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Zusammen ist man weniger allein

Zu Hause in einem lebendigen Viertel und doch einsam: Das soll sich jetzt in der Dresdner Neustadt für jung gebliebene Alte ändern. 

Von Melanie Schröder
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Zum lebendigen Image der Neustadt mag eins nicht passen: Die Vorstellung, dass Menschen gerade hier einsam sind. Ihnen will der Senior Dietmar Halbhuber ein Angebot machen.
Zum lebendigen Image der Neustadt mag eins nicht passen: Die Vorstellung, dass Menschen gerade hier einsam sind. Ihnen will der Senior Dietmar Halbhuber ein Angebot machen. © René Meinig

Jung und dynamisch, kreativ und manchmal verrückt: Das verkörpert die Dresdner Neustadt. Sein Image verdankt der Stadtteil vor allem den Jungen, die das Viertel beleben, inspirieren, kritisieren und wandeln. Der Neustädter ist laut Statistik im Schnitt 35 Jahre alt. Inmitten der umtriebigen Mittdreißiger und den vielen Familien verschwindet eine Gruppe vom Radar: Senioren. Auch sie sind in der Neustadt zu Hause, fallen aber selten auf. Eine Erklärung dafür hat Dietmar Halbhuber – 71 Jahre, Wahl-Neustädter seit Jahren, warmer Blick, fester Händedruck, selbstständig mit Lene-Voigt-Programmen in Mundart.

„Die Alten in der Neustadt sind schlechter vernetzt als die Jungen“, sagt er. Deswegen entstehe der Eindruck, Senioren gebe es im Viertel nicht. Dabei leben sie hier aus denselben Gründen wie die Jungen: Die Neustadt ist quirlig und hält Überraschungen bereit, sie bringt kreatives Chaos ins Leben, zählt Halbhuber auf. Davon will er sich anstecken lassen und nun selbst eine besondere Aktion ins Leben rufen: Dietmar Halbhuber gründet einen Treff für jung gebliebene Alte. Am 1. April soll die Runde erstmals in der Veränderbar zusammenkommen, im Hinterhof der Görlitzer Straße 42. 

Er wünscht sich, dass zu alter Musik getanzt wird, dass Anekdoten ausgetauscht werden, dass sich Gleichgesinnte für gemeinsame Hobbys finden, dass das Leben leicht wird. Ganz nach der Devise: Zusammen ist man weniger allein. Das ist ein Grund, warum der Senior aktiv wird: die Einsamkeit. „Ich habe zwei Kinder und vier Enkel“, sagt er. „Aber sie alle leben in der Schweiz und den Niederlanden.“ Da wird es im Alltag häufig still. Vermutlich fällt das in einem so lebendigen Viertel wie der Neustadt, wo an jeder Ecke geschwatzt und gelacht wird, besonders auf.

Einmal im Monat, später vielleicht wöchentlich, will Halbhuber daher junge Alte in der Neustadt zusammenbringen. Es soll ein Netzwerk entstehen, das auch im Alltag helfen kann: Etwa wenn jemand ein Problem mit dem Computer hat. Auch Hilfe zur Selbsthilfe soll der Treff ermöglichen, der über die Initiative Neustad(t)raum ins Leben gerufen wird. Eines ist Halbhuber wichtig: Nicht nur der Dank an alle Unterstützer, sondern auch eine Aufforderung an die, die noch zögern: Sein Treff soll die erreichen, die sich in Angeboten der Arbeiterwohlfahrt oder Caritas nicht wiederfinden, sich aber trotzdem nach Geselligkeit sehnen. An jene, die die Neustadt leben wollen, wie sie ist: als Raum, der verschiedenste Biografien zusammenführt.