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Abschied von der Käseglocke

Der bisherige Mieter zieht am Wochenende aus dem Pavillon aus. Bis der neue kommt, dürften einige Wochen vergehen.

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© Norbert Millauer

Von Tobias Winzer

Für manch einen ist die Käseglocke nur ein kleiner runder Zweckbau auf dem Postplatz, für Andrea Türke gibt es in ganz Dresden keinen schöneren Ort. „Das war schon immer mein Lieblingsplatz“, sagt die 63-Jährige. Logisch also, dass sie mit ihrem Mann bei der Abschiedsfeier am gestrigen Freitag dabei war. Zu der Veranstaltung mit kostenlosem Kaffee und Kuchen hatten die Geschäftsführer der Dresdner Kaffee- und Kakaorösterei eingeladen.

Letzter Tag für die alten Betreiber

Stefan Meyer-Götz und Karsten Lehmann nehmen Abschied von der Käseglocke. Die bisherigen Betreiber und Inhaber der Dresdner Kaffe und Kakao Rösterei verabschieden sich seit 11 Uhr von ihren Gästen mit kostenlosem Zuckerkuchen und Kaffee.
Stefan Meyer-Götz und Karsten Lehmann nehmen Abschied von der Käseglocke. Die bisherigen Betreiber und Inhaber der Dresdner Kaffe und Kakao Rösterei verabschieden sich seit 11 Uhr von ihren Gästen mit kostenlosem Zuckerkuchen und Kaffee.
Nach einer Entscheidung des Finanzausschusses vom vergangenen Montag müssen sie den Pavillon, in dem sie seit einem halben Jahr lang ein Café betreiben, wieder räumen und Platz für einen neuen Mieter machen.
Nach einer Entscheidung des Finanzausschusses vom vergangenen Montag müssen sie den Pavillon, in dem sie seit einem halben Jahr lang ein Café betreiben, wieder räumen und Platz für einen neuen Mieter machen.
Die Entscheidung der Stadt müssen Meyer-Götz und Lehmann hinnehmen. Geblieben wären sie aber trotzdem gerne. „80 bis 90 Prozent der Dresdner kommen gelegentlich hierher. Die meisten von ihnen bedauern unseren Abschied sehr“, so Meyer-Götz. „Wir haben viele Emails von Leuten bekommen, die wir nicht einmal kennen.“
Die Entscheidung der Stadt müssen Meyer-Götz und Lehmann hinnehmen. Geblieben wären sie aber trotzdem gerne. „80 bis 90 Prozent der Dresdner kommen gelegentlich hierher. Die meisten von ihnen bedauern unseren Abschied sehr“, so Meyer-Götz. „Wir haben viele Emails von Leuten bekommen, die wir nicht einmal kennen.“
Auch die Gäste, die heute in der Käseglocke sind, verstehen die Stadt nicht. „Es ist unmöglich. Wir sind so gerne hierher gekommen“, sagen etwa die Dresdnerinnen Evelyne Richter und ihre Tochter Claudia.
Auch die Gäste, die heute in der Käseglocke sind, verstehen die Stadt nicht. „Es ist unmöglich. Wir sind so gerne hierher gekommen“, sagen etwa die Dresdnerinnen Evelyne Richter und ihre Tochter Claudia.
Unmöglich findet auch Noch-Betreiber Karsten Lehmann die Entscheidung. „Wir sind verärgert. Die Stadt hat das hier kaputtgemacht.“
Unmöglich findet auch Noch-Betreiber Karsten Lehmann die Entscheidung. „Wir sind verärgert. Die Stadt hat das hier kaputtgemacht.“
Bis der neue Betreiber René Werft einzieht, können noch mehrere Wochen vergehen.
Bis der neue Betreiber René Werft einzieht, können noch mehrere Wochen vergehen.
Der Unternehmer aus Zabeltitz, einem Ortsteil von Großenhain, plant ein Café mit Käseraclette, Softeis vom Biohof und Obstweinen aus der eigenen Produktion.
Der Unternehmer aus Zabeltitz, einem Ortsteil von Großenhain, plant ein Café mit Käseraclette, Softeis vom Biohof und Obstweinen aus der eigenen Produktion.
Am Montag findet die Übergabe der Käseglocke statt. Ab Dienstag will Werft mit der Stadt über die Details des Mietvertrags verhandeln.
Am Montag findet die Übergabe der Käseglocke statt. Ab Dienstag will Werft mit der Stadt über die Details des Mietvertrags verhandeln.
Außerdem muss er noch Gespräche mit Geschäftspartnern und mit möglichem Personal führen.
Außerdem muss er noch Gespräche mit Geschäftspartnern und mit möglichem Personal führen.

