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Wieder Bob-Stürze in Altenberg - und Maßnahmen für mehr Sicherheit

Beim Bob-Weltcup in Altenberg gibt es wieder Stürze - und erste Maßnahmen, um die Sturzfolgen zu mildern. Der schwerverletzte Schweizer Anschieber muss in Dresden noch mal operiert werden, sein Pilot sagt für die WM ab.

Von Tino Meyer
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Stürze wie hier der von Deutschlands Lisa Buckwitz mit Anschieberin Lauryn Siebert beim Weltcup in Altenberg gehören im Bobsport dazu. Das betonen die Beteiligten immer wieder - und fordern bessere Maßnahmen, um die Sturzfolgen abzumildern.
Stürze wie hier der von Deutschlands Lisa Buckwitz mit Anschieberin Lauryn Siebert beim Weltcup in Altenberg gehören im Bobsport dazu. Das betonen die Beteiligten immer wieder - und fordern bessere Maßnahmen, um die Sturzfolgen abzumildern. © Lutz Hentschel

Altenberg. Die Sicherheitsdebatte im Bobsport hat an diesem Wochenende am Rande des Weltcups in Altenberg noch mal zusätzlich an Fahrt aufgenommen - begleitet von neuerlichen Stürzen. Sowohl beim Zweier-Rennen der Männer am Samstag als auch tags darauf bei den Frauen sowie im Viererbob gab es Stürze, unter anderem von der US-amerikanischen Toppilotin Elana Meyers Taylor, mehrfache Weltmeisterin und Olympiamedaillen-Gewinnerin, sowie der Berlinerin Lisa Buckwitz.

Die gute Nachricht: Alle Athletinnen und Athleten blieben ohne größere Verletzungen, alle konnten nach den Stürzen selbstständig aus ihren Schlitten klettern. "Das tut mir total leid für alle, die gestürzt sind. Zum Glück ist nichts Schlimmes passiert", sagte Olympiasiegerin Laura Nolte. Die Winterbergerin gewann eine Woche vor der WM auf ihrer Heimbahn diesmal in Altenberg sowohl mit dem Mono- als auch mit dem Zweierbob gewann, angeschoben von Deborah Levi.

"Es war für uns alle schlimm zu sehen und mitzuerleben, dass Athleten, die wir auch gut kennen, so schwer gestützt sind und darunter leiden. Wir hoffen, dass sich die Trainings- und Wettkampfbedingungen gerade infolge von Stürzen jetzt verbessern", sagte Levi, die nach fast zweijähriger Verletzungspause ihr Comeback feierte, und auch sie betonte: "Dass Stürze in unserem Sport dazugehören, wissen wir alle."

Thorsten Margis, viermaliger Olympiasieger und Anschieber von Bob-Dominator Francesco Friedrich, bestätigt das. "Die Stürze gehören natürlich dazu, aber nicht, was Sandro passiert ist", sagte Margis und meinte den schwerverletzten Schweizer Sandro Michel. Dessen Verletzungen seien eben keine unmittelbare Folge des Sturzes an sich.

Der Anschieber wurde nach dem Sturz im Training benommen in der Bahn liegend von dem unkontrolliert zurückrutschenden Schlitten erfasst. Michel erlitt schwere Verletzungen im Oberschenkel- und Beckenbereich sowie im Brustkorb und wurde zweimal in der Dresdner Uniklinik operiert. Anfang der Woche soll laut Schweizer Verband eine dritte Operation erfolgen. Pilot Michael Vogt ist mittlerweile wieder zu Hause in der Schweiz und steht dort nach einer schweren Gehirnerschütterung unter medizinischer Beobachtung.

