Merken

Zug der Sterne

Zeitrafferfilme der Stativkarawane aus dem Elbsandstein sind weltweit beliebt. Wie die elf Hobbyfotografen dazu kamen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sven Dietrich

Von Gunnar Klehm

Sächsische Schweiz. Alles begann mit einem Geschenk. Es sollte etwas Besonderes zum runden Geburtstag eines Kumpels sein, der gern fotografiert. Schnell war klar, dass es ein Zeitrafferfilm aus der Sächsischen Schweiz werden sollte. Damit hatten die Freunde gerade experimentiert. Dazu als Untermalung die Lieblingsmusik des Jubilars. „Das hätte fast alles gesprengt“, erzählt Thomas Pöschmann. Denn das Lied war mehr als elf Minuten lang, jede ihrer Zeitrafferfilme aber nur mehrere Sekunden. „Dann haben wir vier Monate lang gefilmt, was ging. Am Ende war es immer noch zu wenig“, sagt Pöschmann. Schließlich steuerte noch ein Freund zwei längere Sequenzen aus Australien bei. Dann war es geschafft. Aus 18 000 Einzelbildern wurde der Zeitrafferfilm „Hunderttausendsternehotel“ zusammengeschnitten. Die Resonanz war überwältigend. „Jeder, der den Film sah, sagte: Das müsst ihr viel mehr Menschen zeigen“, erzählt Pöschmann.

Das passierte auch, aber erst viel später. Zu der Geburtstagsaktion im Jahr 2011 waren sie noch zu viert an der Kamera. Oft gingen sie gemeinsam in die Sächsische Schweiz. In die Rucksäcke wurde sämtliche Technik gepackt und oben drauf wurden noch die Stative geschnallt. „Da hatte dann mal ein anderer Fotograf, den wir öfter an Aussichten trafen, gesagt: Ach da kommt ja wieder die Karawane“, erzählt Fotograf Sven Dietrich, der auch von Anfang an mit zu dem Freundeskreis gehört. So nannten sie sich schließlich die „Stativkarawane“.

Inzwischen zählen zehn Hobbyfotografen und Profi Sven Dietrich zu der Gruppe. Nur eine Frau ist dabei. Alle verbindet ihre Leidenschaft für Zeitraffersequenzen und für die Sächsische Schweiz. Zweimal im Jahr kommen sie alle zusammen. Zwischendurch sind sie oft in kleineren Gruppen in den Felsen unterwegs.

Die Faszination macht für sie sowohl die Landschaft als auch der große Qualitätsvorteil der Zeitraffersequenzen gegenüber Videos aus. „Wir arbeiten mit Belichtungszeiten von bis zu 30 Sekunden pro Bild. Im Gegensatz dazu ist es bei Videokameras eine Fünfundzwangzigstelsekunde“, erklärt Dietrich. Das macht sich insbesondere nachts oder in der Dämmerung bezahlt. Das beweist der noch mal neu geschnittene Film „Nacht im Elbsandstein“, der auf dieser Zeitungsseite mit dem Smartphone abgerufen werden kann. Auf kaum eine andere Art ist die Bewegung der Erde unter dem Sternenhimmel besser darzustellen.

Um solche Bilder einfangen zu können, muss man sich im Elbsandstein gut auskennen; wissen, an welchem Standort man den Sonnenauf- oder -untergang perfekt ins Bild setzen kann. Noch schwieriger wird es, wenn der Zug der Wolken entsprechend der Windrichtung eine Rolle spielt. „Wir sind anfangs oft ohne die erhofften Bilder wieder abgezogen“, erzählt Pöschmann. Umsonst waren diese Ausflüge aber trotzdem nicht. Die Zeit mit Freunden beim Plaudern in der Natur zu verbringen, betrachten sie inzwischen als ganz eigenen Wert. Manchmal wird auch draußen übernachtet. „Jetzt natürlich nicht“, sagt Pöschmann. Wegen Waldbrandgefahr herrscht immer noch nächtliches Betretungsverbot.

Dank moderner Technik wird es auch immer seltener, dass keine Bilder entstehen. Die Wetter-Apps würden immer genauer, und für die Zeiten und Orte von Sonnen- und Mondaufgang nutzen sie die App „photoephemeris.com“. „Wenn die Sonne tief steht, werden die Strukturen im Gelände deutlicher und das Licht ist wärmer“, erklärt Dietrich. Seit 2013 hält die Stativkarawane auch Vorträge und präsentiert ihre Werke öffentlich. „In den Grenzlandspielen in Neustadt waren wir schon sechsmal und immer wieder ist der Saal voll“, sagt Sven Legler, der später zu der Gruppe gestoßen ist. Genauso war es im Puppenspielhaus in Hohnstein oder in der Porschdorfer Einkehr. Dort hat die Stativkarawane im März erstmals ihr neues Programm aufgeführt. Nach Waren an der Müritz war nun das Q 24 in Pirna die nächste Station. Dort zeigten sie zusammen mit Sandsteinblogger Hartmut Landgraf im ausverkauften Saal ihre Show „Elbsandstein – Wege ins Abenteuer“.

Am 26. Oktober treten sie in Bad Schandau auf und nächstes Jahr auch auf Burg Stolpen. Mittlerweile bekommt die Stativkarawane Anfragen aus der ganzen Welt. „Das sind meist Leute, die ein ganz bestimmtes Motiv fotografieren wollen, wenn sie hierher reisen“, so Legler. Ein Geheimnis macht die Gruppe aus ihren Erfahrungen nicht. Gern geben sie Tipps samt Geokoordinaten, sofern es die Zeit zulässt. Denn trotz Vorträge und Anerkennung – Zeitrafferfotografie bleibt ein Hobby.

Infos im Internet