Nach einer Entscheidung des Finanzausschusses vom vergangenen Montag müssen sie den Pavillon, in dem sie seit einem halben Jahr ein Café betreiben, wieder räumen und Platz für einen neuen Mieter machen. „Wir sind traurig, dass das Café zugemacht wird“, sagt Andrea Türke. „Die haben wieder Leben in die Käseglocke gebracht.“

Zum Abschied verewigte sich die gelernte Malerin und Grafikerin im Gästebuch des Cafés und klebte gleich noch eine Postkarte mit dazu. Diese zeigt eine Zeichnung der Künstlerin von der Käseglocke aus dem Jahr 1987. „Eigentlich wollte ich das schon zur Eröffnung des Cafés machen“, sagt die Dresdnerin. „Jetzt hole ich das eben zum Abschied nach.“ Was den neuen Mieter angeht, ist sie skeptisch. „Man weiß nicht, ob das auch so gut angenommen wird wie das Café“ sagt sie.

Der neue Betreiber René Werft ist hingegen optimistisch, dass sein Konzept aufgeht. Der Unternehmer aus Zabeltitz, einem Ortsteil von Großenhain, plant ein Café mit Käseraclette, Softeis vom Biohof und Obstweinen aus der eigenen Produktion. Im Gespräch mit der Sächsischen Zeitung sagte er, dass er ab kommenden Dienstag mit der Stadt über die Details des Mietvertrags verhandelt.

Außerdem müsste er noch Gespräche mit Geschäftspartnern und mit möglichem Personal führen. Weiterhin sei noch offen, welche Teile des Mobiliars er vom Vormieter übernehmen wolle. „Deshalb kann ich auch noch nicht sagen, wann genau ich eröffnen werde“, sagte Werft. Unter Umständen könnten bis dahin aber mehrere Wochen vergehen.

Unklar ist auch noch, was mit der Toilette im Untergeschoss der Käseglocke passiert. Diese war 2002 nach dem Hochwasser zugeschüttet worden. Die Stadtverwaltung schließt nun nicht aus, dass die Anlage wieder in Betrieb gehen könnte. „Das müsste konkret geprüft werden“, sagte Rathaussprecher Karl Schuricht. Auch Neu-Mieter Werft kann sich vorstellen, die Toilette zu reaktivieren. „Natürlich bin ich interessiert, dass es eine Toilette gibt“, sagte der 35-Jährige, der hauptberuflich als Abteilungsleiter eines Großenhainer Unternehmens arbeitet. Bevor eine Entscheidung getroffen werde, müsse er sich aber ein Bild vom Zustand der Räume machen.

Der Geschäftsführer der Kaffeerösterei, Karsten Lehmann, winkt aber ab. „Die Räume sind komplett mit Zement verfüllt“, sagt er. „Der Aufwand wäre viel zu hoch. Das ist Quatsch.“ Sein Ärger darüber, dass die Stadtverwaltung die Käseglocke auf Wunsch des Stadtrates neu ausgeschrieben hat und dass sich der Finanzausschuss gegen ihn entschieden hat, ist noch nicht verflogen. „Wir haben angeboten, ein Nebengebäude mit Lager und Toiletten zu errichten.“ Das habe die Stadt auch gewusst. „Aber das ist ja nun anders gekommen.“ Am heutigen Sonnabend will er die Käseglocke noch einmal öffnen. Am Sonntag sei dann endgültig Schluss. Dann will er den Rundbau ausräumen und den Pavillon am Montagvormittag an die Stadt, den Eigentümer, übergeben.

Der Verdruss darüber, dass die Nutzung der Käseglocke ausgeschrieben wurde, ist auch bei einigen Gästen groß. „Hier hat doch nur das Geld entschieden“, sagte Gisela Dannehl, die gestern mit ihrer Schwester einen letzten Kaffee in dem Postplatz-Pavillon trank. „Die Käseglocke ist für mich gestorben.“ Ihr Ärger richtet sich vor allem gegen die Grünen, die die Ausschreibung initiiert hatten. Daraufhin hatte Werft bis zum Ende der Bieterfrist mit 1.800 Euro die zweithöchste Mietsumme geboten. Da der Höchstbieter, der Dresdner Gastronom Oliver Maliske, zurückzog, kam er zum Zug. Die Kaffeerösterei hatte ursprünglich nur 1.200 Euro geboten.

„Das Verfahren halte ich nach wie vor für richtig“, konterte Fraktionschef Thomas Löser. Nachdem die Verkehrsbetriebe im vergangenen Jahr aus der Käseglocke ausgezogen seien, sei der Pavillon stillschweigend von der Stadt an die Kaffeerösterei vermietet worden. Das sei kein transparentes Verfahren. „Ich respektiere die Entscheidung der Stadträte und will diese auch gar nicht kritisieren. Aber ich hätte mich anders entschieden“, sagte Löser, der nicht Mitglied des Finanzausschusses ist und nicht bei der Vorstellung der Käseglocken-Interessenten im Ausschuss für Wirtschaftsförderung dabei war.

Für künftige Ausschreibungen wünscht er sich aber Verbesserungen. Die Bieter könnten zum Beispiel anonymisiert werden. „Dann ist die Gefahr einer Einflussnahme durch Dritte geringer.“