Merken

Alte Spenden für eine neue Bürgerinitiative

Die Bürgerinitiative gegen Abwassergebühren hat sich am Freitag in Thiendorf aufgelöst und will ihr restliches Geld einer Nachfolger-BI überlassen. Das knüpft sie an Bedingungen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Klaus-Dieter Brühl

Von Jörg Richter

Sacka. Alois Langwieser war skeptisch. Er fragte sich, ob denn überhaupt Leute seiner Einladung in den Thiendorfer Gemeindesaal folgen würden. Immerhin rund 40 Männer und Frauen – bis auf weniger Ausnahmen alle über 60 Jahre alt – hatten sich eingefunden, um darüber zu beschließen, was mit dem Geld einer Bürgerinitiative (BI) wird. Diese hatte sich vor 16 Jahren erfolgreich gegen die Einführung von Abwassergrundgebühren gewehrt. Und Alois Langwieser war ihre Sperrspitze.

Der Sackaer nahm sich im Interesse der Bürger einen Anwalt, zog vor Gericht und gewann. Die Abwassergrundgebühr wurde wegen eines Formfehlers für unrechtmäßig erklärt. Bezahlt wurde der Anwalt aus Spenden von rund 500 Bürgern. 36 000 Deutsche Mark kamen damals zusammen. Etwa die Hälfte wurde verbraucht. Seitdem verwahrte Langwieser zusammen mit Gotthard Ringel, einem Sprecher der Bürgerinitiative, die restlichen Spenden auf einem gemeinsamen Konto auf. Nach heutiger Währung sind das 9000 Euro. In Thiendorf sollten nun Spender von damals bestimmen, was mit dem Geld geschehen soll. „Ich will das Geld nach so vielen Jahren endlich loswerden, denn es gehört mit nicht“, hatte Langwieser im Vorfeld des Treffens gesagt.

Streng auf die Form geachtet

Zusammen mit Ringel hatte er sich akribisch auf diese Zusammenkunft vorbereitet. Denn juristisch ist es nicht einfach, die Spenden jemand anderen zu vermachen. „Deshalb habe ich mit juristisch versierten Freunden nach einer Lösung gesucht“, sagte Langwieser, der praktischerweise von den Anwesenden auch zum Versammlungsleiter gewählt wurde. Aus den Reihen der Gäste wurde Klaus Haubold aus Kleinnaundorf zum Protokollführer der Versammlung gewählt.

Alle Möglichkeiten, dieses Treffen in Thiendorf nachher infrage zu stellen, sollten ausgeschlossen werden. Deshalb wurde auch eine Tagesordnung beschlossen und von den Anwesenden penibel darauf geachtet, dass alle Beschlüsse dieses Freitagabends nach der vorgegebenen Reihenfolge gefasst wurden.

Einer der ersten Beschlüsse war, die alte Bürgerinitiative offiziell für beendet zu erklären. Nur die aktiven Mitglieder der BI, unter ihnen auch der heutige Schönfelder Bürgermeister Hans-Joachim Weigel, durften abstimmen. Vorher hatten sich mehrere Redner für diesen Schritt ausgesprochen. „Ich plädiere für diesen klaren Schnitt.“, sagte Haubold, „Es darf nichts in der Schwebe bleiben. Das erzeugt nur Streit.“ Um 18.53 Uhr war die ehemalige Bürgerinitiative Geschichte.

Dann wurde darüber abgestimmt, für was die restlichen 9000 Euro verwendet werden sollen. Bei Alois Langwieser waren sechs Vorschläge eingegangen. Unter anderem wurde vorgeschlagen, das Geld für Kindergärten oder für die Seniorenbetreuung auf dem Lande oder für den Naturschutzbund zu verwenden, oder die Restspenden an die Bürgerinitiative „Gegenwind Rödernsche Heide“ abzutreten. Weigel brachte zudem die Idee ein, das Geld für Dorffeste zu verwenden. „So haben alle etwas davon“, argumentierte der Schönfelder Bürgermeister.

Doch Langwieser favorisierte die Lösung, die 9000 Euro als „Startkapital“ für eine neue Bürgerinitiative zu verwenden. Denn gegenwärtig regt sich Widerstand gegen die neuen Grundgebühren, der der jetzige Abwasserzweckverband (AZV) „Gemeinschaftskläranlage Kalkreuth“ im vergangenen Jahr beschlossen hat. Und es gibt bereits Leute, die bereit sind, eine neue BI zu gründen. Der Schönfelder Jürgen Rakelmann (66) nutzte die Gelegenheit, für eine neue Bürgerinitiative zu werben. „Wer sich nicht wehrt, hat schon verloren“, sagte der studierter Jurist und ehemalige Mitarbeiter der Stadtverwaltung Dresden. Die neue BI solle den AZV kritisch begleiten und notfalls, wie damals vor 16 Jahren, wieder juristisch vorgehen. Dafür könnte das Geld gebraucht werden, was sicherlich auch im Sinne der ehemaligen Bürgerinitiative sei.

Das sahen auch fast alle der anwesenden Spender von damals so und folgten Langwiesers Vorschlag. Nur einer war dagegen, das Geld einer neuen BI zu vermachen. Eine weitere Person enthielt sich.

In drei Monaten zu gründen

Dieser Beschluss wurde aber an eine Bedingung geknüpft. Danach solle sich die neue Bürgerinitiative als Verein innerhalb von drei Monaten gründen. Tut sie es nicht, soll das Geld für einen der anderen Vorschläge verwendet werden.

Darüber musste wieder abgestimmt werden. Es gab ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Kindergärten und der BI „Gegenwind Rödernsche Heide“. Für die Kindergärten votierten acht Anwesende, für die Bürgerinitiative neun.

Anschließend wurden Langwieser und Ringel als Liquidatoren der Restspenden gewählt. Ihnen wird dafür auch eine Aufwandsentschädigung zugestanden.

„Ich bin froh, dass wir das Geld für eine neue Bürgerinitiative verwenden“, sagte Ringel zum Schluss. „Sie ist damit gut gewappnet, um sich in Zukunft zu wehren.“

Als Ansprechpartner für die Gründung der Bürgerinitiative als Verein wurde Jürgen Rakelmann bestimmt. Er ist unter Telefonnummer 035248 20023 und unter der E-Mail [email protected] erreichbar.