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Als die DDR ein Kernkraftwerk plante

Tatsächlich wurde so ein Vorhaben vor 30 Jahren ernsthaft diskutiert. Doch es scheiterte an wichtigen Voraussetzungen.

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Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Nach den harten Wintern Ende der 70er Jahre suchte die DDR-Führung nach Wegen, wie die Energieversorgung künftig abgesichert werden kann. Atomstrom hieß das Zauberwort einer strategischen republikweiten Standortsuche, die vor rund 30 Jahren auch die Großenhainer Pflege erreichte. Neben dem Lausitzer Raum, dem Bereich Leipzig/Altenburg und dem Raum Chemnitz wurde das dünn besiedelte Gebiet zwischen Großenhain, Riesa und Gröditz von zentralen Stellen untersucht.

In die Planspiele vor Ort waren nur ganz wenige wie Wolfgang Kiesewalter, der Vorsitzende des Rates des Kreises oder Steffi Lissl von der Kreisplankommission einbezogen. „Wir können alle zusammen herzlich froh sein, dass daraus nichts geworden ist“, sagt Steffi Lissl heute.

Doch damals drang das Gerücht von einem neuen Atomkraftwerk auch aus den Amtsstuben. Rolf Haupt aus Strauch kann sich genau erinnern, wie seinerzeit Bodenproben genommen wurden. „Wir wurden Wassereinzugsgebiet“, so der Straucher. Bis kurz nach der Wende durfte keine Ölheizung gebaut werden. Erst dann hat man die Einschränkungen wieder aufgehoben.

Die Wasserversorgung war tatsächlich die wichtigste Frage bei den zwei Beratungen, die es in Kiesewalters Büro dazu gab. Denn für die Kühlsysteme eines solchen Kraftwerkes wären Unmengen nötig gewesen. „Es gab die Ringleitung der Trinkwasserversorgung von der Elbe über die Talsperre Nauleis bis hoch nach Stroga und runter nach Blattersleben“, erinnert sich der Wildenhainer. Die hätte den enormen Wasserbedarf aber nicht decken können, auch nicht mit dem Wülknitz-Frauenhainer Anschluss an den Floßkanal. Ein weiteres Hindernis war die Bahntrasse Priestewitz – Riesa, die hätte verlegt werden müssen. Auch der Großenhainer Flugplatz war „im Wege“. Denn, so Wolfgang Kiesewalter: Das Planungsgebiet hätte inklusive von Sicherheitsflächen nahezu ein Drittel des Kreises Großenhain eingenommen (Grafik). Auch der Kreis Riesa war einbezogen.

Während der Planspiele und der Baugrunduntersuchungen, die besonders die LPG Wülknitz betrafen, gab es aber schon bauliche Begrenzungen wie die bei Rolf Haupt in Strauch. In Bauda wurde 1985 die Schule geschlossen, eine neue aber trotz Fluglärm in Walda gebaut. Der Wildenhainer Kindergarten wurde auch ausgelagert. Neue Wohnhäuser waren vorerst nicht möglich. Auch Steffi Lissl erinnert sich an „kurzzeitige Planungseinschränkungen“, die nicht erquicklich waren. Am Ende blieben aber die Werke Lubmin und Rheinsberg die einzigen produzierenden der DDR.

Wer hat noch Infos zu diesem Thema? Wer war von Einschränkungen betroffen? Bitte melden: 03522 3695314.