Laura Nolte (rechts) und Deborah Levi haben in Altenberg den Zweierbob-Weltcup gewonnen. In die Freude mischt sich allerdings auch Sorge um die im Eiskanal gestürzten Kolleginnen und Kollegen.
Laura Nolte (rechts) und Deborah Levi haben in Altenberg den Zweierbob-Weltcup gewonnen. In die Freude mischt sich allerdings auch Sorge um die im Eiskanal gestürzten Kolleginnen und Kollegen. © dpa

Es herrsche eine gedrückte Stimmung im Fahrerlager, so Margis, die Rennen rücken selbst so kurz vor der WM ein Stück weit in den Hintergrund. Eine Absage des Weltcups, wie es beispielsweise das britische Team um Weltklasse-Pilot Brad Hall ins Gespräch brachte und schließlich freiwillig auf einen Start in Altenberg verzichtete, ist allerdings kein Thema gewesen.

Auch die anderen Schweizer Mannschaften wollten unbedingt antreten, "um ein bisschen zurück in den Alltag zu kommen", erklärte Melanie Hasler. Die beste Schweizer Pilotin ist liiert mit Vogt, der seinen WM-Start kommende Woche im Zweier abgesagt hat. Offen ist, ob er am ersten März-Wochenende bei der WM-Entscheidung im Vierer dabei sein kann.

Rund 100 Athleten kommen zum Sicherheitstreffen

"Ich spüre schon, dass ich mit den Gedanken zerstreuter bin. Man kommt öfters mal ins Grübeln. Im Rennen konnte ich mich dann aber gut fokussieren, die Fahrten waren so weit okay", sagte Hasler der Schweizer Tageszeitung Blick, und sie meinte: "Im Winter leben wir alle wie eine Familie fast 24/7 zusammen. Deshalb leide ich auch mit Sandro extrem mit."

Die schweren Stürze vom Dienstag, außer Vogt stürzte der deutsche Viererbob von Johannes Lochner, sind zweifellos das beherrschende Thema in diesen Tagen in Altenberg - und Auslöser für eine umfassende Sicherheitsdebatte im Kufensport.

Sie gehören zu den besten Bobteams der Welt: Michael Vogt (links) und Sandro Michel. Beim Sturz im Weltcup-Training in Altenberg erlitten beide und insbesondere Anschieber Michel schwere Verletzungen.
Sie gehören zu den besten Bobteams der Welt: Michael Vogt (links) und Sandro Michel. Beim Sturz im Weltcup-Training in Altenberg erlitten beide und insbesondere Anschieber Michel schwere Verletzungen. © picture alliance/Keystone/Mayk Wendt

Gut 100 Athletinnen und Athleten waren am Freitag bei dem kurzfristig angesetzten und von den Sportlern organisierten Treffen in einem Altenberger Hotel dabei, dazu noch mal rund 70 per Video zugeschaltet. "Das hat uns allen ziemlich viel Mut gemacht, und es war eine sehr konstruktive Sache", meinte Margis. Niemand habe dabei dem Weltverband IBSF oder den Organisatoren in Altenberg Vorwürfe gemacht. "Allen ist klar, dass es überall auf der Welt hätte passieren können - wenn die Schlitten beim Zurückrutschen nicht aufgehalten werden", betonte der 34-Jährige.

Konkrete Forderungen für mehr Sicherheit an Verband

Mit konkreten Forderungen will man nun an die IBSF herantreten. So soll es ab nächste Saison einen Sicherheitsbeauftragten beim Verband geben, "der als Ansprechpartner für alle Athleten und Trainer immer vor Ort ist", so Margis. Außerdem sollen an den Ausläufen künftig immer ausreichend Helfer stehen, die gestürzte Schlitten aufhalten können.

Für die Sportler soll darüber hinaus das Tragen von Teflon-Westen verpflichtend sein, um nach einem Herausschleudern aus dem Bob und dem Rutschen im Eiskanal die daraus resultierenden schwere Hautverbrennungen zu vermeiden. Der Verband hat seinerseits angekündigt, die Sicherheitskonzepte an allen Bahnen zu überprüfen und optimieren.

In der nächsten Saison, ist sich Toppilot Friedrich sicher, werde es neue Sicherheitspakete geben. Nun gehe es darum, "diese Saison ordentlich zu Ende zu bringen". Und Margis stellt de facto stellvertretend für alle Bobfahrer fest: "Ich freue mich auf die WM, keine Frage. Doch den Rest dieser Saison sind die Gedanken bei den Schweizern und vor allem bei Sandro."