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Madeira: Verletzte noch auf Insel

Ein Ausflug zum Abendessen in der Inselhauptstadt Funchal wird für eine Gruppe deutscher Urlauber zur Fahrt in den Tod. Wichtige Fragen sind noch offen.

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Blumen und eine Kerze stehen am Straßenrand hinter Betonschutzwänden, an der Unfallstelle des Busunglücks.
Blumen und eine Kerze stehen am Straßenrand hinter Betonschutzwänden, an der Unfallstelle des Busunglücks. © Armando Franca/AP/dpa

Funchal/Berlin. Die Ursache des Busunglücks mit 29 Toten auf der Ferieninsel Madeira war auch am Freitag weiter ungeklärt. Zwei Tage nach dem Unfall wurden 16 der 28 Verletzten noch im Krankenhaus der Inselhauptstadt Funchal behandelt. Der Busfahrer, der das Unglück schwer verletzt überlebte, konnte portugiesischen Medienberichten zufolge zunächst nicht vernommen werden. Angehörige der überwiegend deutschen Opfer reisten nach Angaben des Reiseveranstalters trendtours auf die Insel, wo der Bus am Mittwoch einen Abhang hinunter auf ein Haus gestürzt war.

Die Behörden ermittelten weiter zur Unfallursache und versuchten, die Opfer zu identifizieren. Augenzeugen zufolge könnte das Unglück auf ein Bremsversagen zurückgehen. Der Bus sei immer schneller geworden, während der Fahrer verzweifelt versucht habe, das Fahrzeug zum Halten zu bringen, hatten Augenzeugen im portugiesischen Fernsehen erzählt. Dabei prallte der Bus auch gegen eine Betonwand, an der schwarze Streifspuren zurückblieben.

Der Reisebus mit Dutzenden deutschen Urlaubern war am frühen Mittwochabend in dem Ort Caniço von der Straße abgekommen, hatte sich überschlagen und war einen Abhang hinunter auf ein Wohnhaus gestürzt. Die Gruppe wollte zu einem typisch madeirischen Abendessen in Funchal und hatte gerade erst das Hotel verlassen, als der Unfall geschah.

Rettungskräfte bergen nach dem schweren Busunglück Verletzte.
Rettungskräfte bergen nach dem schweren Busunglück Verletzte. © dpa/Aspress/Global Imagens/AP

Der Reiseveranstalter trendtours bezeichnete die Busfirma als seriösen und verlässlichen Partner. "Laut den uns vorliegenden Informationen war der sechs Jahre alte Bus Ende Januar 2019 zur Inspektion und hat im Rahmen dieser Inspektion eine gültige Zulassung bis Februar 2020 erhalten", ließ trendtours auf dpa-Anfrage mitteilen. 51 Fahrgäste waren trendtours-Touristen.

Keiner der 16 Verletzten im Krankenhaus sei in Lebensgefahr, zwei Patienten lägen aber weiter auf der Intensivstation, zitierte die Online-Zeitung "Observador" die Direktion der Klinik Dr. Nélio Mendonça. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Verletzten, die transportfähig sind, nach Hause zu bringen", hatte Bundesaußenminister Heiko Maas nach einem Besuch auf Madeira am Donnerstagabend gesagt. Maas war dazu mit Medizinern der Bundeswehr und des Auswärtigen Amts an den Unglücksort gereist.

Vom Auswärtigen Amt hieß es, ein Flugzeug der Bundeswehr stehe für die Rückkehr der Verletzten bereit. Es werde eingesetzt, wenn ihre Heimreise sinnvoll und möglich sei. Das Krankenhaus empfahl jedoch, die Verletzten nicht schon am Freitag auszufliegen, wie Miguel Reis von der Klinikleitung sagte.

Leichtverletzte könnten umgehend die Heimreise antreten, erklärte trendtours: "Wir haben für unsere Gäste ausreichend Flugkontingente organisiert, so dass jeder auf eigenen Wunsch nach Hause reisen kann." Die Behörden und trendtours wollten die Betroffenen "zum nächstmöglichen Zeitpunkt" nach Deutschland ausfliegen und sie dort mit ihren Angehörigen zusammenbringen. "Erste Angehörige sind auf dem Weg nach Madeira und werden dort von den Fachkräften in Empfang genommen und unterstützt", teilte der Reiseveranstalter mit.

Marcelo de Rebelo de Sousa, Präsident von Portugal, steht an der Unfallstelle des Busunglücks, nachdem er einen Kranz niedergelassen hatte.  
Marcelo de Rebelo de Sousa, Präsident von Portugal, steht an der Unfallstelle des Busunglücks, nachdem er einen Kranz niedergelassen hatte.   © Armando Franca/AP/dpa

In ganz Portugal galt derweil eine dreitägige Staatstrauer zum Gedenken an die 29 Todesopfer. Auch vor dem Hotel "Quinta Splendida", in dem die Urlauber wohnten, hingen die Flaggen auf halbmast. In Funchal hatte die deutschsprachige evangelische Gemeinde für Freitagnachmittag zu einer Trauerfeier in die Kirche Igreja Presbiteriana eingeladen.

Bei den 16 Patienten im Krankenhaus handele es sich um 14 Deutsche und zwei Portugiesen, hieß es weiter. Bei dem Unfall waren auch der Fahrer und der Reiseleiter verletzt worden, beides Einheimische. Fast alle Passagiere seien bei dem Unfall aus dem Bus herausgeschleudert worden, zitierten Medien den Koordinator der medizinischen Notfalldienste, António Coelho. "Nur fünf Menschen, darunter der Fahrer, waren beim Eintreffen der Rettungsteams im Bus. Alle anderen befanden sich außerhalb." Wahrscheinlich hätten sie keine Sicherheitsgurte angelegt, meinte Coelho.

Ursprünglich waren 28 Verletzte in das Krankenhaus gebracht worden, "26 mit deutscher Nationalität", erklärte die Klinik. Ein Patient starb später. Etliche andere wurden mittlerweile entlassen.

© Grafik: dpa

Auch am Freitag gab es zunächst keine offizielle Bestätigung der Bundesregierung, ob die Todesopfer - nach portugiesischen Berichten 11 Männer und 18 Frauen - ausschließlich Deutsche waren. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sind wahrscheinlich 27 der 29 Toten deutsche Staatsangehörige. Portugiesische Medien meldeten, auch zwei Einheimische könnten ums Leben gekommen sein.

Außenminister Heiko Maas (SPD) war am Gründonnerstag auf die portugiesische Atlantikinsel gereist und hatte an der Unglücksstelle einen Kranz niedergelegt. Er traf mit seinem Amtskollegen Augusto Santos Silva zusammen und dankte den Rettern. Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa gedachte am Freitag auf der Atlantikinsel der 29 Toten des Busunglücks. Am Unfallort in Caniço legte er einen großen Kranz mit pfirsichfarbenen Rosen sowie einer großen rot-grünen Schleife nieder und hielt eine Schweigeminute für die Opfer ab. (dpa)