalten. Und auch die BBC hat den Blitz gefilmt. Der Fernsehsender wiederholt sein Video in Zeitlupe: Wie aus dem Nichts taucht der zuckende Blitz am düsteren Himmel auf. Er strahlt hell, wird etwas schwächer und taucht dann den Platz kurz in gleißendes Licht.

Während in Sozialen Netzwerken schon über eine Verschwörung oder ein Zeichen des Teufels spekuliert wird, winken Wetterexperten ab. «Im Mittelmeerraum ist so ein Gewitter nichts Ungewöhnliches», sagt Michael Tiefgraber vom Deutschen Wetterdienst. Am Vormittag habe es ein Gewitter vor Rom gegeben. «Am Nachmittag war das Gewitter über Rom», sagt der Meteorologe. Im Umkreis der Stadt habe es auch Blitze gegeben. Also doch nur ein Wetterphänomen? (dpa)