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Zwiespältige Zuflucht

Für 340 Asylbewerber hat die Stadt renovierte Wohnungen gemietet. In den Asylheimen sieht es hingegen düster aus.

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Jana Mundus

Es liegen Welten zwischen diesen Wohnwelten. In der einen leuchten die Wände weiß. Neue Möbel stehen in der 74 Quadratmeter großen Vier-Raum-Wohnung im Neubaublock am Jägerpark. In der Küche müssen Pfannen und Geschirr noch aus ihrer Verpackung befreit werden. Die Fliesen im Bad blitzen. Es ist eine von 65 Wohnungen, die der Großvermieter Gagfah der Stadt Dresden für die Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung stellt. Am Donnerstag zieht eine siebenköpfige Familie aus Russland ein. Wahrscheinlich wird sie sich über den guten Zustand der Räume freuen – und nicht ahnen, dass es andere Asylbewerber in der Stadt deutlich schlechter getroffen haben.

Die schlechte Seite: Im Asylheim in der Florian-Geyer-Straße sind viele Räume abgewohnt. Im Bad blättert die Farbe durch die Feuchtigkeit von der Wand. Foto: privat
Die schlechte Seite: Im Asylheim in der Florian-Geyer-Straße sind viele Räume abgewohnt. Im Bad blättert die Farbe durch die Feuchtigkeit von der Wand. Foto: privat
Die Einrichtung in den Küchen dürfte keinen Bewohner wirklich befriedigen. Foto: privat
Die Einrichtung in den Küchen dürfte keinen Bewohner wirklich befriedigen. Foto: privat

Sozialbürgermeister Martin Seidel (parteilos) lud gestern Medienvertreter in die Wohnung in der Radeberger Vorstadt ein. Die Öffentlichkeit soll sich ein Bild davon machen, was Stadt und Gagfah unternehmen, um der steigenden Zahl an Asylbewerbern gerecht zu werden. Vor gut einem Jahr hatte Dresden 693 Plätze in Heimen und Wohnungen zur Verfügung, jetzt sind es 1.374. Die Zahl der Asylsuchenden steigt schließlich, in diesem Jahr werden insgesamt 748 neue nach Dresden ziehen. Bis Jahresende werden noch 340 von ihnen erwartet.

„Deshalb sind wir froh, dass uns die Gagfah unterstützt“, sagte Seidel gestern und bedankte sich auch bei den Hoteliers, die Ausstattung wie Tische, Matratzen, Stühle und Kissen für die Wohnungen spendeten. Drei- und Vier-Raum-Wohnungen für sechs bis acht Personen wurden angemietet. Die sind auf das gesamte Stadtgebiet verteilt. „Damit wollen wir auch erreichen, dass die Asylbewerber besser integriert werden“, erklärte Dirk Schmidt von der Gagfah. Mehrere tausend Euro hat das Unternehmen erst einmal in die Wohnungen investiert und sie renoviert. „Das waren Objekte, die wir so nicht mehr vermietet hätten.“ Die mögliche Kritik, die Stadt würde dem so schon sehr angespannten Dresdner Wohnungsmarkt nun noch Wohnraum entziehen, weist Martin Seidel zurück. Schließlich müsse Dresden seiner von Bund und Land auferlegten Pflicht nachkommen, Asylbewerber aufzunehmen. „Hier sind auch keine Luxuswohnungen entstanden“, fügte er hinzu. „Die Einrichtungen sind funktional und entsprechen dem Standard einer Erstausstattung für Sozialhilfeempfänger.“

Doch längst nicht alle Unterbringungsmöglichkeiten in Dresden entsprechen diesem Standard. In den fünf Asylheimen ist die Lage eine andere. Viele Räume sind abgewohnt, in den Bädern und Toiletten sind die Wände feucht, auch in den Schlafzimmern zeigt sich an manchen Ecken Schimmel. Es ist ein krasses Gegenteil zu dem Bild, das Seidel gestern am Jägerpark der Presse zeigte. Damit konfrontiert, gibt der Sozialbürgermeister zu, das Problem zu kennen. „In Zukunft muss sich da natürlich etwas ändern.“ Vor Jahren sei die Heimunterbringung die favorisierte gewesen. Jetzt denke die Stadt um, versuche vor allem Familien in angemietete Wohnungen einziehen zu lassen. Nur noch die Hälfte der jetzt in Dresden lebenden Asylbewerber lebt im Heim. Doch auch dort sieht Seidel Handlungsbedarf.

Zumindest im Fall des Wohnheims in der Florian-Geyer-Straße gibt es seit ein paar Tagen Bewegung. Das Haus, in dem vor allem die Bedingungen in den Bädern und Küchen grenzwertig sind, betreibt die Gagfah. „Wir haben jetzt eine Baugenehmigung und werden vermutlich im Februar oder März 2014 mit der Sanierung beginnen“, erklärte Dirk Schmidt von der Gagfah. Insgesamt 400.000 Euro will der Großvermieter im kommenden Jahr in Brandschutz, Sanitäranlagen und Küchen investieren. „In diesem Haus wurden schon sehr lange keine großen Arbeiten mehr durchgeführt“, gibt er zu. Auch auf Drängen der Stadt, die auf die Zustände hinwies, wird die Gagfah nun aktiv.

Doch auch mit den 65 neuen Wohnungen und beginnenden Sanierungen in den Asylheimen wird sich die Lage in Dresden nicht entspannen. In der Stadtverwaltung kursieren Prognosen, wonach auch in den kommenden Jahren zwischen 800 und 1.000 Asylbewerber nach Dresden kommen könnten. Die Suche nach Wohnraum bleibt aktuell. Hinzu kommt ein Kostenproblem. Insgesamt 8,5 Millionen Euro bezahlt Dresden in diesem Jahr für Asylbewerber. „Dabei gehen wir derzeit in Vorleistung, weil eigentlich nur bis zu vier Millionen eingeplant waren“, so Seidel. Er appelliert deshalb an das Land Sachsen, die Pauschale von 1.500 Euro pro Person im Quartal zu erhöhen. „In diesem Jahr will der Freistaat die Kommunen mit 15 Millionen Euro unterstützen. Wenn wir zwei davon bekommen, wäre es gut.“